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Superdaddy: Roman (German Edition)

Superdaddy: Roman (German Edition)

Titel: Superdaddy: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sören Sieg
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Eine Frau, die sich Tag und Nacht nur mit ihren Mäusen beschäftigte, war eine wandelnde Männerphantasie. Aber Melanie brauchte dringend Schauspielunterricht, sie hätte nach dem Schnuppern abwarten müssen, überlegen und sich einmal vertun, sonst war sie für die Sendung unbrauchbar.
    »So, du hast sie gesehen«, sagte Vernunft-Philipp, »jetzt memoriere deinen gekürzten Text, sonst blamierst du dich nachher schlimmer als Radiergummi-Torben.«
    Aber ich streikte. Denn in Wahrheit wollte ich den gekürzten Text gar nicht lernen. Ich hätte die Kürzung gar nicht akzeptieren dürfen, das war das Problem. Charlotte oder Luna hätten sich niemals auf so etwas eingelassen. Es war Zeit, von ihnen zu lernen. Ich musste etwas unternehmen. Nur was? Da tippte mir jemand auf die Schulter.
    »Hey, schlechte Laune?« Ines. Sie hatte meine Gedanken gelesen.
    »Nur müde.« Ich lächelte gequält. Warum eigentlich? Warum zeigte ich Ines nicht meine schlechte Laune? Hätte sie die Kürzung nicht verhindern müssen, meine Agentin?
    Sie legte ein nachsichtiges Lächeln auf. »Urlaubsreif, was?«
    »Urlaub? Was ist das?«
    Sie beugte sich herunter und flüsterte mir ins Ohr: »Ist ja nicht mehr lang.« Dann riss sie die Augen auf und fügte hinzu: »Big Apple!«
    Wahrscheinlich war sie der letzte Mensch auf diesem Planeten, der Big Apple für New York sagte. In der Tat, Ende nächster Woche flogen Charlotte und ich nach Manhattan. Für vier Tage. Für meine Verhältnisse ein regelrechtes Sabbatjahr.
    Ines grinste und legte den Kopf schief. Sie hatte also etwas auf dem Herzen. In einer schnellen Bewegung war sie wieder an meinem Ohr. »Wir müssen mal kurz was besprechen.«
    Wir gingen durch die Sitzreihen aus dem Saal in einen Nebenflur, und ich hatte das Gefühl, zu meiner Hinrichtung zu laufen. Egal, was es war, ich würde es wieder nicht schaffen, mich zur Wehr zu setzen.
    »Na?«, fragte ich betont ruhig, während mein Herz schon hektisch pochte.
    »Der Regisseur hat mich noch mal angefunkt. Ein echtes Problem. Die ganze Sendung ist zu lang.«
    Mein Hals wurde trocken. Ich ahnte etwas. »Wir sind raus?«
    »Nein!« Sie lachte erleichtert auf. »Das würde ich schon verhindern. Nein …« Sie rieb sich mit dem Ringfinger über die Stirn. »Wir sollen noch eine Minute rausnehmen.«
    »Wie bitte?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Das geht natürlich überhaupt nicht«, ratterte sie los, »das hab ich ihnen schon gesagt. Aber die meinten, keine Chance, sie haben die Minute einfach nicht. Ich hab geantwortet, nein, dann sind wir raus. Na ja, und dann habe ich sie auf dreißig Sekunden runtergehandelt!« Sie strahlte.
    »Ines, wo soll ich bitte dreißig Sekunden rausnehmen?«
    »Am Schluss.«
    »Den cholerischen Ausbruch? Aber das ist der Witz!«
    »Und der ist ihnen zu aggressiv. Es ist eine Familiensendung, da kommt es nicht gut, wenn ein Vater seine Kinder anbrüllt.«
    »Also es geht gar nicht um die Länge, sondern um das Rumbrüllen?«
    »Um beides.«
    Ich atmete ein. Und aus. Ich räusperte mich. Und nahm alle Kraft zusammen. »Sag denen, dass es nicht geht.«
    Sie biss sich auf die Lippen. »Ich habe gesagt, wir machen es.«
    Ich schloss die Augen. Mir wurde schlecht. Jetzt hätte ich genau die Wut gebraucht, die Charlotte und Luna immer so mühelos aufbrachten. »Ines. Schieb alles auf mich. Der Redakteur soll zu mir kommen. Ich werde es ihm selbst verklickern.« Ein genialer Schachzug. Damit war sie aus dem Schussfeld.
    »Du verklickerst gar nichts.« Ines wurde einen halben Meter größer. Ihr Kopf lag auch nicht mehr schief. »Ich regele die Dinge für dich. Ich bin deine Managerin. Und ich habe dich nicht hierher gebracht, damit du jetzt einen auf Künstler machst und alles versiebst.«
    »Eine pointenlose Nummer ist keine Werbung, Ines.«
    Sie stöhnte genervt auf. »Es geht nicht darum, was wir finden. Sondern was die finden. Kapier das doch mal!«
    Ich schluckte. Und überlegte. Ich war einfach nicht schnell genug. Dann musste ich wenigstens stur sein. »Okay, Kompromiss. Ich geh die Nummer noch mal durch. Ich kürze dreißig Sekunden. Aber nicht den cholerischen Ausraster. Das IST die Nummer.«
    Sie sah mich an. Sie verstand mich nicht. Ich tat ihr leid, wie ich da mit Schwert und Lanze gegen Windräder anrannte. Und gleich vom Pferd fallen würde. »Versuch dein Glück«, sagte sie leise.

4
    Wer sagt, dass man sich in einem fensterlosen Raum im zweiten Untergeschoss des Congresscentrums Cottbus nicht

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