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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Schiffes? Okay, schließ die Tür
und schalte wieder auf absolute Privatsphäre, sobald ich
unterwegs bin.«
    Als sie ihre Kabine verließ, fand sie sich in einem engen,
kreisförmig angelegten Korridor wieder, von dessen
Außenseite Türen abgingen. In der Mitte führte eine
Wendeltreppe zu den anderen Decks hinunter. Während Wednesday
ohne jede Anstrengung nach unten schwebte und dabei jeweils sechs
Stufen auf einmal nahm, war von unten das leise Summen des Schiffes
zu hören. Die zwei unteren Passagierdecks wirkten wie
Großraumabteile, die Sitze waren zu Reihen miteinander
verschraubt. Im Vorübergehen bemerkte sie, dass die meisten
nicht besetzt waren. Offenbar gehen die Geschäfte nicht gut, schloss sie daraus.
    Der Speise- und Getränkemarkt entpuppte sich als Kreis eng
nebeneinander stehender Tische, umgeben von automatischen
Zubereitern, die auf unterschiedliche Angebote programmiert waren.
Darüber hingen Greifarme an einem Drehgestänge, die die
Bestellungen ausführten. Wednesday suchte sich einen kleinen
Tisch am Rand und klopfte auf die Platte, um die Speisekarte
aufzurufen. Sie war gerade dabei, sich mit der Karte zu befassen, als
jemand ihr gegenüber Platz nahm.
    »Hi.« Als sie erschrocken aufsah, lächelte er sie
schüchtern an. Wow! Er war zwei Meter groß, hatte
blaue Augen, blondes, zu einem Pferdeschwanz gebundenes Haar (das so
echt aussah, dass es wohl ein Familienerbe sein musste), Diamanten in
den Ohrläppchen, nicht allzu viele Muskeln und Make-up oder Haut
wie… »Ich konnte nicht umhin, Sie zu bemerken. Reisen Sie
allein?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Sie ertappte sich
dabei, dass sie sein Lächeln sofort erwiderte. »Ich bin
Wednesday.«
    »Leo. Darf ich…?«
    »Klar.« Sie sah zu, wie er sich trotz der geringen
Schwerkraft elegant hinsetzte. »Ich hatte vor, hier einen Happen
zu essen. Haben Sie Hunger?«
    »Könnte sein.« Ihr Herz schlug heftig. Er
grinste. »Auch nach Essen.«
    Oh. Während Wednesday ihn musterte, begann sie zweimal
zu überlegen, ob sie sich wirklich den Bauch voll schlagen
sollte. Er war ein toller Typ und widmete ihr seine ganze
Aufmerksamkeit. Wo warst du bei Sammys Party? »Wohin
reisen Sie?«, fragte sie laut.
    »Oh, ich mache Ferien. Werde meinen Onkel besuchen.« Er
zuckte die Achseln. »Darf ich Sie zu einem Drink
einladen?«
    »Was, Sie möchten mich betrunken machen und dann zu
meiner Kabine schleppen?« Sie berührte die Tischplatte, um
sich eine Sojabohnensuppe und eine Frühlingsrolle zu bestellen.
»Hm, an welche Art von Drink hatten Sie denn gedacht?«
    »An irgendetwas Köstliches, Spritziges, glaube ich. Das
zu meinem Gegenüber passt.« Er beugte sich so weit vor,
dass sie den schwachen Duft seiner Haut wahrnehmen konnte.
»Falls Sie Interesse haben?«
    »Ich denke schon.« Sie wartete eine Sekunde, lehnte sich
danach zurück und musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen.
»Bestellen Sie sich etwas zu essen?«
    »Mhm.« Sie sah zu, wie er die Speisekarte durchging, auf
die Weinkarte tippte, ein würziges Nudelgericht bestellte – gute Koordination und viel Selbstvertrauen, dachte sie –
und danach eine Flasche, deren Inhalt nicht nur köstlich und
spitzig, sondern auch teuer war. »Besuchen Sie Ihren Onkel
oft?«, fragte sie und kam sich dabei idiotisch vor, weil sie die
Unterhaltung in eine völlig stumpfsinnige Richtung lenkte.
»Ich will ja nicht neugierig sein…«
    »Eigentlich nicht besonders oft.« Das Serviergerät
brachte zwei Champagnerflöten und eine Flasche, die mit einem
komplizierten Verschluss verkorkt war, damit die Kohlensäure
nicht entweichen konnte. Als er danach griff, zog er eine Augenbraue
hoch. »Zwischen Magna und Noctis verkehren ja täglich nur
zwei Flieger, nicht wahr?« Er schenkte vorsichtig ein und
reichte ihr ein fast volles Glas. »Auf Ihren
ausgezeichneten… Geschmack…«
    Um ihr inneres Chaos zu überspielen, nahm Wednesday einen
großen Schluck Sekt. Bei Leo stimmte einfach alles; es bot sich
geradezu an, mit ihm in aller Freundschaft zu vögeln, um die
Transitzeit totzuschlagen – nur stimmte alles ein bisschen zu gut. Er war allzu glatt, allzu geistreich, allzu bereit, sich
vereinnahmen zu lassen – die Art von modischem Accessoire, das
die »angesagte« Clique stets zur Schau stellte. Warum hatte
er ausgerechnet sie für einen abendlichen Flirt ausgesucht? Sie
sah sich um. Im Speiseraum hielten sich noch zehn weitere Passagiere
auf; die meisten saßen in Gruppen zusammen, aber ein,

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