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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Unfalls oder eines medizinischen Notfalls sind bestimmte
Besatzungsmitglieder befugt, die Privatsphäre aufzuheben und die
Tür zu öffnen…«
    »Wie viele Besatzungsmitglieder sind an Bord?«
Wednesdays Magen, in dem eiskalte Suppe schwappte, geriet ins
Schlingern.
    »Bei diesem Transit gibt es keine Flugbegleiter.«
    »Dann lassen wir’s dabei. Jetzt halt den Mund, sag
nichts mehr.«
    Aus der Kabine war ein vorsichtiges Klopfen zu hören, das
kaum durch den smarten Schaum der Türverkleidung drang; gleich
darauf ein schwacher Schlag, als sei innen irgendetwas Massives von
der Tür abgeprallt. Wednesday spitzte die Lippen und machte sich
auf den Weg zum Treppenhaus, wobei sie mit leichter Wehmut an Leo
dachte. Immer noch focht der Drang, zurückzulaufen und sich bei
ihm zu entschuldigen, einen Kampf mit ihrem gesunden Menschenverstand
aus. Sex auf zwei Beinen, ein spezielles, auf sie abgestimmtes
Angebot? Wo warst du während Sammys Party? »Hast Mom
und Dad die Luft abgedreht«, murmelte sie vor sich hin, halb
blind vor Zorn und Trauer, während sie auf Deck C nach einer
leeren Reihe suchte, die sie in Beschlag nehmen konnte. »Es sei
denn, er ist der beste freundschaftliche Fick, den ich jemals aus den
falschen Gründen ausgeschlagen habe…« Noch lange
stritt sie mit sich selbst herum, bis sie schließlich
einnickte. Als sie wieder aufwachte, hatte die Fähre die
Schiffsabfertigung schon hinter sich und war fast so weit
anzudocken.

 
    »Okay, jetzt bin ich hier. Was mach ich jetzt?« Der
Raumhafen von Noctis war nicht so konstruiert, dass er unbedingt
pannensicher funktionierte. Er spiegelte das überwältigende
Wirtschaftswunder Septagons wider, den Optimismus, dass
unmöglich etwas schief laufen konnte. Auch die Schwerkraft
hatten die Architekten völlig willkürlich als
ästhetisches Element eingesetzt. Die Wände ähnelten
Dschungeln und die Decken Sanddünen, durch die sich
Moebius-Streifen schlängelten, damit die Szenerie ein
Höchstmaß an Wirkung entfaltete.
    Geführt von einem Leuchtkäfer, hastete Wednesday einen
Gang entlang, dessen Schwerkraft stetig auf ein halbes g eingestellt war. Hin und wieder kam sie an Grüppchen anderer
Durchreisender vorbei; teils waren es Auswanderer, teils Kaufleute
auf längerer Handelsreise. Die dritte Gruppe bestand aus
Jugendlichen, die ihr Wanderjahr zueiner großen Tour
nutzten. Die Geschäfte rechts und links des Ganges tarnten sich
als Teil der natürlichen Umwelt und hatten sowohl verlockende
als auch völlig verrückte Angebote. Mit langsamem
Flügelschlag schwebten Schmetterlinge in Tellergröße
durch die Halle, deren Flügel als Projektionsfläche
für historische Doku-Dramen dienten. Eine kleine, durch
Lichtspiele erzeugte Regenwolke drehte sich in Zeitlupentempo
über knallroten, in Schlamm verwurzelten Mangrovenbäumen.
Sie bildeten einen äußeren Kreis, über dessen
Innenfläche kleine Blitze zuckten. Als Wednesday die Szenerie
jenseits der Baumgruppe betrachtete, fiel ihr Blick auf einen Spalt
im künstlichen Laubwerk, der einen plötzlichen
Perspektivwechsel bewirkte: Durch Diamantfenster, die mehr als
tausend Meter entfernt sein mussten, funkelten Sterne. Das alles war
sehr typisch für Septagon, wo das Leben dem leeren Raum ringsum
die Stirn bot. Einen Augenblick lang war sie wie benommen vor Heimweh
und drohte in dem unendlich tiefen Meer von Depression zu versinken,
das unmittelbar unter der dünnen Eisschicht von
Selbstbeherrschung lauerte. Mom und Dad würden noch leben,
wenn wir nicht ausgerechnet hier gelandet wären. Wenn.
Wenn.
    »Folge dem Leuchtkäfer bis zum Anschluss an das
Linienschiff Romanow. Sobald du das Dock der Romanow erreichst, gehst du am besten an Bord und bleibst bis zum Abflug
in knapp sechs Stunden in deiner Kabine. Ich kann dich für
bestimmte Zeit decken; aber solltest du es riskieren, im Terminal
herumzulaufen, kann es passieren, dass dich ein Polizist bemerkt und
vorsichtshalber festnimmt. Meiner Meinung nach werden sie dich wohl
kaum unter Anklage stellen, aber du würdest den Abflug
versäumen. Außerdem besteht größte Gefahr, dass
deine Verfolger dich dann ausfindig machen und einen weiteren
Anschlag auf dein Leben versuchen. Zumindest hätten sie dich
dann wieder im Visier. Übrigens hast du, was die Suite betrifft,
gute Arbeit geleistet.«
    »Aber was mache ich jetzt?«, fragte sie
nervös und wich einer Schar flugunfähiger Vögel aus,
die beschlossen hatte, sich mitten auf dem Weg niederzulassen.
    »Sobald

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