Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
billiger
roter Merlot, der keine Zeit zum Atmen gehabt hatte, aber es ging ihr
auch nicht um den Geschmack. »Warst du wirklich die Einzige, die
sie anrufen konnten? Ich meine…«
    »Ja.« Sie trank das Glas mit einem Zug aus und streckte
es ihm zum Nachfüllen hin. Nachdem er auch sich selbst
eingeschenkt hatte, füllte er ihr Glas wieder auf. »Und
nein, ich glaube nicht, dass jemand anderes da war, der den Job
hätte erledigen können. Ich glaube auch nicht, dass es auf
andere Weise geklappt hätte – nicht bei den Mitteln, die
uns zur Verfügung standen. Genf ist eine friedliche Stadt. Hier
gibt es keine professionellen Bombenentschärfer, die rund um die
Uhr in Bereitschaft sind, sondern nur ein paar Freiwillige. Und die
waren zum Training in Brasilien, als die Scheiße hier
losging.«
    »Es war…« Er schluckte. »Da waren überall
Drohnen mit Kameras. Ich habe die Aufzeichnungen unten
gesehen.«
    »Wie war Luna?«, fragte sie, um ganz bewusst das Thema
zu wechseln.
    »Grau und trübe, genau wie immer.« Während er
einen Schluck Wein nahm, wich er ihrem Blick aus. »Ich
habe… Rachel, versuch bitte nicht, mich vom Thema
abzubringen.«
    »Nein?« Sie starrte ihn so lange an, bis er den Blick
abwandte.
    »Versuch beim nächsten Mal wenigstens, mich
vorzuwarnen.«
    »Ich hab ja versucht, dir eine Nachricht zukommen zu
lassen«, erwiderte sie gereizt. »Du warst wegen des
Wiedereintritts in die Atmosphäre nicht erreichbar. Und es ist
alles sehr schnell gegangen.« Sie verzog das Gesicht und
schnaubte erneut. »Herr Gott noch mal, ich heule ja«, sagte
sie halb angewidert. »Das sieht mir aber gar nicht
ähnlich.«
    »Das macht doch jeder früher oder später«,
sagte er. Als sie ihr Glas abstellte, strich Martin ihr beruhigend
über den Arm.
    »Das Arschloch dachte wirklich, es könnte mich als
öffentlichen Abort benutzen«, bemerkte sie leise.
»Wenn dir jemand eine Waffe an den Kopf hält und dir
befiehlt, ihn zu ficken, ist das nach den meisten Gesetzgebungen
Vergewaltigung, stimmt’s? Selbst wenn die Waffe eigentlich eine
Bombe ist und du deine Hände an Stelle deines Mundes oder deiner
Vagina benutzen darfst.« Sie holte tief Luft. »Aber ich bin
kein Opfer.« Sie hielt ihm ihr Glas hin. »Füll noch
mal nach. Das Arschloch schläft heute Nacht bei den
Organspendern, während ich mich betrinke,
stimmt’s?« Nochmals atmete sie tief durch. Jetzt, wo Martin
da war, wurde alles leichter, außerdem zeigte der Alkohol
Wirkung. »Als ich da drüben durch diese Tür ging,
wusste ich schließlich ziemlich genau, was passieren konnte.
Und ich wusste auch, was auf dem Spiel stand. Ich tat es aus meinem
eigenen freien Willen heraus.« Ein paar Weintropfen fielen auf
die Steppdecke und sammelten sich zu einem großen Fleck.
»Ich habe schon schlimmere Situationen erlebt. Und morgen
früh bin ich wieder nüchtern, während er immer noch
als hässliche Leiche daliegt.« Sie kicherte. »Aber
weißt du, was ich jetzt möchte?«
    »Was denn?«, fragte er unsicher.
    Sie setzte sich auf und warf die Steppdecke auf den Boden.
»Ich möchte noch mal baden. Und zwar mit meinem liebsten
Badespielzeug: mit dir. Und mit jeder Menge Badeöl, Schaum und
solchen Dingen. Und diesmal gibt’s einen guten Wein dazu, nicht
diesen Fusel. Und ich möchte, dass du mir den Rücken
massierst, weil ich deine Hände überall auf meinem
Körper spüren will. Und wenn ich erst mal entspannt bin,
möchte ich mir was reinziehen, das mich auf Touren bringt, und
mit dir bumsen, bis wir beide nicht mehr können und uns alles
wehtut.« Sie setzte sich schwankend auf und versuchte aus dem
Bett zu steigen, wobei sie sich auf Martin stützte. »Und
morgen oder irgendwann später geh ich los, um dem Idioten aufs
Grab zu pinkeln. Kommst du mit?«
    Martin nickte verunsichert. »Versprichst du mir, dich –
wenn irgend möglich – von der Reserveliste streichen zu
lassen?«
    »Ich werd’s versuchen«, versprach sie,
plötzlich wieder nüchtern. Sie zitterte. »Ob’s
mir gelingt, ist eine andere Frage. Es ist ja wirklich eine
Dreckarbeit, aber irgendjemand muss sie nun mal tun. Und die meisten
Leute sind eh zu schlau, so etwas freiwillig zu
übernehmen.«

 
    Nach und nach kam sie wieder zu Bewusstsein. Vage wurde ihr klar,
dass sie stechendes Kopfweh hatte und ihr übel war,
außerdem schmerzten ihre Beinmuskeln. Das Bett war
zerwühlt. Einen Augenblick lang beschäftigte sie der
Gedanke, dass sie gerade erst zweimal gebadet hatte und sich

Weitere Kostenlose Bücher