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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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umgelenkt ist. Ich werde sie nicht so hart rannehmen, dass
er nichts mehr mit ihr anfangen kann.« Bayreuth nickte
erleichtert. Wenn sich Hoechst zurückhielt, würde er das
Verdienst dafür in Anspruch nehmen können. Und das
würde Otto nur noch fester an seine Fraktion binden, die jetzt
an Einfluss gewann. »Was Sie selbst betrifft…«, das
beängstigende Grinsen war wieder da, »… was
würden Sie davon halten, mit Scotts Abteilung die Diskussion
über unsere bevorstehende Fusion zu eröffnen?«
    »Ich?« Er zwinkerte bestürzt.
    »Ja, Sie.« Sie nickte. »Ich habe mir gedacht, dass
Sie die zusätzlichen Möglichkeiten verdienen, die seit
einiger Zeit mit der Übernahme einer größeren
Verantwortung einhergehen, Georg. Wie haben Sie sich doch gleich
ausgedrückt: Er zeigt viel Potenzial für intelligente
Aktionen, die die Ziele seiner Vorgesetzten unterstützen, sagten Sie, glaube ich.«
    »Meine Güte, ich bin Ihnen zu tiefstem Dank
verpflichtet, aber…«
    »Seien Sie nicht voreilig.« Durch das Fenster deutete
sie auf die Terrasse mit den Rosenbüschen, den Garten jenseits
der Hecke, die Mauern, Bäume und die Straße, die den
Hügel hinauf zu dem Prachthaus führte. »Wenn das, was
Sie mir erzählt haben, stimmt, müssen wir eine empfindliche
Schwachstelle stopfen. Und ich glaube, ich muss das vielleicht direkt
vor Ort tun. Ich habe allzu lange vom Schreibtisch aus
Schicksalsfäden gezogen, Georg. Scotts Fehler ist typisch
für das, was passiert, wenn man nicht mehr vor Ort ist und die
Verbindung zur Realität verliert.«
    »Also werden Sie persönlich hinfliegen? Was passiert
dann mit Ihren Ländereien und mit den
Ausschüssen?«
    »Die sorgen schon für sich selbst. Wehe, wenn nicht,
schließlich ist klar, dass ich zurückkomme.« Sie
lächelte wieder, diesmal fast schüchtern. Hätte er es
nicht besser gewusst, hätte er schwören können, dass
sie mit ihm flirtete. »Aber ganz im Ernst: Ich kann meine
Reise damit verbinden, mir die neuen Kandidaten anzusehen, meine
Kontrolle über Scotts Marionetten vor Ort zu verstärken und
mich wieder mit dem zu befassen, was wirklich zählt. Das
große Programm, Georg. Stellen Sie sich das vor!« Sie
berührte ihren Bildschirm. »Geben Sie mir ein komplettes
Briefing. Dann arrangiere ich eine Sitzung mit
Oberabteilungssekretär Blumlein und hole mir über den
Untersuchungsausschuss Rückendeckung, ehe ich diese
Angelegenheit öffentlich anprangere. Und danach besprechen wir,
wie Sie den Laden hier für mich schmeißen, während
ich fort bin.«
    Er begegnete ihrem Blick. »Ich? Das alles hier?«
    Sie zuckte nicht einmal mit den Wimpern. »Hatten Sie heute
Abend schon etwas anderes vor? Nein? Gut, dann gehe ich davon aus,
dass ich Sie ohne Bedenken dazu einladen kann, mit mir zu Abend zu
essen. Wir müssen vieles besprechen, Georg. Auch die Frage, wie
wir sicherstellen können, dass Sie mich nicht ebenso
enttäuschen, wie es U. Scott getan hat…«

 
    Nachdem Hoechst dem Oberabteilungssekretär Blumlein, der mehr
als Ohr war, gewisse Dinge berichtet hatte, wurde schlagartig
gehandelt. Blumlein hatte sie mit seinen allzu eng stehenden
eiskalten blauen Augen angestarrt und nur »Tun Sie’s!«
gesagt, das war alles. Er ließ ihr so viel Leine, dass sie
selbst darüber stolpern würde, sollte sich herausstellen,
dass sie falsch lag und U. Vannevar Scotts Unterabteilung –
zuständig für die Kontrolle der Äußeren Umwelt
– in Wirklichkeit korrekt gehandelt hatte.
    Während Hoechst durch die zersplitterten Glastüren des
Bürogebäudes in Samara trat, nickte und lächelte sie
den Soldaten zu, die am Empfang Wache schoben. Flagge zeigen, wie es ihr schon in der Kinderkrippe von ihrem Führer Fergus
eingetrichtert worden war. Ein oder zwei Verwundete, die noch laufen
konnten, warteten stoisch auf den Sanitätswagen. Auf einer Seite
des Foyers waren ausgeblutete, ausgeweidete Leichen wie ein Klafter
Holz auf den blanken Granitplatten aufgestapelt. Immer noch sickerte
Blut aus ihren Augen und Ohren; die Gehirne hatten die
Wiederverwerter bereits entfernt. Hoechst beachtete die Leichen nicht
und konzentrierte sich stattdessen darauf, Hände zu
schütteln und Glückwünsche mit ihrem Stab
auszutauschen. Die wichtigsten Dinge zuerst. An ihren
Stiefelsohlen klebte Blut. Sie würde sich Scott zu gegebener
Zeit schon noch vornehmen. Verdammter Kerl, dass er mich zu so was
zwingt!
    Natürlich galt diese Aktion nicht nur Scotts Hauptquartier,
sondern erstreckte sich über den

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