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Supernova

Supernova

Titel: Supernova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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zu schaffen.
Dass sie U. Vannevar Scott nicht mochte, verstand sich von selbst:
Hoechst und Scott stammten von verschiedenen genetischen Linien ab
und hatten außer ihrem Dienst für die große Sache
nichts miteinander gemein. Allerdings hoffte er aus tiefstem Herzen,
dass keiner von beiden die Fehde über ihn austragen würde.
Am besten, man hielt sich aus den Kämpfen der Chefs auf der
Stabsleiterebene und höher heraus, sofern man seinen Kopf auf
den Schultern behalten wollte. Erst recht, wenn man vorhatte, selbst
irgendwann zu diesen Höhen aufzusteigen.
    »Legen Sie die Fakten auf den Tisch.«
    Bayreuth holte tief Luft. Du kannst jetzt keinen
Rückzieher machen. »Es ist ans Licht gekommen, dass es
eine entscheidende Schwachstelle gibt. So hat sich nämlich
herausgestellt, dass Scotts Gruppe auf Moskau Anweisung gegeben hat,
allen eingehenden und ausgehenden Verkehr durch einen einzigen
Kontrollpunkt zu schleusen. Die Begründung dafür lautete,
es sei im Fall einer undichten Stelle leichter, die
Säuberungsmaßnahmen auf einen Punkt zu konzentrieren.
Abgesehen von der Frage, welche Sicherheitsmaßnahmen und
zusätzlichen Kapazitäten ein Ausfall dieser Kontrollstelle
erfordert hätte, bedeutet diese Entscheidung, dass die hier
konzentrierte Einwanderungsbehörde über eine komplette
Liste unserer Moskauer Agenten verfügt hat und all ihre An- und
Ausreisen verfolgen konnte.«
    U. Portia Hoechst runzelte kaum merklich die Stirn. »Ich kann
Ihnen nicht ganz folgen. Diese Liste wurde bei der Katastrophe doch
bestimmt vernichtet…?«
    Als Bayreuth langsam den Kopf schüttelte, merkte er, wie sich
ihre Augen weiteten. »Der Flaschenhals, den sie sich ausgesucht
hatten, war ein abgeschiedenes Treibstofflager. Die
Einwanderungsbehörde war auf einem Außenposten von Moskau
angesiedelt, etwa ein Parsec entfernt. Diese Raumstation wurde vor
einiger Zeit evakuiert, ehe die Schockwelle zuschlug. U. Scott hat
zuvor noch ein Einsatzkommando hingeschickt, um die Dinge dort zu
regeln, das heißt die Unterlagen der Einwanderungsbehörde
zu vernichten, jeden Zeugen zu beseitigen und so weiter. Wenn das
richtig funktioniert hätte, wäre es zweifellos eine
elegante und befriedigende Lösung des Problems gewesen, aber
offenbar hat es während der Evakuierung einige
unerklärliche Vorfälle gegeben. Beispielsweise sind U.
Scotts handschriftliche Anweisungen an den Agenten vor Ort verloren gegangen, außerdem wurde es versäumt, alle
Sicherheitskopien aus dem abgesperrten Schreibtisch im
Immigrationsbüro zu bergen. Womöglich gab es noch weitere
Nachlässigkeiten. Es ist auch nicht klar, wo ein geheimes
Logbuch abgeblieben ist, in dem die damals laufenden Experimente
verzeichnet waren. Offenbar wurde es während der Evakuierung
verlegt. Der Agent hat Hunde eingesetzt, Chefin. Hunde der
Staatssicherheit, die er sich vom Dresdner Außenministerium
ausgeborgt hat. Offenbar hat er angenommen, es sei nicht nötig,
ein regelrechtes Räumungskommando zu entsenden, das die Arbeit
vorschriftsgemäß erledigt hätte. Natürlich wurde
das alles unter den Teppich gekehrt und das Beweismaterial
entsprechend verdunkelt. Deshalb hat es ja auch so lange gedauert,
die Sache aufzudecken.«
    »Ach du meine Güte.« Hoechst grinste ihn an.
»Ist das alles?«, fragte sie in herzlichem Ton, was
Bayreuth einen Schauer über den Rücken jagte.
Ursprünglich eiskalt, zeigte Hoechst plötzlich
freundschaftliche Gefühle, was nichts Gutes verhieß.
»Und er hat es nicht gemeldet?«
    Bayreuth nickte nur, da er es sich im Augenblick nicht zutraute,
mit ganzen Sätzen zu antworten.
    »Und Ihr Kanal zu Scotts Abteilung…« Sie zog
fragend eine Augenbraue hoch.
    »Der Kanal ist eine enge Freundin von Otto Neurath, eine sehr
enge«, sagte er mit Nachdruck. »Was immer Sie aufgrund
dieser Information auch unternehmen wollen, jedenfalls möchte
ich Sie bitten, in ihrem Fall Nachsicht walten zu lassen. Meiner
Meinung nach zeigt Otto viel Potenzial für intelligente
Aktionen, die die Ziele seiner Vorgesetzten unterstützen. Und
eine taktlose Behandlung seiner speziellen Freundin könnte,
äh, seine künftige Nützlichkeit beeinträchtigen.
Beiläufig bemerkt.«
    »Oh, Georg, für welches Ungeheuer halten Sie mich
denn?« Das schreckliche Lächeln verschwand. »Ich bin
ja nicht dumm, wissen Sie. Oder blutrünstig. Zumindest nicht,
wenn es sich vermeiden lässt.« Sie schnaubte. »Otto
darf sein Spielzeug behalten, sobald dessen Loyalität in unsere
Richtung

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