Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
Krähenfüßchen und eventuell auch noch eine von den hier anwesenden Damen miteinander, über das wir Jungs nicht Bescheid wissen? Hm? Ich fand das Fragment einer Nachricht von Gretchen an dich … auf den Schreibblock des Romantikhotels gekritzelt: Liebe Annelies, ich weiß … Das muss sie nach Marielles Tod geschrieben haben. Sie hat nicht weiterschreiben können, weil es sie ebenfalls erwischt hat. Und der oder die Täterin hat den Zettel mitgenommen. Ich konnte ihn allerdings nirgends finden, vermutlich ist er längst im Kamin gelandet. Also, was hat Gretchen gemeint oder gewusst? Und noch etwas: Ich fand in ihrem Laptop Hinweise darauf, dass sie nach einer Constanze Mauerberg gegoogelt hat.»
«Was?!» Mehr sagte Annelies nicht. Hölderling wartete. Viktor guckte angestrengt auf seinen leeren Dessertteller. Wenn Annelies Seydelbast sprachlos war, dann konnte das den Weltuntergang bedeuten.
«Ach du liebe Scheiße!», sagte Annelies plötzlich und ließ sich aufs Bett plumpsen. «Das kann ich nicht glauben.»
«Könntest du uns bitte an dem Unglaublichen teilhaben lassen, meine Liebe?», sagte Viktor, der die Spannung nicht mehr aushielt. «Ich kenne den Namen Mauerberg irgendwie, aber ich vermute, das könnte vor meiner Zeit am Gymnasium gewesen sein.»
«Richtig», antwortete Annelies und sah Gregor zum ersten Mal direkt an. «Ein dunkles Kapitel der Schulzeit und meiner Zeit als Präsidentin der Blue Socks.»
Viktor und Hölderling guckten sich an. «Blues Socks? Hattet ihr eine Rockband?»
Annelies schüttelte den Kopf. «Nein, keine Band, aber einen Geheimbund, so wie Skull & Bones. Jedenfalls hatten wir das vor.»
«Abgesehen davon, dass Skull & Bones weit weniger beängstigend klingt wie Blue Socks … Wer gehörte dazu?», fragte Gregor, als Annelies sich sehr viel Zeit ließ fortzufahren.
«Das Krähenfüßchen, Marielle, Gretchen und ich. Ich war die Präsidentin. Das Aufnahmeritual war sehr … speziell. Wer reinwollte, hatte so gut wie keine Chance, das war ja der Sinn der Sache.»
«Ich glaube, ich muss nicht raten: Constanze Mauerberg wollte rein», sagte Viktor. «Und vor allem würde mich interessieren, warum.»
«Warum? Ich hatte die Originale für die nächste Arbeit des Biologie-Leistungskurses im Kopierer gefunden und für uns sichergestellt. Es war kurz vor der Versetzung in die Unterprima.»
«Aber du hast doch jede naturwissenschaftliche Arbeit sowieso mit Eins plus gemacht, du hattest das doch gar nicht nötig», sagte Hölderling.
Annelies malte Kringel auf die Bettdecke. «Sportsgeist? Vielleicht wollte ich auch mal was Unwissenschaftliches machen?»
«Okay, okay … Und dann?», fragte Viktor.
«Constanze hatte irgendwie Wind davon bekommen. Sie wollte unbedingt ein Blue Sock werden und ließ nicht locker. Also dachten wir uns was Fieses aus.»
«Wie fies?», sagte Hölderling und wünschte sich, im Erdboden zu versinken. Ihm war klar, dass er noch etwas erfahren würde, das er lieber auch nicht hören wollte. Etwas, das Annelies’ Ansehen, das sie bei ihm genoss, eventuell erschüttern würde. Hölderling fürchtete geradezu, dass ihm in den nächsten Minuten der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Viktor saß kerzengerade auf seinem Stuhl und dachte dasselbe. Annelies guckte ihre beiden besten Freunde an und sagte: «Ich weiß, was ihr denkt. So schlimm ist es allerdings nicht. Also bringen wir es hinter uns: Constanze musste die Nacht im Keller einer leerstehenden Fabrik verbringen. Sie bekam eine Schachtel Zigaretten und eine Flasche Wodka, das war’s. Wir haben sie mit verbundenen Augen hingeführt, und das Krähenfüßchen musste draußen in unserem Hauptquartier Wache halten. Das war ein runtergekommener Eisenbahnwaggon. Petra war noch kein vollwertiges Mitglied, und das war eben ihre Abschlussprüfung. Sie sollte gucken, ob Constanze sich an die Regeln hält … Am nächsten Tag sind Gretchen und ich wieder hin, und da war Constanze nicht mehr da. Krähenfüßchen gab zu, dass sie eingeschlafen ist und nichts wusste. Sie meinte, dass Constanze vielleicht aus einem Hinterausgang raus sei, ohne dass sie es bemerkt hat. Nun ja … In der Schule dann haben wir Constanze gesagt, dass sie nicht bestanden hat. Sie war stinksauer und hat rumgebrüllt, sie würde uns verraten, was die Klausur angeht. Aber wir haben nur gelacht – das hätte sie erst mal beweisen müssen, da saßen wir am längeren Hebel. Kurze Zeit später ist sie ja von der Schule abgegangen, und wir
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