Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)

zusammen! Alle. Wir werden Wache halten, reihum. Verstanden? Und keine Widerrede. Zuvor können Jürgen und Otto helfen, Annelies’ Sachen in unser Zimmer zu bringen. Und trommelt Anton und Hanno raus: Wir bringen die Matratzen in die Bibliothek.»
    Otto Lobenthal schnaubte: «Willst du nicht vorher Conrad fragen?»
    Gregor schüttelte den Kopf.
    «Wieso das denn?», sagten Jürgen und Annelies gleichzeitig.
    «Gregor hat recht. Wenn alle zusammenbleiben, sind wir sicher. Keiner geht alleine aufs Klo», sagte Viktor. «Okay, ich hole jetzt Traudel, Sigrid und Sonja. Wir machen mit dem Koch das Essen klar, und ihr anderen kümmert euch um die Hardware.»
    «Viktor, ich möchte, dass du hierbleibst. Otto kann mit Sonja, Traudel und Sigrid gehen, Jürgen holt Anton, Hanno und Conrad. Wir …», Hölderling zeigte auf Annelies und Viktor, «haben hier noch was zu besprechen. Und zwar entre nous. Wir kommen später mit unseren Matratzen nach und kümmern uns um Annelies’ Gepäck.»
    Es sah beinahe so aus, als wollten die Männer vor Gregor salutieren. Aber sie nickten nur und gingen hinaus.

    «Und was willst du mit uns besprechen?», fragte Viktor, als sich die Tür hinter den Männern geschlossen hatte.
    «Könnte ich erst mal trockene Sachen bekommen?», sagte Annelies etwas kleinlaut.
    «Aber natürlich», sagte Viktor und sprang vom Bett. «Bin gleich wieder zurück. Und Gregor, lass die Finger vom Essen, ich sterbe vor Hunger, und du hattest bestimmt schon eine Portion.»
    Viktor nahm auf dem Weg zur Tür einen Umweg am Tablett vorbei und stutzte. «Gregor … Palatschinken! Also …»
    «Trockene Kleidung», sagte Annelies, und ihre Stimme hatte wieder die alte Kraft und Schärfe zurückgewonnen.
    Viktor nahm den Teller mit dem Dessert und eine Gabel mit.
    «Du hast ihn infiziert», sagte Annelies.
    «Wie ich sehe, geht’s dir schon besser», antwortete Hölderling. «Einen Kloß auf den Schrecken?»
    Annelies saß unter dem Deckenberg wie ein nasses Vögelchen in seinem Nest, das auf Fütterung wartet, und riss den Mund auf. Für Hölderling der schönste Anblick des Tages. Und er konnte sich vor Glück kaum halten, als Annelies mampfend sagte: «Wie geht noch mal das Kloßgedicht? Das du damals in Bayern gemacht hast … Als ich mir die Diarrhoe eingefangen hatte und Bill Bass verpasst habe, du weißt schon, den Gründer der Leichenfarm in Amerika. Ich war so enttäuscht …»
    «Weiß nicht mehr.»
    «Doch, doch, du weißt schon, das mit den Pazifisten und der Diät.»
    «Ach, dass du dich daran noch erinnerst … Ich kann es nicht mehr aufsagen. Und jetzt iss.»
    Annelies tat wie ihr befohlen, und Hölderling deklamierte im Geiste:
Die Erd ist rund – der Knödel auch. Wie tu ich ihn vermissen:
Ich sitze schwach und auf Diät mit Mayrbrot in Füssen.
Ich kaue links, ich kaue rechts, hab schon ganz viele Falten,
von Brühe, Brot und Nulldiät und ständigem Enthalten.

In meinen Träumen ach, da warten Braten und auch Soße,
auf einem Teller warm und flach, sich zu vermählen mit dem Kloße.
Im Hungerwahn ich schlag in Kissen viele Falten,
vor lauter Zorn auf Nulldiät und ständiges Enthalten.

Mein Knödelchen, du liebstes Laster,
du bist bei Gram das beste Pflaster,
mir Trost auf Seele und auf Magen,
ess ich dich auf mit Wohlbehagen.

In Suppe, Pfanne oder Soße,
aus Grieß, Kartoffeln, kleine, große.
Schmiegst dich in meiner Wange rund –
bin ich gerettet und gesund.

Mach Frieden mit der Welt und ihrem Mist
Wer Knödel isst, ist rund – und Pazifist.

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    Kapitel 10
    «Und jetzt zu dir, Annelies. Ich glaube, du hast uns was zu erzählen», sagte Hölderling, als Annelies fertig angezogen aus dem Badezimmer kam. Auch Viktor hatte sich angekleidet, und er und Gregor sahen nun tatsächlich aus wie ungleiche Brüder mit demselben Schneider.
    Annelies guckte die beiden an und zuckte die Schultern. «Ich wüsste nicht …»
    Hölderling klopfte mit der flachen Hand auf das Bett und sagte: «Sitzen machen, bitte. Und keine Widerrede.»
    Annelies suchte mit ihren Blicken Hilfe bei Viktor, aber der nickte nur und sagte: «Wenn der große Gregor es befiehlt. Es wird schon Sinn haben. Bitte, Gregor, klär uns auf, was dich zu dieser dir sonst nicht eigenen Strenge veranlasst.»
    «Frauen», sagte Hölderling. «Hier geht es um irgendwas, das euch Frauen aus der Klasse betrifft. Und ich glaube, dass du mir was dazu sagen kannst, Annelies. Was verbindet dich, Marielle, Gretchen und das