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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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Spitze seines eigenen Dolchs tiefer in Elflings Haut hinein, die nachgab, sich aber des Drucks erwehrte. Seine Hand zitterte, aber Elflings Hand griff fester zu. Er hielt kurz den Atem an, veränderte den Winkel der Klinge und trieb sie in das Fleisch hinein, tiefer, als er es vorgehabt hatte – und zog sie schnell Elflings Unterarm entlang bis zum Handgelenk hinab. Er glaubte, die Haut reißen zu hören wie das Reißen von Seide.
    Elfling ließ seine Hand los und wechselte den Dolch von der rechten in die linke Hand. Dann hielt er Wulfweard seine rechte Hand hin. Sie schnitten sich in ihre rechten Arme, während Blut an ihren linken Armen entlanglief und auf den Boden tropfte.
    Elfling hob seine Arme und spannte die Muskeln an, damit das Blut schneller an den Armen herab über seine Schultern auf seine Brust fließen konnte. Dann breitete er schwungvoll die Arme aus, und das Blut spritzte in kleinen Tropfen umher.
    »Gib uns den Gerstenmann, Wulf!«
    Wulfweard rieb mit den Händen über die Schnitte an seinen Armen und verspritzte anschließend das Blut. Er bemerkte, wie Elfling sich von ihm entfernte, sich drehte und dabei sein Blut von den Armen auf viele Gräber fallen ließ; es wirkte fast wie ein Tanz.
    Wulfweards Stimme klang in der Kälte heiser und unmelodisch, aber würden sich die Toten daran stören?
    »Es kamen drei Könige von Westen her,
    Einen Sieg sie wollten erringen,
    Und sie schworen einen heiligen Eid –«
    Elfling stimmte von der anderen Seite des Gräberfelds in das Lied ein.
    »Der Gerstenmann, unser Gerstenmann,
    Der Gerstenmann muss sterben!«
    Sie rannten über das Gräberfeld, drehten sich dabei mit weit geöffneten Armen, und ihre beschwingten Bewegungen ließen ihr Blut schneller fließen. Es fiel hinab und hinterließ dunkle Flecken auf dem Schnee, doch es gefror sofort und konnte nicht in der Erde versickern.
    »Sie pflügten, sie säten, sie eggten ihn ein,
    Häuften Erde auf sein Haupt,
    Und sie schworen einen heiligen Eid,
    Der Gerstenmann, unser Gerstenmann,
    Der Gerstenmann ist tot!«
    Elfling stach mit seinem Messer auf die Grabhügel ein, um Löcher in sie zu graben und das Blut von seinen Armen in sie hineinfallen zu lassen. Wenn die Kälte die Blutung stillte, dann öffnete er seine Wunden wieder mit der Messerspitze.
    »Und tot lag er da, viele Monde lang,
    Bis der erste Frühlingsregen niederging,
    Da hob der Gerstenmann den Kopf,
    und reckte sich hoch zum Licht!
    Und so stand er bis zur Mittsommernacht,
    Und sei er auch blass und fahl.
    Der Gerstenmann, unser Gerstenmann
    Der Gerstenmann hat ’nen Bart!«
    Elfling kniete auf der festgefrorenen Erde und spürte weit unter sich, wie sich etwas verschob. Er stützte seine Hände auf, ließ das Blut seine Arme hinablaufen, wo es um die Handgelenke zusammenfloss. »Sing!«
    Wulfweard spürte ebenso die Bewegung unter seinen Füßen, und seine Stimme nahm einen höheren, kräftigeren Ton an.
    »Sie schickten Männer mit scharfen Sicheln,
    Um ihn am Knie abzuschneiden,
    Und sie rollten ihn und banden ihn –«
    Seine Stimme schwankte und brach ab. Eine schwarze wachsende Linie durchzog die dünne Schneedecke auf dem Gräberfeld. Das Gräberfeld schlug aus.
    Elfling sprang auf, und sein Blut lief ihm in Streifen die Arme entlang und tropfte herab, und er stimmte in das Lied ein:
    »Und sie rollten ihn und banden ihn fest,
    Und ließen ihn noch mehr leiden!«
    Wulfweard fand seine Stimme wieder, wenn ihm auch der Atem oft wegblieb, und während der Wind an ihnen zerrte und ihre Haare fliegen ließ, sangen sie gemeinsam weiter, und der Boden unter ihnen ächzte.
    »Sie schickten Männer mit scharfen Gabeln,
    Um sie ihm ins Herz zu jagen,
    Und ließen sie ihn noch mehr leiden,
    Denn sie banden ihn auf den Wagen.
    Sie trugen ihn um das Feld herum,
    Und brachten ihn in die Scheuer,
    Und dort schworen sie einen heiligen Eid,
    Den Gerstenmann, unseren Gerstenmann
    Den Gerstenmann zu richten.
    Sie schickten Männer mit Holzapfelstöcken,
    Ihm die Haut von den Knochen zu schinden,
    Und ließen sie ihn noch mehr leiden,
    Denn sie mahlten ihn zwischen zwei Steinen.«
    Lange, gerade Stöcke aus Eschenholz wuchsen aus der Erde. Eiserne Speerspitzen glitzerten an ihren Enden, golden im Feuerschein, silbern im Mondlicht. Die Erde hob sich, und wie Pilze schossen breite Schilde hervor, auf denen eiskalt schillernde Eisenbuckel wuchsen. Der harte Boden wich zurück, als ob er von einem Pflug geteilt würde – aber dieser Boden wurde von unten

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