Susan Price
Aldgytha mitriss, die seinen Namen murmelte.
» Und das Weib!«, befahl Hunting. Bei dieser Mission konnte man keine Zeit wegen eines Weibs verschwenden. Aldgytha wurde niedergemacht.
Morcar, auf dem Rücken liegend und zum Himmel hinaufblickend und Aldgythas Gewicht auf ihm, dachte: Falsche Entscheidung. Wir hätten kämpfen sollen.
»Und jetzt beendet die Sache!«, befahl Hunting. »Und schafft die Kadaver irgendwohin, wo man sie nicht sieht, und versteckt auch die Pferde.«
Ein Teil seiner Gewappneten zückte die Dolche und schlitzte denen, die noch nicht tot waren, die Kehlen auf. Der andere Teil trieb die Pferde in die Ställe. Ein paar Männer blieben bei ihnen, um sie ruhig zu halten.
Nachdem das Gemetzel vorbei war, schleppten die Männer die Leichen ins Haus.
Ebba lag, unter Decken versteckt, an der Mauer und hörte sie hereinkommen. Endlose Minuten hatte sie die schrecklichen Schreie draußen hören müssen, die so verzweifelt geklungen hatten, dass sie ganz verzagt wurde. Sie konnte sich auch nicht einreden, dass es Schreie vor Freude oder Überraschung waren. Als einer sie aus dem Schlaf riss, hatte sie sofort gewusst, dass etwas Schreckliches geschah. Sie hatte die Knie angezogen und den Kopf zugedeckt. Mit den geballten Händen vorm Mund hatte sie mucksmäuschenstill verharrt. Jemand wurde verletzt, jemand war völlig verzweifelt. Das wusste sie. Doch nicht, weshalb.
Dann war es verhältnismäßig still geworden. Sie lag in ihrem Versteck und atmete nur flach, um die Decken über ihrem Kopf nicht zu bewegen. Sie ließ die Augen in der kleinen dunklen und warmen Höhle umherschweifen, die sie sich gemacht hatte, als könne sie etwas sehen. Brachte Elfling Morcar und dessen Männer um? Tötete Morcar Elfling? Sollte sie hinauslaufen und versuchen zu helfen? Die Schreie, die sie gehört hatte, ließen nicht auf ein Handgemenge schließen, wo sie sich an den Arm eines Mannes hängen und so einen Schlag verhindern konnte. Obgleich ihr wegen ihrer Feigheit richtig schlecht war, blieb sie, wo sie war.
Dann war der Lärm ins Haupthaus gekommen. Ihre Gliedmaßen hatten vor Angst wild gezuckt, ehe sie sich zwang, wieder still zu liegen. Männer schnauften und fluchten. Schwere Lasten fielen nur wenige Schritte vor ihr zu Boden. Jemand trampelte über die Strohsäcke und setzte sich mit einem Plumps hin. Die Füße traten direkt neben ihr auf den Saum ihrer Decken. O Eostre, Göttin, lass sie nicht die Decken wegreißen! O Eostre, rette mich!
Wieder wurden schwere Lasten auf den Boden geworfen. Sie spürte den Aufprall durch den Boden und hörte, wie ein Mann stöhnte, als machte er mitten in einer schweren Arbeit eine Pause. Dann trat ein Fuß auf sie.
Sie unterdrückte einen Schrei, indem sie die Hand auf den Mund presste. Mit angehaltenem Atem wartete sie. O Eostre, Eostre …
Es wurde hell. Jemand hatte die Decken von ihrem Kopf genommen. O Eostre …
Ohne den Kopf zu bewegen, rollte sie die Augen nach oben und sah einen Mann, der sich vornüberbeugte. Im düsteren Haus war er ein riesiger dunkler Schemen. Von seinem Gesicht konnte sie nicht viel sehen; es wurde von dem Helm, den er trug, überschattet. Sie war so verängstigt, dass sie die Angst gar nicht mehr spürte. Mit angehaltenem Atem lag sie reglos da und starrte ihn nur an.
Und er grinste sie an. Sie sah, dass sich die Schatten seines Gesichts zu einem breiten Grinsen verzogen. Dann hob er die Decken über ihr noch weiter an und betrachtete ihren Körper. Sie war nackt, da ihr Kleid ja verbrannt war. Der Mann hielt die Finger vor die Lippen und warf die Decken wieder über sie, um sie zu verstecken. Dann hörte sie ihn fortgehen.
O Eostre, danke! Der Soldat würde sie nicht töten – jedenfalls nicht gleich. Sie hatte eine Chance. Danke, Eostre, danke! Nur Eostre, die Göttin der Lust und der Liebe, konnte sie gerettet haben.
Als sämtliche Leichen ins Haus geschleppt und am hinteren Ende aufgestapelt waren, endete das Getrampel rein und raus. Hunting betrat das Haus und machte es sich so bequem, wie es in dieser Flohfalle möglich war. Die Männer, welche er nicht als Wachen hinausgeschickt hatte, warfen sich auf den Boden und reinigten die Waffen. Dann begannen sie zu essen.
Ebba lag in ihrem Versteck und lauschte den Gesprächen und dem Gelächter. Sie war in den Zustand ständiger, stiller Angst verfallen. Arme und Beine waren steif, jeder Muskel angespannt. Plötzlich lehnte sich ein schwerer Körper gegen sie. Es war ein Mann,
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