Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
Vom Netzwerk:
Walküre lachte kurz. »Und hat dich zu seinem Nachfolger ernannt.«
    Elfling blickte über das braune, frisch gepflügte Feld zum grauen Himmel empor und auf das graue Flechtwerk der kahlen Ulmenäste davor. Wie betäubt saß er da, während in seinem Kopf tausend Gedanken umherwirbelten. Das Staunen, dass der Vater, welchen er nie kennengelernt hatte, ausgerechnet ihn benannt hatte … Die Gewissheit der Gefahr, welche ihm von der königlichen Sippe drohte, die das nie zulassen würde … Eine leichte freudige Erregung bei der Aussicht: König! Er könnte König werden! Und Furcht. König zu sein, wie sollte das überhaupt gehen? Die Königssippe –
    »Bist du ein guter Schütze?«, fragte die Walküre.
    »In der Tat, edle Frau.«
    »Dann rufe ich sie heraus, und wenn sie auf den Hof kommen, erschießt du sie.«
    Sie erhob sich von den Knien und stand auf, aber immer noch im Schutz des Dickichts. Ihre mit Metall beschlagene Schwertscheide klirrte gegen ihre Rüstung, als sie sich hinabbeugte, um den Helm aufzuheben. Sie stülpte ihn über das rote Haar. Elfling sah ihr zu und spürte, wie Wut und Angst seine Brustmuskeln anspannten und ihm das Atmen und Schlucken erschwerten. »Sie werden nicht auf deinen Zuruf herauskommen, edle Frau.«
    Sie lächelte. »Ich werde den Schlachtruf ausstoßen. Ich werde auf dem Dachfirst reiten und die Schlachtfesseln anlegen. Ich entscheide, wer stirbt.«
    Die Walküre trat aus dem Schutz des dichten Dickichts heraus. Vom Hof konnte sie jetzt jeder sehen. Während Elfling auf die Beine kam und die Sehne seines Langbogens spannte, schritt sie durch das Tor in der Dornenhecke auf den Hof. Elfling legte einen Pfeil auf die Sehne, ging an den Rand des Dickichts und stellte sich nach Art der Bogenschützen mit gespreizten Beinen, seitlich zum Ziel, auf.
    Jetzt konnte er die Walküre nicht mehr sehen, nur ein Stück des schlammigen Hofs und die Lehmwände und schmutzigen Strohdächer der einzelnen kleinen Gebäude. Dann erschrak er so, dass er auf dem unebenen Gelände den Halt verlor und ins Stolpern geriet, als ein Schrei die Luft erschütterte. Dieser Schrei war so wild und frohlockend, dass jeder Laut auf dem Land ringsum erstarb. Jeder Vogel, jedes kleine Tier, Jäger und Beute, erstarrte bei diesem Schrei.
    Es war die Walküre. Sie saß rittlings auf dem Hausdach, auf dem First, und schlug mit der Schwertklinge gegen die Speerspitze. Dann warf sie den Kopf mit dem Helm in den Nacken und schrie wieder und lachte und schrie erneut frohlockend den Schlachtruf.
    Irgendwann während der langen Nacht hob ein Mann Ebbas Decken und kroch zu ihr. Sie verlor ein wenig von der Angst, welche ihre Nerven wie die Sehne eines mächtigen übergespannten Bogens gedehnt hatte. Diese Situation war vertraut, und sie konnte sicher sein, die nächsten Minuten zu überleben. Der Soldat war groß, schwer und heiß und stank unter der Decke wie ein Fuchs. Er tat ihr ein wenig weh, aber nur, weil er so schwer und ungeschickt war und es eilig hatte. Es war keine Bosheit dabei – nicht wie bei dem alten Owen, der sie gemein kniff, wenn sie nicht so viel Begeisterung zeigte, wie ihm vorschwebte. Ebba war erleichtert, als der Soldat von ihr abließ, sich vergewisserte, dass sie versteckt blieb, und neben ihr einschlief und schnarchte. Ohne diesen Soldaten – und Eostre – hätte sie nicht überlebt, und es wäre ihr jetzt nicht warm, und sie hätte auch nichts gegessen, sondern wäre jetzt wahrscheinlich tot und kalt. Die ganze Zeit, in der sie unter den Decken gelegen hatte, war keine vertraute Stimme an ihr Ohr gedrungen, und sie konnte die Verzweiflung in den Schreien nicht vergessen, die sie zuvor gehört hatte.
    Sie lag wach da, mit zugedecktem Kopf, und fragte sich, wie lange sie schon so gelegen hatte und wie viel länger sie noch leben würde. Sie hatte keine Ahnung, ob es Tag war oder Nacht oder ob Stunden oder Tage vergangen waren. Bitte, Eostre, edle Göttin, lass sie einfach abziehen! Bitte, lass sie mich nicht finden! Wie würde es sein zu sterben? Würde es sehr wehtun – würde es lange dauern? O bitte, Eostre, edle Göttin, wenn du entschieden hast, dass ich sterben muss, dann lass es schnell geschehen und leicht, aber, bitte, Eostre, edle Göttin, lass mich leben …
    Hunting schlief wenig und war schon vor Morgengrauen wach. Gelangweilt lag er zwischen Morcars Kissen und hasste seine Umgebung. Dreckig, arm, beengt – wie konnte jemand an einem derartigen Ort leben? Wie konnte jemand, vor

Weitere Kostenlose Bücher