Susan Price
imstande ist. Gönnt dem armen Mädel ein bisschen Ruhe.«
Ebba wäre am Ende des langen Marsches, nach so viel Angst, für irgendeine Ecke dankbar gewesen, in die sie sich hätte verkriechen können, aber Addi nahm sie mit in sein Haus, das größte und beste aller Häuser in Brierley. Man wies ihr einen warmen Platz dicht am Feuer an, gab ihr eine Schüssel mit Brühe und ein großes Stück Brot. Ihr war es peinlich, so gut behandelt zu werden. Schließlich war sie nur eine Magd.
Sämtliche Bewohner von Brierley hatten sich ins Haus des Dorfältesten gedrängt, und mit dem Herdfeuer und den vielen Menschen war es drinnen heißer als an einem Sommertag in der Sonne. Ebba wurde schläfrig.
»Kannst du uns jetzt erzählen, was geschehen ist?«, fragte Addi. »Fang am Beginn an.«
Der Halbschlaf half. Zu jeder anderen Zeit wäre Ebba zu scheu gewesen, um vor so vielen Menschen zu sprechen, aber schläfrig, wie sie war, mit vielen Pausen und unterstützt von Addis gelegentlichen Ermunterungen, gab sie die ganze Geschichte wieder, angefangen bei Morcars Besuch und seinem Streit mit Elfling und wie sie ins Feuer gefallen war und wie Elfling sie geheilt hatte.
Hier gab es eine lange Unterbrechung in ihrer Geschichte, weil viele andere sich zu Wort meldeten. Viele riefen Elflings Namen und erzählten die Mär, wie König Eadmund die Elfenfrau im Wald gefunden hatte, und berichteten von anderen Heilungen, die Elfling vollbracht hatte. Als alle mit ihren Beiträgen fertig waren, war Ebba fast eingeschlafen und musste angestoßen werden, um mit ihrem Bericht fortzufahren.
Sie war sich ihrer Sache nicht ganz sicher. Sie hatte im Haus geschlafen, als sie Lärm auf dem Hof hörte: Schreie und Fluchen. Und dann waren Menschen – Männer – ins Haus gekommen. Sie erzählte von dem Mann, der sie gefunden hatte, und dass er anscheinend einen Helm getragen hatte. Aber es war dunkel gewesen; deshalb war sie nicht sicher.
Und dann berichtete sie von den Schreien am Morgen. Sie versuchte nicht, den Dörflern zu vermitteln, wie lähmend und furchteinflößend diese Schreie gewesen waren – und das Lachen, das sich daruntergemischt hatte. Danach hatte es wieder Geschrei gegeben, viel Umherrennen und das Klirren von Metall – ein Kampf. Und dann war Elfling im Haus. Sie hatte die Leichen gesehen, die Leichen sämtlicher Bewohner der Hofstatt. Owen, Hild – und auch Morcar. Alle tot. Und auf dem Hof lagen Männer in Rüstungen mit herrlich glänzenden Helmen und prächtigen Schilden – alle tot. Dann hatte Elfling das Haus angezündet und war davongeritten. Mit einer Walküre. Er war verschwunden und hatte sie zurückgelassen. An diesem grauenvollen Ort.
Was sie nicht sagte, ergänzten die Leute und gaben ihr noch ein Stück Brot, und dann wies Addi ihr eine Stelle zum Schlafen an. »Morgen schaue ich nach, ob ich etwas Ordentliches finde, das du anziehen kannst«, sagte Addis Frau Eaditha.
Viele Bewohner von Brierley saßen noch um das Feuer herum und sprachen über das, was sie soeben gehört hatten. Männer in glänzenden Rüstungen mit prächtigen Schilden? Alle Menschen getötet? Eine Walküre? Sie konnten nur mit Mühe den morgigen Tag erwarten, um zu sehen, ob das Feuer schon ausgebrannt war.
Der folgende Morgen brachte noch mehr Aufregungen. Während der Nacht hatte der Regen das Feuer ausgelöscht, und sobald es hell wurde, sammelten sich die Leute, um zum Berg hinaufzuschauen. Dicker schwarzer Rauch stieg noch auf, aber niemand sah Flammen. Sobald Addi gegessen hatte, machte er sich mit drei Männern auf den Weg zu Elflings Hof.
Kaum hatte er das Dorf verlassen, kam Thane Alnoth, der Lehnsherr, mit einer Schar seiner Männer herbeigeritten. Sie trugen Rüstungen und hatten die Schilde auf dem Rücken. Auch sie hatten den Brand gesehen und waren gekommen, um herauszufinden, was geschehen war. Es war die Pflicht eines Lehnsherrn, in seinem Gebiet für Ordnung zu sorgen. Nachdem er von Eaditha eine Erklärung bekommen hatte, ritten sie hinter Addi her. Ebba schlief noch, und sie könnten das Mädchen befragen, nachdem sie sich den Brandort angeschaut hätten, meinte Thane Alnoth.
Die Berittenen holten Addis Gruppe schnell ein und erreichten den ausgebrannten Hof als Erste. Das Feuer war aus, aber die übereinandergestürzten und geschwärzten Ruinen waren immer noch heiß und schwelten. Die Männer des Lehnsherrn trugen gute, feste Stiefel und konnten sich in dicke Umhänge einwickeln. Daher vermochten sie leichter
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