Susannah - 02 Auch Geister haben hübsche Söhne
Kind!«
»Ich bin kein Kind«, widersprach ich. »Ich bin eine Mittlerin.«
»Eine Mittlerin?« Zu meiner Überraschung warf Mrs Fiske den Kopf in den Nacken und lachte noch lauter. »Eine Mittlerin. Na klar, das ändert natürlich alles.«
Ich hätte ihr gern gesagt, dass mir ihr Tonfall absolut nicht gefiel, aber sie gab mir keine Gelegenheit dazu.
»Glaubst du wirklich, du kannst Beaumont das Handwerk legen?«, sagte sie. »Schätzchen, du musst noch so viel lernen.«
Die war aber unhöflich! »Hören Sie, Lady«, sagte ich. »Ich bin vielleicht noch jung, aber ich weiß, was ich tue. Und jetzt sagen Sie mir bitte, wo er Ihre Leiche versteckt hat, dann …«
»Bist du völlig übergeschnappt?« Mrs Fiske hörte auf zu lachen und schüttelte den Kopf. »Von mir ist nichts mehr übrig. Beaumont ist kein Amateur. Er hat dafür gesorgt, dass keine Spuren hinterlassen und keine Fehler gemacht wurden. Der perfekte Mord. Es gibt nirgendwo das kleinste Fitzelchen Beweis, dass er etwas mit der Sache zu tun hatte. Glaub mir, der Mann ist ein Ungeheuer. Ein echter Blutsauger.« Ihre Züge verspannten sich. »Aber auch nicht schlimmer als meine eigenen Kinder. Verscherbeln mein Land an diesen miesen Blutegel! Hör zu, okay, du bist also Mittlerin. Dann übermittle meinen Kindern bitte folgende Botschaft: Ich hoffe, sie werden mal in der Hölle schm-«
»Hey, Suze.« Cee Cee tauchte plötzlich im Flur auf. »Die Hexe hat aufgegeben. Sie kriegt's einfach nicht hin. Also will sie erst ihren Guru konsultieren.«
Ich warf Mrs Fiske einen panischen Blick zu. Halt! Ich hatte sie doch noch gar nicht danach fragen können, wie sie gestorben war! War Red Beaumont wirklich ein Vampir? Hatte er ihr das Blut ausgesaugt? Immerhin hatte sie ihn »Blutsauger« und »Egel« genannt – meinte sie das wörtlich?
Aber es war zu spät. Cee Cee kam auf mich zu und spazierte dabei schnurstracks durch das hindurch, was für mich so aussah – und sich so anfühlte – wie eine nette alte Dame mit Gartenhut und Handschuhen. Die jetzt empört vor sich hin schimmerte.
Nein!, wollte ich schreien. Gehen Sie noch nicht!
»Äh.« Cee Cee schüttelte sich und warf dabei den letzten Rest von Mrs Fiskes Aura ab, die an ihr kleben geblieben war. »Komm, raus hier. Dieses Haus ist mir unheimlich.«
Ich sollte nie herausfinden, was Mrs Fiske ihren Kindern mitteilen wollte – obwohl ich da eine ziemlich genaue Ahnung hatte. Mit einem letzten verächtlichen Blick auf mich verschwand die Dame so schnell, wie sie gekommen war.
Im nächsten Moment kreuzte Tante Pru im Flur auf, einen entschuldigenden Ausdruck im Gesicht.
»Tut mir so leid, Suzie«, sagte sie. »Ich habe es wirklich versucht, aber die Santa-Ana-Winde sind dieses Jahr besonders stark und stören die spirituellen Pfade, die ich normalerweise nutze, um Kontakt aufzunehmen.«
Vielleicht erklärte genau das ja, warum ich den Geist von Mrs Fiske hatte beschwören können. Ob ich es vielleicht wieder hinbekommen würde – um diesmal danach zu fragen, wie genau Red Beaumont sie umgebracht hatte?
Als wir zum Auto zurückgingen, summte Adam selbstzufrieden vor sich hin.
»Na, Suze?«, fragte er, als er Cee Cee und mir die Wagentür aufhielt. »Hast du schon mal so jemanden kennengelernt?«
Ja, hatte ich. Mir als einem Magneten für die Seelen unglückseliger Toter waren schon Menschen aus den irrsten Ecken der Welt und des Lebens begegnet, einschließlich einer Inka-Priesterin, etlichen Hexenmeistern und einer Pilgerin, die als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden war.
Aber da es ihm so wichtig zu sein schien, lächelte ich nur und sagte: »Nein, nicht wirklich«, was ja nicht direkt gelogen war.
Cee Cee war nicht gerade begeistert darüber, dass jemand aus ihrer Familie den Typen, in den sie – seien wir mal ehrlich – komplett verknallt war, so blendend unterhalten hatte. Wortlos krabbelte sie auf den Rücksitz und schmollte dort vor sich hin. Cee Cee war eine blitzgescheite Einser-Schülerin, die an nichts glaubte, was sich nicht wissenschaftlich belegen ließ, besonders an nichts, was mit dem Jenseits zu tun hatte. Was die Tatsache, dass ihre Eltern sie auf eine katholische Schule geschickt hatten, ein bisschen problematisch machte.
Noch problematischer als Cee Cees mangelnder Glaube oder meine neu entdeckte Fähigkeit, Geister zu beschwören, war für mich im Moment die Frage, was ich nun mit diesem Kater anstellen sollte. Während wir bei Tante Pru gewesen waren, hatte er
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