Susannah - 02 Auch Geister haben hübsche Söhne
habe bereits zu Abend gegessen.
Obwohl ich immer noch nicht an Vampire glaubte, musste ich doch ständig daran denken, woraus diese besondere Kost wohl bestand und ob Mrs Fiske und die verschwundenen Umweltschützer vielleicht etwas dazu beigesteuert hatten.
Ich weiß, ich weiß. Aber ich konnte einfach nicht anders. Es war einfach zu gruselig, wie er nur dasaß und seinen Wein trank und mich anlächelte, während Tad über Basketball plauderte. Soweit ich das mitbekam, war Tad nämlich der Basketball-Superstar der Robert Louis Stevenson Highschool. Ich hatte allerdings Mühe, mich zu konzentrieren, weil ich mich fragte, warum Pater Dom mir nicht gleich ein Fläschchen Weihwasser mitgegeben hatte, als ihm dämmerte, wir könnten es mit einem Vampir zu tun haben.
Tad erzählte also von den ganzen Dreierkörben, die er gemacht hatte, und auf einmal wurde mir zu meinem Entsetzen bewusst, dass er nicht nur eventuell der Nachkomme eines Vampirs war, sondern wir beide – bis aufs Küssen – keinerlei gemeinsame Interessen hatten. Ich meine, ich hatte wegen der Hausaufgaben und des Mittler-Daseins eh nicht viel Zeit für Hobbys, wenn ich doch mal irgendwelche Interessen entwickeln sollte, dann ganz sicher nicht für eine Sportart, bei der ein paar baumlange Hansels einen Ball durch eine Sporthalle mit Holzboden hüpfen ließen.
Aber vielleicht war Küssen ja auch genug. Vielleicht war Küssen das einzig Wichtige überhaupt. Womöglich konnte Küssen mich alles vergessen lassen, was mit Vampiren und Basketball zu tun hatte.
Als wir nach dem Essen ins Wohnzimmer übersiedelten, wo das Dessert serviert werden sollte, griff Tad nach meiner Hand und drückte sie ganz fest. Meine Hand war übrigens noch immer ziemlich giftsumachig, was Tad aber nicht zu stören schien – auf seinem Nacken blühte schließlich auch noch einiges.
Plötzlich war ich überzeugt, dass es übertrieben gewesen war, Jesse zu Pater Dominic zu schicken, mit der Nachricht, er solle die Polizei rufen, wenn ich nicht bis Mitternacht wieder zu Hause sein sollte. Ja, okay, Red Beaumont gab schon Anlass zur Vermutung, er könnte ein Vampir sein, und sein Vermögen hatte er zweifelsohne einem widerlichen Geschäftsgebaren zu verdanken.
Doch das hieß noch lange nicht, dass er durch und durch verdorben war. Es gab keine Beweise dafür, dass er diese ganzen Leute wirklich umgebracht hatte. Und dann war da noch diese Frau, die immer wieder in meinem Zimmer aufgetaucht war: Die hatte doch schließlich beteuert, Red habe sie nicht getötet. Sie hatte einiges auf sich genommen, um mich davon zu überzeugen, dass er unschuldig war. Vielleicht war Mr Beaumont doch gar nicht so übel.
»Ich dachte schon, du wärst sauer auf mich«, flüsterte Tad, während wir Yoshi – der ein Tablett mit Kaffeetassen und für mich einen Kräutertee trug – ins Wohnzimmer folgten.
»Wieso sollte ich denn sauer auf dich sein?«, fragte ich erstaunt.
»Na ja, wegen gestern Abend«, sagte Tad. »Als ich dich geküsst habe …«
Da fiel mir plötzlich wieder ein, wie Jesse aufgetaucht war und wie ich losgekreischt hatte. Ich lief rot an. »Oh, das meinst du.« Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. »Das war nur … Ich dachte, ich hätte … eine Spinne entdeckt.«
»Eine Spinne?« Tad zog mich mit sich auf die schwarze Ledercouch, vor der ein großer Plexiglastisch stand. »In meinem Auto?«
»Ich hab eine Spinnenphobie«, sagte ich.
»Oh.« Tad sah mich aus seinen schläfrigen braunen Augen an. »Ich dachte, ich wäre vielleicht zu … schnell rangegangen. Weil ich dich geküsst habe.«
»Aber nein.« Ich lachte und hoffte, dass es so lässig klang, als würden mir ständig irgendwelche Typen die Zunge in den Mund schieben.
»Gut.« Tad schlang mir einen Arm um den Nacken und zog mich zu sich heran …
Aber dann kam sein Vater herein. »Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Susannah, Sie wollten uns doch erzählen, wie Ihre Klasse Geld sammeln will, um die Statue von Pater Serra wieder aufzubauen, die letzte Woche auf so barbarische Art zerstört wurde …«
Tad und ich waren wie vom Blitz getroffen auseinandergefahren.
»Ja, klar.« Ich leierte die lange und langweilige Geschichte herunter, vom geplanten Kuchenverkauf und überhaupt. Währenddessen nahm Tad sich eine der Kaffeetassen, die vor uns auf dem Tisch standen, kippte Zucker und Sahne hinein und trank einen Schluck.
»Und dann«, fuhr ich fort, nunmehr überzeugt, dass die Sache mit Tads Vater nur ein
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