Susannah 4 - Auch Geister lieben süße Rache
ziemlich schnell draufgekriegt. Das Einzige, womit er nicht klarkam, war die Tatsache, dass die zu exorzierende Person ich war.
»Aber du bist doch am Leben«, sagte er immer wieder. »Wenn ich deinen Geist exorziere, bist du dann nicht tot?«
Um ehrlich zu sein, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Was würde mit meinem Körper passieren, sobald mein Geist ihn verlassen hatte? Wäre ich dann wirklich tot?
Nein, das konnte nicht sein. Bestimmt würden mein Herz und meine Lungen nicht die Funktion einstellen, nur weil meine Seele ausgeflogen war. Wahrscheinlich würde ich nur daliegen, als wäre ich im Koma.
Eine Vorstellung, die für Jack allerdings nicht besonders tröstlich war.
»Aber was, wenn du nicht zurückkommst?«, bohrte er.
»Natürlich komme ich zurück. Hab ich dir doch gesagt. Ich kann ja nur deswegen zurückkommen, weil eben ein lebendiger Körper auf mich wartet. Ich möchte mich drüben nur kurz umschauen, ob es Jesse gut geht. Wenn ja, alles bestens. Wenn nicht … na ja, dann versuche ich ihn mitzubringen.«
»Aber wenn du nur deswegen zurückkannst, weil ein
lebendiger Körper auf dich wartet … Jesse hat keinen lebendigen Körper. Wie soll er dann zurückkommen können?«
Eine gute Frage. Und wahrscheinlich der Grund für meine grottenschlechte Laune.
»Hör zu, Jack«, sagte ich. »Soweit ich weiß, hat noch nie jemand so was versucht. Vielleicht braucht man doch keinen Körper, um zurückkommen zu können. Ich weiß es nicht, okay? Aber nur weil ich das nicht weiß, kann ich mich doch nicht davon abbringen lassen, oder? Wie weit wäre Christoph Columbus gekommen, wenn er nicht losgesegelt wäre? Na?«
Jack schaute mich zweifelnd an. »Bis an die spanische Grenze, würde ich sagen.«
»Sehr komisch«, entgegnete ich. Dann holte ich den letzten Gegenstand aus meiner Tasche - ein Seil. Das eine Ende band ich mir um die Taille, das andere um Jacks Handgelenk.
»Wozu soll das denn gut sein?«, fragte er.
»Damit kann ich den Weg zurück zu dir finden«, erklärte ich.
Jack blinzelte verwirrt. »Aber wenn nur dein Geist auf Reisen geht, wieso bindest du ein Seil um deinen Körper? Du hast doch gesagt, dein Körper bleibt hier.«
»Jack«, knurrte ich zwischen zusammengepressten Zähnen. »Hol mich einfach zurück, wenn ich in einer halben Stunde nicht wieder da bin, okay? Du ziehst mich am Seil wieder her.« Mehr als eine halbe Stunde sollte eine Seele möglichst nicht von ihrem Körper getrennt sein, hatte ich mal gehört. Im Fernsehen kamen immer wieder
Berichte über kleine Kinder, die ins Eis einbrachen oder so und bis zu vierzig Minuten lang praktisch tot gewesen waren, dann aber reanimiert wurden und ohne irgendwelche Schäden weiterlebten. Deshalb kalkulierte ich mit einer halben Stunde.
»Aber wie …«
»Oh Mann!«, schnitt ich Jack das Wort ab. »Tu’s einfach, okay?«
Er funkelte mich finster an. Nur weil wir beide Mittler waren, musste das ja noch lange nicht heißen, dass wir immer ein Herz und eine Seele waren.
»Okay«, sagte er. Und dann murmelte er vor sich hin: »Deswegen musst du ja nicht gleich so ätzend werden.«
Nur dass er nicht »ätzend« sagte. Echt schockierend, was Kinder heutzutage schon für Wörter kennen.
»Also dann.« Ich trat in den Kreis aus Kerzen und stellte mich genau in die Mitte der Hühnerblut-Symbole. »Es geht los.«
Jack blickte erst auf seine Karteikarte, dann auf mich.
»Solltest du dich nicht besser hinlegen?«, schlug er vor. »Ich meine, wenn du dann ins Koma fällst, wär’s doch blöd, wenn du hinstürzt und dir wehtust, oder?«
Er hatte recht. Außerdem hatte ich keine Lust, dass meine Haare Feuer fingen oder so.
Andererseits wollte ich mir das schöne Kleid auch nicht mit Hühnerblut vollschmieren. Das Teil hatte schließlich richtig Geld gekostet. Fünfundneunzig Dollar, bei Urban Outfitters.
Aber dann dachte ich: Suze, was ist denn in dich gefahren? Das ist doch nur ein Kleid. Du machst das
hier für Jesse. Ist er dir keine fünfundneunzig Dollar wert?
Also legte ich mich hin.
Aber ich hatte erst das eine Knie zu Boden gebracht, als es plötzlich heftig an die Hotelzimmertür hämmerte.
Zugegeben, ich bekam voll die Panik. Bestimmt war die Feuerwehr angerückt, weil irgendein Zimmernachbar Rauch gemeldet hatte oder so.
»Schnell!«, zischte ich Jack zu. »Blas die Kerzen aus!«
Während Jack tat, wie ihm geheißen, hetzte ich zur Tür.
»Wer ist da?«, flötete ich.
»Susannah«, antwortete eine nur zu
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