Susanne Barden 05 - Jung verheiratet
unkte Kit.
Doch vorläufig blieb alles still um Marianna. Erst als der erste Frühlingshauch das Land streifte, hörten die Freundinnen wieder etwas von ihr. Eines Tages kam Freddie Bowker zum Wochenende nach Hause und suchte Bill, den er sehr verehrte, im Krankenhaus auf. Danach ging er zu Susy ins Büro und erzählte ihr, daß Marianna fortgegangen sei.
»Fortgegangen? Wohin denn?«
»Ich weiß nicht, Fräulein Barden. Sie ist einfach auf und davongelaufen, weil sie ihr eigener Herr sein wollte, wie sie sagte.«
»Was - schon wieder?«
Freddie lachte etwas verlegen. »Sie hat sich über den Besitzer der Würstchenbude geärgert.«
»Würstchenbude?«
»Wußten Sie denn nicht, daß sie dort arbeitete?«
»Sie hat mir geschrieben, sie arbeite in einem Restaurant.«
»Restaurant!« rief Freddie spöttisch. »Nein, ein Restaurant kann man es weiß Gott nicht nennen, aber es ist ein anständiger Betrieb, und ’ne gute Stellung war es auch.« Er schwieg ein Weilchen und fügte dann zögernd hinzu: »Ich - wollte Marianna gern heiraten, aber sie wollte nicht.«
»Oh, das tut mir leid!« entgegnete Susy, obwohl sie es eigentlich nicht bedauerte.
»Mir auch«, sagte Freddie kläglich. »Sie ist ein feiner Kerl, bloß ein bißchen verrückt.«
»Ja, das kann man wohl sagen. Nun, mach dir keine Sorgen um sie. Sie wird sich schon irgendwie durchschlagen.«
Aber im Herzen sorgte sich Susy um Marianna. Und diese neuerliche Sorge machte ihr wieder so recht bewußt, wie sehr sie und Bill sich entfremdet hatten. Als sie an diesem Abend nach Hause kam, empfand sie das besonders schmerzlich.
Es war ein schöner klarer Frühlingsabend. Die Luft duftete süß und betäubend. Wie immer wartete Maxi an der Gartenpforte auf Susy. Sie hob ihn hoch und lauschte auf das innige Flöten einer Amsel. Wie müde sie war! Und drinnen erwartete sie wieder diese Atmosphäre angestrengter Höflichkeit. Seufzend setzte sie Maxi auf die Erde. Während sie die Stufen zum Haus hinaufstieg, hatte sie wie so oft das Gefühl, als wimmelten unzählige Maxis um sie herum. Sie streckte die Hand aus, um die Tür zu öffnen, hielt jedoch, von einer Erinnerung übermannt, inne.
Genauso war es an dem Abend gewesen, als sie ihre ersten Schülerinnen begrüßt hatte. Nur hatte sie sich damals auf ihr friedliches Heim gefreut. Heute jedoch drückte sie die Türklinke nur zögernd hinunter.
Susy starrte reglos ins Leere. Maxi blieb stehen und sah mit besorgten braunen Augen zu ihr auf. Sie nahm ihn auf den Arm und drückte ihr Gesicht einen Augenblick an sein weiches, warmes Fell, bevor sie ins Haus ging.
Bill saß wie gewöhnlich in seinem Sessel am Kamin und las. Nachdem die Eheleute ein paar höfliche Bemerkungen ausgetauscht hatten, nahm Susy ein Buch zur Hand und starrte hinein, ohne ein Wort zu lesen. Schließlich legte sie es wieder fort und blickte zu Bill hinüber. Er sah schmäler aus als früher - und älter.
»Bill!« sagte sie unwillkürlich.
Er sah fragend auf.
»Bill - was ist denn nur los? Früher haben wir uns doch immer so nett miteinander unterhalten. Jetzt können wir das gar nicht mehr.«
Bill machte sein Buch zu, ließ jedoch einen Finger zwischen den Seiten. »Du hast recht«, sagte er, nachdenklich ins Feuer blickend. Und dann nach einer kleinen Pause: »Ich weiß nicht, Susy, du bist immer so zurückhaltend, so fern. Ich versuche oft, dich zu finden, aber du bist niemals da.«
»Aber ich bin doch immer da! Ich tue ja alles, was ich kann. Ich versuche, mich in deine Stimmungen zu versetzen. Ich bin liebenswürdig, selbst wenn mir nicht danach zumute ist. Ich gehe auf deine Gedanken ein. Du bist zurückhaltend - nicht ich!«
Bill richtete sich ein wenig auf. »Das stimmt nicht! Ich hab’ dir immer zu helfen versucht, wenn du Kummer hattest. Ich gebe mir immer Mühe, dich zu verstehen. Aber du bist stets kalt wie Eis.«
Sie brausten nicht auf, sondern blieben höflich und beherrscht. Es war nicht die Rede davon, ob sie sich noch liebten. Trotz allem kam es ihnen gar nicht in den Sinn, daß sie einander nicht mehr lieben könnten. Aber die Aussprache klärte nichts. Im Gegenteil, sie redeten sich nur noch tiefer in ein gegenseitiges Mißverstehen hinein. Das lag daran, daß sie im allgemeinen blieben, anstatt die Ursachen des Übels anzupacken, die ihren Groll gegeneinander hatten entstehen lassen, wie Bills Angelausflüge und Marianna. Hätten sie offen darüber gesprochen, hätten sie einander erklärt, was sie gedacht
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