Susanne Barden 06 - Heiter bis bewölkt
hübsch darin«, sagte Dexter. »Aber Sie, Mademoiselle, sind - sind —«
»Belle!« fiel Margret ein. »Mademoiselle ist sehr belle.« Die anderen nahmen den Reim auf und sangen ausgelassen: »Mademoiselle ist sehr belle. Mademoiselle ist sehr belle.«
Sie waren voll harmlosen Frohsinns und dachten gar nicht daran, sich über Karla lustig zu machen. Eigentlich hätte Margret gekränkt sein können, weil ihr neuer Badeanzug keinen Eindruck machte, aber sie lachte nur. Karla stimmte jedoch nicht in das allgemeine Gelächter mit ein. Sie erbleichte und wurde steif wie ein Stock. Susy hätte die jungen Leute ohrfeigen mögen.
»Was heißt belle, Mammi?« fragte Bettina.
»Es ist französisch und heißt schön.«
»Karla ist ja auch schön«, sagte Jerry und griff nach ihrer Hand.
Sie machte sich sanft von ihm los und sagte, ohne jemand anzusehen. »Wir wollen ins Wasser gehen.«
In der Mitte der Bucht lag ein Floß, und alle schwammen darauf zu. Aber auf halbem Weg machte Karla kehrt und schwamm zurück. »Wollen Sie nicht auch baden, Frau Barry?« fragte sie höflich. »Ich werde solange auf die Kinder aufpassen.«
»Karla!« sagte Susy, ohne auf das Angebot einzugehen. »Sei doch nicht so furchtbar empfindlich! Es war doch nur ein Scherz - ein gut gemeintes Kompliment.« Karla, die bis zur Taille im Wasser stand, antwortete nicht, sondern starrte düster zu den fernen Bergen hinüber.
»Ich verstehe sehr gut, wie dir zumute ist«, fuhr Susy fort. »Aber woher sollen die andern das wissen? Und wie sollen sie dich nett finden, wenn du so ablehnend bist?«
»Ich werde mir Mühe geben, freundlicher zu sein«, versprach Karla. »Aber jetzt lassen Sie mich bitte ein bißchen bei den Kindern und gehen Sie inzwischen ins Wasser. Es ist wundervoll.«
Nach kurzem Zögern gab Susy nach. Es würde Karla guttun, ein wenig zur Besinnung zu kommen. Außerdem lockte es Susy, hinauszuschwimmen. Mütter von kleinen Kindern haben ja selten Gelegenheit, ihre Schwimmkünste auszuüben, weil sie immer aufpassen müssen, daß die kleine Gesellschaft sich nicht zu weit in das gefährliche Element wagt.
Mit kräftigen Stößen schwamm Susy hinaus. Das Wasser war angenehm kühl, aber nicht zu kalt. Nach einer Weile legte sie sich auf den Rücken und stieß sich mit den Beinen vorwärts. »Es ist eine Schande!« dachte sie, während sie zu ein paar Sommerwölkchen hinaufblickte, die über den blauen Himmel segelten. »Ich sollte in Tracht stecken und Krankenbesuche machen. Statt dessen picknicke ich mit jungen Leuten, überlasse meine Kinder der Aufsicht eines jungen Mädchens und aale mich hier im Wasser.«
Erfrischt und angeregt kehrte sie schließlich zurück. Sie fand Karla mit den Kindern im flachen Wasser. Howard Phinney hatte sich zu ihr gesellt, und die beiden versuchten den Zwillingen das Schwimmen beizubringen.
»Das ist lieb von euch«, sagte Susy, während sie ihre Badekappe abstreifte und ihr flachgedrücktes Haar lockerte.
»Die andern tauchen vom Floß aus«, entgegnete Karla.
»Aber Howard findet es vernünftiger, Kindern beizubringen, wie man nicht ertrinkt.« Sie hatte Howard nicht vertrieben und gab sich Mühe, nett und freundlich zu sein; aber natürlich hatte die Gegenwart der Kinder ihr dabei geholfen.
»Ich muß den Unterricht leider abbrechen«, sagte Susy. »Die Kinder sehen schon ein bißchen blau aus. Und dann wollen wir etwas essen.«
»Das ist eine gute Idee«, meinte Howard. »Sie brauchen sich um nichts zu kümmern, Frau Barry. Karla und ich werden alles vorbereiten.«
»Das ist fein«, sagte Susy, ohne Karlas Zögern zu beachten.
Gehorsam platschte Karla aus dem Wasser. Als die anderen sahen, daß Vorbereitungen zum Essen getroffen wurden, kamen sie ebenfalls ans Ufer. Während Susy die Kinder anzog, machten sich dann alle irgendwie nützlich. Dexter und Tom sammelten Holz und machten Feuer. Die Mädchen hatten Strandanzüge angezogen, packten die Körbe aus und bestrichen Brötchen mit Butter. Howard briet Klopse über dem Feuer. Karla, der die langen Haare feucht auf die Schultern hingen, half ihm dabei und verteilte belegte Brote an die hungrigen Kinder.
Howard war offenbar hingerissen von Karla, gab ihr jedoch nur Anweisungen oder lächelte ihr hin und wieder zu. Sie tat folgsam, was er sagte. Später aß sie mit Appetit, und obwohl sie mehr zuhörte als sprach, schien sie sich ganz wohl zu fühlen. Sie hatte auch keinen
Grund, sich zu beklagen. Winnie und Margret flüsterten nicht
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