Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
Reinigungsmittel wieder in den rechteckigen grünen Plastikeimer, den er extra zu diesem Zweck gekauft hatte. Daisy warf einen Blick auf das ordentliche Arrangement und merkte, wie erneut Gereiztheit in ihr aufkeimte. Warum musste er nur immer so verflucht pingelig sein? Anfangs hatte sie gerade das an ihm mächtig anziehend gefunden. Für einen Menschen, der beständig am Rande des Chaos’ lebte, war es herrlich beruhigend, endlich jemanden gefunden zu haben, der seine Bankauszüge tatsächlich unter ›B‹ in einem Ordner abheftete. Sie stellte sich vor, künftig in einem Haushalt zu leben, in dem Rechnungen pünktlich bezahlt wurden und wo für alle Fälle immer ein Laib Schwarzbrot im Gefrierschrank lagerte.
Aber irgendjemand hatte ihr einmal gesagt, dass die Dinge, die einem zu Beginn einer Beziehung am meisten an einem Partner gefallen, die sind, die einen später auch am meisten auf die Palme bringen – was zu stimmen schien. Fast immer, wenn sie etwas suchte, musste sie sich anhören, dass Tom es ›aufgeräumt‹ hatte – mit anderen Worten: weggeworfen, recycled oder der Wohlfahrt gespendet -, weil er glaubte, sie bräuchten es nicht mehr. Und er hängte seine Socken immer paarweise an der Leine auf, Menschenskind!
»Ich weiß nicht, wieso wir uns deswegen überhaupt streiten«, sagte er, den Schwamm auswringend. »Du glaubst doch sicher nicht, dass es in Ordnung ist, wenn Carmen was mit einem anderen anfängt.«
»Nein, natürlich nicht«, räumte Daisy ein. Sie riss ihre Augen von dem grünen Eimer los und begann, ein paar hervorstehende Daunenfedern aus ihrer schon etwas ältlichen Steppdecke zu zupfen. »Aber es hat mich geschockt, dass ihre Ehe nicht so harmonisch ist, wie ich immer glaubte.«
»Vielleicht hat’s ja gar nichts mit ihrer Ehe zu tun. Carmen lernt einfach nur einen Kerl kennen, der ihr gefällt.«
»Aber wie sollte es nichts mit ihrer Ehe zu tun haben? Und fandest du sie nicht auch immer fast perfekt?«, insistierte Daisy.
Auf dem Weg nach unten blieb Tom noch mal im Türrahmen stehen. An der Art, wie er den grünen Eimer am Henkel zappeln ließ, konnte sie sehen, dass ihm die Unterhaltung allmählich gewaltig stank. Für Gespräche, die er in die Ecke ›Tratsch‹ schob, brachte er nur sehr begrenzt Geduld auf.
»So was wie eine perfekte Ehe gibt’s doch gar nicht«, fasste er schließlich zusammen. »Wir wissen, wie schwer es für Carmen war, hierher nach Sydney zu ziehen. Und John hatte anfangs auch zu kämpfen in der Bank, obwohl er sich dort mittlerweile ja recht gut etabliert zu haben scheint. Aber wozu überhaupt heiraten, wenn man nicht bereit ist, auch die schweren Zeiten miteinander durchzustehen? Da kann man ja gleich einen auf Doris machen und die Beziehungen wechseln wie Tempo-Taschentücher, sobald das kleinste bisschen Langeweile aufkommt. Ich hätte gedacht, nach all den Jahren wäre Carmen so weit, auch in härteren Phasen nicht zu kneifen.«
Daisy lag es auf der Zunge zu fragen, ob er glaubte, in ihrer Ehe sei ebenfalls eine härtere Phase angebrochen. Und falls ja, wie lange diese noch dauern würde? Wie lange, bis er endlich seinen Arsch bewegte und sich zusammenriss?! Oder – und dabei bekam sie eine Gänsehaut – wollte er ihr damit eine verschlüsselte Botschaft schicken? Vielleicht hatte er ja gemerkt, wie unglücklich sie war, und signalisierte ihr damit, dass es an der Zeit war, jetzt ein wenig Durchhaltevermögen und Treue zu zeigen.
Bloß wusste sie nicht, wie sie ihn fragen sollte, ohne zu verraten, wie beschissen sie sich fühlte. Denn wenn die Worte
einmal raus waren, ließen sie sich nicht mehr zurücknehmen. Der alte Catch 22 . Hier stand der Mensch, der ihr von allen der Nächste sein sollte, und dennoch brachte sie es nicht fertig, über das mit ihm zu reden, was sie am meisten belastete; denn sobald sie Zweifel an ihrer Ehe äußerte, wäre sie ohnehin gelaufen. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung! Entweder das oder Tom würde ihr von Herzen zustimmen und sagen, ihm ginge es genauso – dann wäre sie erst recht am Boden zerstört.
Ihr kam der Gedanke, wie Carmen eine Affäre anzufangen. Sie stellte sich luxuriöse Hotelsuiten vor, seidene Bettwäsche, rohe Austern und diese lächerlichen kleinen Weißweinflaschen plus jede Menge Gekicher. Sie sah sich, wie sie voller Schuldgefühle, aber mit glühenden Wangen, eine Neugeborene, zu Tom und Chump nach Hause kam. Eine vollkommen andere Frau. Auf geheimnisvolle Weise würde Tom
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