Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
ein Riesendrama veranstalten sollte.
Wie betäubt lenkte sie ihren Wagen durch den dichten Stadtverkehr und stellte ihn dann ohne einen weiteren Gedanken in einer Halteverbotszone in der George Street ab. Toms Firma residierte in einem funkelnden schwarzen Glasturm. Ohne ihre Umgebung richtig wahrzunehmen, fuhr Daisy mit dem Lift in den siebenundzwanzigsten Stock.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«, zirpte die makellos ausstaffierte Dame am Empfang.
»Ich muss Tom Change sprechen«, sagte Daisy benommen.
»Haben Sie einen Termin?«
»Nein – aber ich bin seine Frau.«
»Oh – einen Moment bitte, Mrs. Change! Ich werde kurz durchrufen. Tom ist in einer Konferenz.«
»Holen Sie ihn da raus!«
Die Dame quittierte diese Bemerkung mit einem missbilligenden Blick und griff zum Hörer. Daisy stand in sich zusammengesunken
mitten in der Empfangshalle und wartete wie betäubt. Drei Minuten später stieß Tom die Sicherheitstür auf.
»Daisy? Was ist?«
»Tom.« Daisy rannte fast in seine Arme. »Es geht um Rob. Er liegt in Melbourne im Krankenhaus. Nierenversagen.«
Und dann brach sie in Tränen aus.
Tom hielt sie liebevoll fest und trocknete ihre Tränen. Dann verfrachtete er sie kurzerhand in ihr Auto und fuhr sie nach Hause. Unterwegs erfuhr er, dass Robs Leben nicht in Gefahr war, und es gelang ihm, sie davon zu überzeugen, dass alles recht hoffnungsvoll klang. Daisys Kleinwagen vorsichtig durch die Nachmittagsschlangen bugsierend, hielt er, so oft er konnte, ihre Hand, was ziemlich oft war, da der Wagen ein Automatikgetriebe besaß. Arme Daisy, dachte er, sie ist ohnehin schon durcheinander wegen der IVF-Testergebnisse und jetzt auch noch das! Und er wusste, wie geschockt sie sein würde, Rob in einem Krankenhausbett liegen zu sehen. Jetzt bereute er es, dass er sich hatte breitschlagen lassen, überhaupt mit der künstlichen Befruchtung anzufangen. Wenn sie es auf nächstes Jahr verschoben hätten, seinem Vorschlag gemäß, dann würde Daisy jetzt nicht alles auf einmal durchstehen müssen. Aber er tat wie immer sein Bestes, um sie wieder aufzurichten. Auch wenn es ihn ziemlich anstrengte.
Zu Hause angekommen, buchte er sofort für den nächsten Tag einen Flug nach Melbourne und zauberte für Daisy dann einen überbackenen Käsetoast. Er zwang sie, alles aufzuessen, obwohl sie schon seit sechs Monaten auf jegliche Milchprodukte verzichtete; sie hatte nämlich gelesen, dass der Schleim, der dabei produziert wurde, die Eileiter verstopfen konnte.
Komischerweise fand sie diese Kindernahrung irgendwie
tröstlich. Nachher machte er ihr sogar noch einen Kakao, auf dem zwei rosa Marshmallows herumtanzten, und auch den trank sie dankbar.
»Dein Dad ist zäh wie ein alter Bulle«, sagte er.
Und sie glaubte ihm.
10
Als Daisy sich endlich auf ihren Platz im Flugzeug zwängte, war sie mit den Nerven am Ende. Dass sie obendrein neben einem dieser Fettsäcke sitzen musste, die es für ihr Gott gegebenes Recht hielten, beide Lehnen und so viel Beinraum zu beanspruchen, wie ihre monströsen Schenkel zu brauchen schienen, war das Allerletzte, was Daisy jetzt noch verkraften konnte. Wütend dachte sie, dass das einer dieser sturen Fettwänste war, die eine Frau nie in der Schwimmbahn an sich vorbei ließen, egal wie lahmarschig sie dahinpaddelten.
Daisy, die selbst mit angezogenen Ellbogen und zusammengepressten Knien auf ihrem Platz hocken musste, war bloß froh über die kurze Flugdauer. Wenn sie nach Europa geflogen wäre, hätte sie Schweinchen Dick wahrscheinlich den fetten Hals umdrehen müssen. So, wie die Dinge lagen, überlegte sie, genügte es wahrscheinlich, ihren Plastikbecher mit Orangensaft über ihm auszuschütten. Oder vielleicht fiel ihr ja auch irgendwas Fieses mit ihrem Erfrischungstuch ein.
Nun, wenigstens hatte sie die Fünfzehn-Uhr-Maschine erwischt, was den ganzen Morgen über höchst zweifelhaft gewesen war. Da handelte es sich zunächst einmal um ihre lieben Klienten, deren Termine sie umorganisieren musste und die es für eine persönliche Beleidigung hielten, dass ihre PR-Agentin sich eine Woche freinehmen wollte. Selbst dann noch, als sie eingestand, dass es um einen Krankheitsfall in
der Familie ging, meinten sie, sie wüssten schon, was sie in Wahrheit täte. Lilli bemerkte, eine Woche auf einer Schönheitsfarm würde ihr sicher gut tun. Und Mrs. Perkin deutete gar an, Daisy wolle durch ihre Abwesenheit bei dem Vorsprechtermin mit den Produzenten von ›Ocean Street‹ absichtlich
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