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Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Sushi und Kartoffelbrei Ticktack

Titel: Sushi und Kartoffelbrei Ticktack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freeman Jane
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sollten. Ich schwör dir, er hätte sich nicht vom Fleck gerührt und auch noch die Rippchen zu Ende gegrillt, wenn ich nicht was gesagt hätte.«
    Daisy versuchte, ein kleines Lachen zustande zu bringen, aber Rob fehlte ihr so sehr, dass sich ihr Magen anfühlte wie ein kalter Stein. Trotzdem war sie Tom dankbar für seinen Versuch, den lebenden, atmenden Rob heraufzubeschwören.
    »Und weißt du noch, auf der Hochzeit, als der Fotograf aus irgendeinem lächerlichen Grund andauernd sagte: ›Glänzende Augen, immer schön strahlende, glänzende Augen‹, wenn er ein Foto schoss, und auf dem Video kann man richtig sehen, wie Dad sich bemüht hat, seine Augen möglichst strahlend und glänzend zu machen?«, erinnerte sie sich.
    »Ich glaube, dieser Gang zum Altar mit dir war der schwerste seines Lebens. Nicht, dass du deinen Auftritt
nicht ausgezeichnet gemeistert hättest – wenn man mal davon absieht, dass du andauernd stehen bliebst, um mit allen möglichen Bekannten und Verwandten zu schwatzen.«
    »Rob hat mich unentwegt weitergezerrt«, erläuterte Daisy. »Ich glaube nicht, dass er mich so schnell wie möglich loswerden wollte; ich hoffe es wenigstens nicht. Er war eben einfach nur furchtbar schüchtern und darauf bedacht, das Trara rasch hinter sich zu bringen.«
    »Bestimmt wollte er dich nicht hergeben.«
    Für Daisy beruhte dieses Gefühl jetzt auf Gegenseitigkeit. Sie dachte an all die Dinge, die in diesem einen Moment in dem Krankenzimmer für immer verloren gegangen waren – Robs stiller, trockener Humor, sein erstaunliches Talent, so ziemlich alles, was je erfunden wurde, reparieren zu können, seine Bescheidenheit und Großzügigkeit, seine buschigen Brauen, die sich borstig über seinen Augen sträubten – fast als führten sie ein Eigenleben. Es war so beschissen ungerecht. Sie hasste Krankenhäuser, hasste Ärzte, hasste eine Welt, in der ein paar zufällige Bakterien auf einem medizinischen Besteck jemanden für immer auslöschen konnten.
    Und dann war da noch Nell, nun mit ihrer Einsamkeit. Daisy konnte sich eine Nell allein überhaupt nicht vorstellen – das war wie Prinz Philip ohne die Queen, ein Film ohne Popcorn oder ein Überseegespräch ohne die Frage ›Wie viel Uhr ist es bei euch?‹ Es passte einfach nicht.
    Chump, der zu ihren Füßen lag, stieß einen jener tiefen Seufzer aus, die Hunde manchmal von sich geben, als würde die Verantwortung der ganzen Welt auf ihren Schultern lasten.
    »Ich glaube nicht, dass wir noch einen IVF-Zyklus auf uns nehmen sollten«, sagte Daisy plötzlich.
    Noch während sie es sagte, wusste sie, dass sie es aufrichtig meinte. Sie empfand eine überwältigende Sehnsucht danach, mit Tom zu schlafen, als wolle sie auf diese Weise,
im Angesicht von Robs sinnlosem Tod, das Leben zelebrieren. Andererseits, noch mehr Krankenhäuser, Ärzte und Herumgezerre an ihr? Nein, das könnte sie beim besten Willen nicht mehr ertragen. Ab sofort wollte sie der Zukunft einfach ihren Lauf lassen, wo immer sie sie auch hinführen mochte. Da sie nun unfähig gewesen war, Rob bei diesem grausamen Sturz in den Tod aufzuhalten, erschien es ihr grotesk, ja geradezu überheblich, ein neues Leben erzwingen zu wollen.
    Tom zögerte. »Ach«, brachte er nur heraus.
    Verzagt dachte er, dass Daisy jetzt gleich sagen würde, sie wolle sich von ihm trennen. In den vergangenen Tagen hatte er sich zunehmend für seine übereilte Reaktion auf der Müllhalde geschämt. Wenn Daisy nicht einmal Zweifel und Unzufriedenheit an ihrer Beziehung äußern durfte, ohne dass er gleich gekränkt erklärte, nun sei alles vorbei – wie sollten sie dann überhaupt mit all den Komplexitäten eines langen Ehelebens fertig werden? Während er abends allein im Wohnzimmer saß und das Bier direkt aus der Flasche trank, hatte er bei sich zugegeben, dass ihre Vorwürfe eigentlich nicht ganz unberechtigt gewesen waren. Denn seit einiger Zeit hatte er sich ziemlich gehen lassen, und es war mit ihm nur schwer auszukommen gewesen. Außerdem konnte er sich ehrlicherweise nicht erinnern, wann er Daisy das letzte Mal einen Strauß Blumen mitgebracht oder sie abends schick ausgeführt hatte. Ihm mochte so etwas ja vielleicht nicht wichtig sein, aber ihr schon – das hatte sie schließlich oft genug klar zum Ausdruck gebracht.
    Noch mehr, als es ihn ärgerte, dass Daisy ihre Vorwürfe so lange verschwiegen und dann auf einen Schlag über ihm ausgegossen hatte, bereute er seinen überempfindlichen Stolz während ihres

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