Sushi und Kartoffelbrei Ticktack
Streits. Sie hatte Recht, wenn sie sagte, seine Haltung zur IVF-Behandlung wäre lauwarm. Aber eins wusste er: Seine Gefühle für Daisy waren nie lauwarm
gewesen und würden es auch nie sein – dasselbe galt auch für ein Kind, das sie möglicherweise bekämen. Ein blondes kleines Mädchen mit meergrünen Augen, so wie sie. Oder vielleicht einen Jungen, der Rob nachschlug, dachte Tom abrupt. Wie schön wäre es zu wissen, dass er durch sein Enkelkind noch immer auf dieser Welt weilte. Ganz zu schweigen davon, wie praktisch es wäre, einen kleinen Handwerker im Haus zu haben …
Aber Daisy würde die IVF-Behandlung nie aufgeben, wenn sie nicht auch ihre Ehe aufgegeben hätte. Er hatte nichts anderes erwartet. Man konnte sich nicht derart bittere Dinge an den Kopf werfen und trotzdem gute Kameraden bleiben.
»Ach«, wiederholte er leise. »Bist du sicher, dass du jetzt darüber reden willst?«
Daisy vermutete, dass er bestimmt dachte, sie würde sich von ihm trennen wollen. Aber sie merkte, dass sich die Dinge inzwischen geändert hatten. Es war nicht nur, Tom erlebt zu haben, wie er älteren Damen liebevoll Tee einschenkte oder sich aufmerksam der Auswahl eines Sargs widmete – der aus Rosenholz wäre nicht schlecht, finde ich … auf jeden Fall mit Messinggriffen. Natürlich war sie ihm für all das zutiefst dankbar. Sie wusste nicht, wie sie diesen Tag ohne Toms unermüdlichen Beistand überstanden hätte.
Doch den eigentlichen Wendepunkt stellten ihre Eltern in diesem Krankenhaus dar. Sie war immer davon ausgegangen, dass sie eine gute Ehe führten, zufrieden miteinander lebten und sich bei einem Streit nicht gleich Vasen an die Köpfe warfen. Ja, unbewusst hatte sie die elterliche Ehe sogar ein bisschen abfällig betrachtet: Sicher, sie waren seit fast vierzig Jahren zusammen – aber auf altmodische Art und Weise, indem sie die Zähne zusammenbissen und durchhielten, keine großen Erwartungen an den anderen stellten und nie über schwierige, abstrakte Themen diskutierten.
Doch nun sah sie die beiden mit anderen Augen. Sie dachte daran, wie sich Rob noch am letzten Tag seines Lebens um Nell, und was aus ihr werden sollte, gesorgt hatte. Er wollte sie noch immer beschützen, obwohl er hilflos im Bett lag, eine Sauerstoffmaske auf dem Gesicht und einen Ernährungsschlauch in der Nase. Nell wiederum war nicht von seiner Seite gewichen, mit nie erlahmender Geduld, egal, wie unleidlich Rob sich aufführte. Diese Ehe, diese Liebe besaß etwas Stählernes, etwas Unerbittliches, das nichts mit Romantik zu tun hatte oder Blumen am Valentinstag, oder den Ratschlägen in Frauenzeitschriften, wie man das ›Knistern‹ in seiner Ehe am Leben erhält. Es war eine lange, dauerhafte, selbstlose Liebe, so zäh und hart wie ein altes Schiffstau. Und das wollte Daisy.
Sie wollte es mit Tom, glaubte sie – Tom, den sie liebte. Mittlerweile hatten sie so viel gemeinsam durchgestanden … selbst die letzten beiden furchtbaren Tage.
Daisy griff im Dunkeln nach seiner Hand, stieß auf seinen Jackenärmel und tastete sich daran entlang, bis sie seine Finger fand und mit den ihren verwob.
»Was die künstliche Befruchtung betrifft«, begann sie. »Ich denke jetzt, wir sollten einfach sehen, was das Schicksal für uns bereithält und, was immer das auch sein mag, den Konsequenzen gemeinsam entgegensehen. Du hast mir erklärt, dass es für dich heuer noch nicht so günstig ist und das hätte ich respektieren sollen, anstatt dich über den Haufen zu fahren. Zuletzt hat mein fast besessener Wunsch, unbedingt schwanger zu werden, unsere Ehe mehr belastet als die Frage nach Kindern überhaupt.«
Tom räusperte sich. »Soll das heißen, dass du unsere Partnerschaft nun doch nicht beenden willst?«
Daisy drückte seine Finger. »Ja, genau das soll es. Ich hoffe sogar, dass sie jetzt erst richtig in Gang kommt. Jedenfalls fange ich gerade an, das schätzen zu lernen, was ich habe.«
Tom atmete langsam und tief durch. »Ich war in der letzten Zeit ziemlich fertig, Daisy. Ein schlimmer Zustand! Es kam mir vor, als wäre ich zufrieden durchs Leben gegangen, bis du mir plötzlich einen Eimer Eiswasser über den Kopf geschüttet hast. Aber es tut mir Leid, dass ich so grässlich überreagiert habe; ich hätte nicht gleich beleidigt sein sollen, bloß weil du ausgesprochen hast, was du empfindest. Vielleicht hättest du besser eher was gesagt. Aber jetzt glaube ich nicht, dass es wieder so sein kann wie früher.«
Daisy hatte das
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