Suzanna
wieder aufleben lassen möchte. Doch ich verließ die Insel nicht. Ich konnte es nicht. In all diesen Monaten vergaß ich Bianca nicht.
Und dann war es wieder Sommer.
Ich kann nicht beschreiben, was ich empfand, als ich sie auf mich zulaufen sah. Ihre Augen waren von Freude erfüllt. Sie lag in meinen Armen, ihr Mund berührte meine Lippen. Und ich wusste, dass sie genau wie ich gelitten hatte. Sie liebte mich, wie ich sie liebte.
Wir trafen uns täglich in aller Unschuld auf den Klippen, sprachen und lachten miteinander und taten, als wäre der Sommer endlos. Manchmal brachte sie ihre Kinder mit, und dann war es, als wären wir eine Familie.
Wir waren glücklich mit dem, was wir hatten. Nie zuvor in meinem Leben hatte ich glücklichere Tage gehabt. Eine solche Liebe hat keinen Anfang und kein Ende, kennt kein Richtig und kein Falsch. An diesen hellen Sommertagen war Bianca nicht die Frau eines anderen. Sie war mein.
Ein Menschenleben später sitze ich hier und blicke auf das Wasser hinaus. Ihr Gesicht, ihre Stimme kommen so klar zu mir zurück.
Sie lächelte. »Ich habe immer davon geträumt, verliebt zu sein.«
Ich hatte die Nadeln aus ihrem Haar gezogen, damit meine Hände sich darin verlieren konnten. Ein kleiner, kostbarer Genuss. »Träumst du noch immer?«
»Jetzt brauche ich nicht mehr zu träumen.« Sie beugte sich zu mir und drückte ihre Lippen auf meinen Mund. »Ich brauche nie wieder zu träumen, nur zu wünschen.«
Ich griff ihre Hand und küsste sie, und wir beobachteten einen kreisenden Adler.
»Heute Abend findet ein Ball statt. Ich wünschte, du wärest da, um mit mir zu tanzen.«
Ich erhob mich, zog sie auf die Füße und begann, mit ihr durch die wilden Rosen zu tanzen. »Sag mir, was du tragen wirst, damit ich dich sehen kann.«
Lachend hob Bianca mir ihr Gesicht entgegen. »Ich werde elfenbeinfarbene Seide tragen, mit einer tief angesetzten Korsage und einem perlenbestickten Rock, der das Licht einfängt – und meine Smaragde.«
»Eine Frau sollte nicht traurig aussehen, wenn sie von Smaragden spricht.«
»Nein.« Sie lächelte wieder. »Diese Steine sind etwas Besonderes. Ich habe sie seit Ethans Geburt, und ich trage sie, um mich zu erinnern.«
»Woran?«
»Dass ich etwas auf der Welt hinterlassen habe, ganz gleich, was auch passiert. Meine Kinder sind meine wahren Juwelen.«
Als eine Wolke sich vor die Sonne schob, drückte Bianca ihren Kopf gegen meine Schulter »Halt mich fester, Christian.«
Keiner von uns sprach von dem Sommer, der sich so rasch seinem Ende zuneigte, doch ich weiß, dass wir in diesem Moment daran dachten, in dem meine Arme sie hielten und unsere Herzen gemeinsam schlugen. Zorn darüber, was ich so bald verlieren würde, stieg in mir hoch.
»Ich würde dir Smaragde und Diamanten und Saphire schenken.« Ich presste meinen Mund auf ihre Lippen. »All das und noch mehr, Bianca, wenn ich es könnte.«
»Nein.« Sie legte ihre Hände an meine Wangen, und ich sah Tränen in ihren Augen funkeln. »Liebe mich bloß«, sagte sie.
Liebe mich bloß …
7. K APITEL
Holt war erst drei Minuten zu Hause, als er bereits wusste, dass jemand eingebrochen hatte. Er mochte seine Polizeimarke abgegeben haben, aber er besaß noch immer die Augen eines Polizisten. Es war nichts offensichtlich in Unordnung, doch ein Aschenbecher stand näher an der Tischkante, ein Sessel war in einem leicht veränderten Winkel vor den Kamin gezogen worden, eine Ecke des Teppichs war umgeschlagen.
Auch im Schlafzimmer fanden sich Anzeichen. Eine halbe Stunde später hatte er seine Überprüfung beendet. Sein Gesicht wirkte wie versteinert. Die Gemälde seines Großvaters waren bewegt worden, nicht viel, aber genug, um Holt zu verraten, dass jemand sie betrachtet hatte. Und das war etwas, das er nicht dulden konnte.
Wer immer das Haus durchsucht hatte, war ein Profi. Livingston war noch in der Nähe, unter welcher Tarnung er auch auftreten mochte. Jetzt betraf ihn die Sache persönlich.
Holt ging auf die Veranda, saß lange da, streichelte Sadie und starrte auf das Meer. Als sich die Dämmerung herabsenkte, war er endlich so weit, dass er sich selbst etwas eingestehen konnte.
Er folgte dem Vorbild seines Großvaters.
Er verliebte sich in eine Calhoun.
Suzanna lag die ganze Nacht wach und versuchte, nicht an die beiden kleinen Koffer zu denken, die sie gepackt hatte. Wenn ihr das gelang, dachte sie an Holt, doch das raubte ihr ebenfalls den Schlaf.
In der Morgendämmerung war sie
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