Suzannah und der Bodyguard
ich rückwärts aus dem Schrank getreten bin.“
Sie hörte ihn tief Luft holen. „Sie haben sie nicht vielleicht selbst dorthin gelegt und es dann vergessen?“
„Nein.“ Nachdrücklich schüttelte sie den Kopf.
„Die Vordertür … Sie hatten heute Abend Probleme, das Schloss zu öffnen. Ist es immer so widerspenstig?“
„Nein.“ Die Angst fuhr ihr wie ein Pfeil in den Körper, scharf und brennend, als ihr klar wurde, dass sich offensichtlich jemand daran zu schaffen gemacht hatte. Also hatte jemand – ein Fremder? ein verärgerter ehemaliger Mandant? ein wütender Cop? – vor ihrer Tür gestanden, seine Dietriche herausgezogen und das nicht ganz so sichere Schloss ihrer Eingangstür geknackt. Dieser Jemand war ins Haus gekommen, über ihre persischen Teppiche spaziert und hatte Hand an ihr Eigentum gelegt.
„Könnte es die Putzfrau gewesen sein? Irgendjemand, der hier im Haus arbeitet und einen guten Grund gehabt haben könnte, Ihren Schrank umzuräumen?“
„Eine Putzfrau?“ Sie hob eine Augenbraue. „Meist bin ich gar nicht lange genug zu Hause, um irgendwelche Unordnung verursachen zu können.“
Er zuckte die Schultern. „Verzeihen Sie mir meine Skepsis, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tochter des ehemaligen Vorsitzenden des obersten Gerichtshofs selbst die Toilette putzt.“
„Okay, ich habe eine Putzfrau, die sich um die Böden und die Badezimmer kümmert“, gab sie zu. „Die kommt allerdings nur zweimal im Monat. Wie Sie bereits bemerkt haben, ist mir eine gewisse Ordnung sehr wichtig.“
„Liebhaber?“
„Das geht Sie nichts an.“
„Okay. Also kein Liebhaber.“
Mit zusammengebissenen Zähnen streckte sie die Hand nach einer Gucci-Sandale auf dem Boden aus, wurde jedoch sofort von ihm am Oberarm zurückgehalten.
„Fassen Sie nichts an. Die Spurensicherung wird sich das bestimmt ansehen wollen.“
Spurensicherung. Ihr krampfte sich der Magen zusammen. Polizisten? Die überall in ihrem Schlafzimmer herumschnüffelten und ihre Schuhe über und über mit diesem Pulver bestreuten, mit dem man Fingerabdrücke nehmen konnte. Vor ihrem geistigen Auge konnte sie schon sehen, wie sie sich über sie lustig machten.
„Nein. Keine Polizei.“ Sie befreite ihren Arm aus seinem Griff, ging hinüber zu der Kommode aus Kirschbaumholz und zog eine Schublade heraus.
„Verdammt noch mal, Suzannah! Wenn Sie recht haben, ist jemand in Ihr Haus eingebrochen und hat sich in Ihrem Schlafzimmer aufgehalten. Wenn Ihnen das keine Angst macht, dann …“
„Verdammter Mist.“
„Was?“
Mit einem Mal stand er neben ihr. Unbeholfen schob sie die Schublade mit ihrer sorgfältig gefalteten Unterwäsche wieder zu. Die Unterwäsche, die jetzt nicht mehr so da lag, wie es sein sollte.
„Auch Ihre Unterwäsche?“
„Sieht so aus.“
Er fluchte ausgiebig. „Okay, jetzt melden wir es.“
„Nein, das machen wir nicht.“ Sie umklammerte seinen Unterarm, um ihn zurückzuhalten, löste ihren Griff jedoch schnell wieder, da sie die angespannten Muskeln, die sie deutlich unter ihren Fingern fühlen konnte, leicht aus der Fassung brachten.
„Suzannah, es handelt sich hier um ein Verbrechen …“
„Erst wenn ich es melde und Anzeige erstatte.“
„Warum zum Teufel möchten Sie keine Anzeige erstatten?“
Plötzlich fühlte sie sich müde. Müde und überraschenderweise den Tränen nahe. „Das haben wir doch alles schon durchgekaut, John.“
„Den Teufel haben wir. Sie müssen …“
Sie schnitt ihm mit einer erhobenen Hand das Wort ab. „Okay, sagen wir, ich rufe die Cops. Die Jungs kommen vorbei, sichern hier im Haus Fingerabdrücke, nehmen auch meine . Sie und ich wissen allerdings genau, dass dieser Typ, wenn er schon mein Schloss geknackt hat, mit Sicherheit auch schlau genug war, Handschuhe zu tragen. Sollte er darauf verzichtet haben, dann besteht nicht die geringste Chance, dass wir seine Abdrücke in der Datenbank finden. Ein Krimineller wäre nicht so unvorsichtig.“
„Aber wenn wir später jemanden festnehmen, dann können wir die Abdrücke abgleichen …“
„Sollten Sie später jemanden festnehmen, gehe ich davon aus, dass Sie das tun, weil er ein Verbrechen begangen hat. Und falls Sie ihn auf frischer Tat ertappen, haben Sie für besagtes Verbrechen auch ohne die Abdrücke, die man heute hier nehmen könnte, genügend Beweise.“
„Aber …“
„Kein aber. Wenn wir heute die Cops rufen, bin ich kein Stück klüger, wer hier eingebrochen haben könnte.
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