Suzannah und der Bodyguard
Krankenhaus.
„Das willst du nicht wissen.“
Er versuchte, ihren Blick aufzufangen, doch sie hielt den Kopf gesenkt. Glaubte sie wirklich, sie könnte etwas sagen, das ihn schockieren würde? „Liebling, solange es nicht mit Nekrophilie zu tun hat, habe ich es vermutlich schon mal gehört.“
Sie biss sich auf die Lippe. „Erinnerst du dich noch, als ich dich bei dem Grillabend von Ray und Grace nach Constable Newman gefragt habe?“
„ Herrgott noch mal .“
„Siehst du?“ Ihre Augen blitzten. „Ich habe dir gesagt, du willst es nicht wissen.“
Er atmete tief durch und kämpfte die von seinem Magen aufsteigende Übelkeit nieder. „Okay. Erzähl weiter. Ich werde dich nicht unterbrechen.“
Sie blickte starr geradeaus, während sie sprach. „Ich hatte mein Weinglas einige Minuten lang unbeaufsichtigt auf dem Tisch stehen lassen, und als ich zurückging, um es zu holen, wies er mich extra darauf hin, dass ich so etwas besser nicht tun sollte. Dass mir jemand etwas in das Glas kippen könnte. Dass Rohypnol sogar in einer Kleinstadt wie Fredericton nicht unbekannt ist.“
Scheiße . „Vielleicht wollte er dich nur auf freundliche Weise warnen.“
„Vielleicht.“
„Hattest du ein komisches Gefühl bei ihm?“
Sie kniff die Augenbrauen zusammen. „Ich weiß nicht.“
„Du weißt nicht? Suzannah, entweder war es so oder nicht.“
„Okay, ja, es war so.“ Sie wandte sich ihm zu und sah im direkt in die Augen. „Aber es war mehr so, als wollte er mir nur eins auswischen, als wollte er der Eisprinzessin eins reinwürgen. Aber jetzt …“ Sie zuckte mit den Schultern und ließ ihre Worte ausklingen.
Quigg stieß einen leisen Fluch aus. Ihr Blick glitt hinunter zu ihren Händen, die sie im Schoß verschränkt hatte. Doch da hatte er bereits diesen Ausdruck in ihren Augen gesehen. Resignation? War es das?
Ach zum Teufel noch mal. Sie dachte, er würde ihre Bedenken nicht ernst nehmen und sich automatisch auf Newmans Seite stellen.
Was er noch eine Woche vorher getan hätte. Was er selbst jetzt tun sollte . Der Gedanke versetzte ihm einen Schock.
Das ungeschriebene Gesetz verlangte geradezu, dass seine Loyalität vor allem seinen Kollegen galt, und das hatte auch seinen Grund. Ein Cop musste sich auf einen anderen Cop verlassen können, wenn es brenzlig wurde. Von dem Moment an, in dem man gegen diesen Kodex verstieß, konnte man sich auch nicht mehr hundertprozentig sicher sein, dass man sich selbst weiterhin auf seine Kollegen verlassen konnte. War er bereit, das zu riskieren?
Sein Blick wanderte wieder zu ihrem Gesicht, doch sie schien vollständig damit beschäftigt zu sein, ihre Hände zu studieren. Ihre Haare hatte sie zu einem dieser lässigen Knoten hochgesteckt, sodass die schlanke, verletzlich wirkende Linie ihres Halses deutlich sichtbar war. Er legte eine Hand auf ihre, und sie sah schnell zu ihm auf.
„Ich werde mich darum kümmern“, hörte er sich sagen.
„Danke.“
Nur ein Wort. Ein einfaches Danke. Andererseits war nichts einfach, angesichts der Welle der Gefühle, die ihn beinahe mit sich riss, als ihre Blicke sich trafen, einander festhielten.
War er bereit, das zu riskieren? Hatte er sich das eben wirklich gefragt? Gott stehe ihm bei, vielleicht hatte er schon den Punkt überschritten, an dem er noch zurück konnte. Es kostete ihn große Anstrengung, seinen Blick von dem ihren zu lösen. Dann legte er den Gang ein und setzte mit dem Wagen rückwärts aus dem Parkplatz.
***
Während der Fahrt zurück zu ihrem Haus schwiegen sie. Von Zeit zu Zeit warf Suzannah einen verstohlenen Blick zu John hinüber. Im Profil wirkte sein Gesicht düster, hart, abweisend. Doch ein paar Sekunden lang – Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit ausdehnten – hatte sie das drängende Verlangen in seinen Augen gesehen, das ebenso tief und erschreckend war wie ihr eigenes.
Die Zeit war reif.
Ihr Herz machte einen Satz in ihrer Brust, als ihr das klar wurde. Im Laufe der letzten Wochen hatte sich das Gleichgewicht langsam und fast unmerklich verschoben, bis alles in diesen Moment mündete. Den Moment, in dem ihr Verlangen, diesen Mann haben zu wollen, ihn zu besitzen und von ihm besessen zur werden, stärker war als ihre Furcht.
***
An der Tür wurden sie von Bandy begeistert empfangen. Sein massiger Körper wedelte im Takt mit seinem hin und her schwingenden Schwanz. Suzannah bückte sich zu ihm hinunter, um ihn gründlich zu kraulen, bevor er auf die Idee kommen konnte, dies
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