Svantevit - historischer Roman (German Edition)
gespannt.
"Wir fahren nach Südosten, bis nach Krakau und kehren im nächsten Jahr über Pommern hierher zurück."
"Nicht nach deutschen Landen?"
"Nein, das liegt nicht auf unserer Strecke."
"Schade, ich spreche nämlich ein recht gutes Deutsch."
"Du wirst mir immer unheimlicher Junge!"
"Am liebsten würde ich dir diese Sache ausreden! Aber ich weiß ja, dass das sinnlos ist."
Radiks Mutter war nicht wohl bei dem Gedanken, ihren Sohn auf einer derartig langen Reise zu wissen.
"Ich kann dich auch nicht verstehen, Junge", meinte gleichfalls der Vater, "Erst diese fixe Idee mit der Tempelgarde und kaum meint man, dies sei nun vorbei, willst du uns plötzlich ganz verlassen."
"Es ist doch nur für ein Jahr. Ich reise in einer größeren Gruppe von Kaufleuten. Dort kann mir nichts passieren." wollte Radik sie beruhigen.
Rusawa hatte den ganzen Tag noch kein Wort gesagt und sah Radik nur mit großen traurigen Augen an.
"Ich bring dir auch etwas von dort mit", flüsterte er ihr zu, aber ihre Miene erhellte sich nicht.
"Ein Kaufmann aus Krakau also und eine Kaufmannsschule hat er auch besucht. Du hättest es wahrlich schlechter treffen könne!"
Womar strahlte, als stünden ihm nun selbst angenehme Veränderungen ins Haus.
"Wann soll die Reise losgehen?"
"Morgen, in aller Frühe."
"So bald schon? Nun ja. Kaufleute hält es nie lange an einem Ort. Wer wüsste dies besser als ich. Ich werde diesem Kaufmann, Pritzbur sagtest du sei sein Name, mal einen Besuch abstatten. Am besten mache ich das jetzt gleich, denn es wird früh wieder dunkel. Wartet heute Abend nicht auf mich. Ich werde bei Ludisa nächtigen, deren Haus nahe der Gastwirtschaft liegt."
Sehr behände zog sich der Alte warme Sachen an und verließ die Hütte.
"Nun hast du das ganze Deutsch umsonst gelernt, wenn du zu den Polen fährst", sagte Kaila und zwang sich zu einem Lächeln.
"Ich werde mich schon zu verständigen wissen."
Beiden war nicht wohl bei dem Gedanken, den anderen ein Jahr nicht sehen zu können und verlegen schwiegen sie sich an.
"Und wenn ich nicht fahre?", fragte Radik schließlich.
"Wo denkst du hin? Bald wird es wärmer, dann ist es schon Sommer, ein kurzer Herbst und beim nächsten Heringsmarkt bist du wieder hier."
Sie konnte ihre Traurigkeit nur schlecht überspielen.
"Außerdem begegnen dir unterwegs sicher viele junge hübsche Mädchen, so dass du mich bald …"
Er ließ sie verstummen, indem er seine Lippen auf die ihren presste.
Sie verbrachten eine letzte Nacht zusammen, die ihnen Womar durch sein Fortbleiben ermöglicht hatte, und am nächsten Tag brach Radik mit einem Tross von Handelsleuten auf.
KAPITEL III
Roskilde, Dänisches Königreich, anno 1157
Aus Spiel wird Ernst
Der Schauplatz der Auseinandersetzung war gut zu übersehen. Die sich gegenüberstehenden Heere glichen einander in Aufstellung und Stärke. Sie gehörten dem dänischen König Svend und seinem Rivalen Knud, beide waren Vettern. Keine Bewegung, Vormarsch oder Rückzug, würde dem Gegner verborgen bleiben. Um den Sieg zu erringen, war allein das taktische Geschick der Heerführer entscheidend.
Nach einer Weile des respektvollen Verharrens, bewegten sich die ersten Truppenteile aufeinander zu. Während Svends Heer nach und nach in breiter Front mit den Haupttruppen voranrückte, schickte sein Kontrahent Knud ihm in den Flanken schnellere Einheiten entgegen.
Nachdem es die ersten Verluste gegeben hatte, die Knud durch raschen Angriff und Rückzug gelungen waren, wurde das Vorgehen auf beiden Seiten vorsichtiger. Svend war gewarnt und brachte sein Herr derart in Position, dass sich Truppenteilen so gut es ging gegeneinander abdeckten und erneute Blitzangriffe für Knuds Truppen tödlich verlaufen wären.
Doch durch die ersten Verluste waren Lücken entstanden, die nur dadurch zu schließen waren, dass Svend Knuds Angriffspläne durchschaute und rechtzeitige Stellungswechsel veranlasste. Ein Katz-und-Maus-Spiel begann. Knud suchte eine Lücke und Svend war bemüht, ihm eine solche nicht zu bieten. Die Heere standen sich in noch großem Abstand gegenüber. Zwischen ihnen war ein gut zu überblickendes Feld. Beide Gegner agierten und reagierten nun mit kleineren Truppen, die zu schnelleren Bewegungen und überraschenderen Richtungswechseln als das Hauptheer fähig waren.
Nach einer Weile sah Knud ein, dass ihm die anfängliche Schwächung von Svends Heer nun keinen Vorteil bot, da sich dieser
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