Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Anspielung auf einen gemeinsamen Vater betraf, so war das eine ebenso unbeabsichtigte, wie unverschämte Beleidigung durch den Sachsen. Es war zwar durchaus nicht unüblich, dass die Herrschaften uneheliche Kinder hatten. Die Mutter des Niederländers war allerdings keine Bedienstete oder gewöhnliche Gemeine, sondern aus angesehenem Adel und eine derartige Bemerkung konnte unter anderen Umständen schnell in einer handfesten Auseinandersetzung enden.
"Darüber habe ich mir natürlich auch schon Gedanken gemacht, wie wir unbemerkt den Spieß umdrehen und uns selbst heimlich ein wenig umsehen könnten. Viele Männer können wir sowieso nicht entbehren, solange wir nicht wissen, was der Feind wo macht. In unserer näheren Umgebung werden einige als Jäger oder Holzfäller getarnte Trupps von Kriegern nach dem Rechten sehen, dass wir nicht überrascht werden. Für einen etwas größeren Streifzug habe ich euch vorgesehen, Graf vom Freien Berg. Den da nehmt ihr mit, er ist ja auch so meist in eurer Nähe."
Heinrich wies auf Ronald.
"Außerdem dürfte er schon ein wenig Erfahrung haben und sehen kann er auch mehr als die Meisten, immerhin ist er gut einen Kopf größer als ein normaler Christenmensch und damit fast zwei Häupter länger als ich." Machte der Herzog in Anspielung auf seine geringe Körperhöhe einen Scherz auf eigene Kosten und lachte schallend, wobei alle Anwesenden, seine Eitelkeit kennend, darauf achteten, es ihm nicht gleich zu tun.
Jedenfalls war jetzt die Katze aus dem Sack, was Christian betraf. Seine Aufgabe war es, mit einsetzender Dunkelheit, tiefer in das feindliche Gebiet nach Osten vorzudringen und möglichst noch in der Nacht den Sund zu erreichen. Nahe genug waren sie schon, wie Pribislaw versicherte. Dort gab es eine größere Siedlung mit Markt, Handwerkern und einer Fährstation, die alle Händler, welche auf die Insel wollten, hier, an der schmalsten Stelle der Meerenge, übersetzte. Sie sollten erkunden, ob es sich durch ein günstiges Verhältnis von Gegenwehr und Beute, lohnen könnte, vor dem Rückzug mit einigen erprobten Reitern einen Überfall durchzuführen.
´Bloß gut, dass wir uns vorhin noch ein wenig ausgeruht haben.´, dachte Christian, dem klar wurde, dass sie nun die ganze Nacht und vielleicht auch noch den morgigen Tag im Sattel verbringen würden.
Dass Ronald wieder einmal Recht behielt, in seiner Vermutung über den Auftrag, den der Herzog für sie vorgesehen hatte, dämmerte ihm beim Verlassen des Zeltes. Er schaute seinen Freund, der neben ihm ging kurz an, grinste und schüttelte gleichzeitig den Kopf.
"Was?", fragte der erstaunt.
"Ach, nichts!", erwiderte Christian, der sich auch an den Rat erinnerte, nicht zu viel von dem schweren Wein zu trinken, den der Herzog aufzutafeln pflegte. Er hatte sich, wie er glaubte, eigentlich auch daran gehalten, nur hin und wieder, schon allein wegen der Hitze und des salzigen Bratens, einen kleinen Schluck genommen. Als sie sich jetzt aber von Heinrichs Zeltlager in Richtung ihres Planwagens, der neben der Pferdekoppel stand, entfernten, fühlte er sich ganz benommen. Sein Kopf schien schwer und nahm alle Geräusche nur gedämpft wahr, so als wäre er in eine dicke Wolldecke gewickelt. Die untergehende Sonne ließ, kurz bevor die Dämmerung einsetzte, noch einmal alle Farben in einer rötlichen Grelle erstrahlen, die Christian die Augen zusammenkneifen ließ.
"Bloß gut, dass wir endlich raus sind aus diesem Backofen!"
Ronald blieb stehen, streckte das Kreuz durch und reckte die Arme in die Höhe, so wie man es nach dem Erwachen tut, um die Müdigkeit aus den Gliedern zu verscheuchen.
"Viel länger hätte ich es kaum ausgehalten! Ich habe solch einen Durst und die feinen Herren tischen Wein auf, als wären wir auf einer Hochzeit!"
"Dass ich dich so etwas einmal sagen hören würde, hätte ich nicht gedacht, du bist doch sonst kein Kostverächter!"
"Da hast du natürlich Recht. Ich habe auch in Zukunft nicht vor, in muselmanischer Abstinenz zu leben, aber die Vernunft sollte über allen anderen Sachen stehen, auch wenn dir diese Worte von mir vorkommen, wie der Vortrag eines Juden über die Heilige Dreifaltigkeit. Es gibt für alles seine Zeit und jetzt ist eindeutig der Moment dafür, Wasser zu trinken. Beeilen wir uns, die Sonne geht bereits unter, wie ich vorhin schon vermutete."
Er zwinkerte Christian zu.
"Also, ich weiß nicht, was du jetzt machst, ich jedenfalls trinke erst einmal einen ganzen Eimer Wasser und
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