Svantevit - historischer Roman (German Edition)
bedeutungsvoller Miene um und richtete seinen Blick dann wieder auf Radik.
"Es ist zuerst ein Dienen und eine Pflichterfüllung. Der Treueschwur bindet den Ritter bei seinem Leben an den Lehnsherrn, dem er den Waffendienst schuldet. Wo er nur kann, muss er den Schwachen, den Witwen und Waisen seinen Schutz angedeihen lassen. Zudem soll er ein frommes Leben führen, gottgefällig und wahrhaft christlich, so wie es jedem Gläubigen zur Ehre gereicht, denn letztlich ist sein Dienst ein Dienst an unser aller Herrn. Nur wer diese Pflichten nicht als Last empfindet, sondern deren Erfüllung von ganzem Herzen anstrebt, ist ein würdiger Rittersmann."
Ein feierliches Schweigen setzte ein und von den beeindruckten Mienen war einhellige Zustimmung abzulesen.
"Und zu den höchsten Tugenden ist zu zählen, einer ehrbaren Frau zu huldigen und unbedingte Treue zu schwören. Wohl dem Ritter, der nicht nur die Waffen beherrscht, sondern sich auch auf das Schmieden der Reime oder gar das Musizieren, kurzum die Kunst der Minne versteht."
Mit einem Kopfnicken bedeutete der Markgraf den Musikern, mit ihrem Vortrag fortzufahren, woraufhin diese nach einer Verbeugung ihre Instrumente ergriffen.
Was Radik über die Ritter gehört hatte, beeindruckte ihn tief. Ein Krieger, der sein Ansehen nicht allein seiner Kampfeskunst verdankt, sondern dessen gesamte Lebensweise von jedermann hoch geachtet wird. Er dachte daran, wie sein Vater vor einiger Zeit ungehalten gewesen war, als er von seiner Absicht erfahren hatte, der Garde der Tempelburg beizutreten, als sei dies ein geradezu ehrloses Handwerk.
Am nächsten Morgen wurde Radik schon sehr zeitig gemeldet, dass drei Männer gekommen seien, die ihn abholen wollten. Etwas verwundert rieb er sich die noch müden Augen, als er Lagomir mit zwei Männern im Burghof sitzen sah.
"Du!?", entfuhr es ihm.
"Guten Morgen erstmal", sagte Lagomir mit einem Lächeln und reichte Radik zum Gruße die Hand, "Ich weiß, dass du uns eigentlich in Ohlau aufsuchen wolltest, hielt es aber für das Beste, dich von der Burg abzuholen, so können wir uns nicht verfehlen."
Radik guckte etwas verdutzt. Die Männer neben Lagomir waren ihm nicht bekannt.
"Dann lasst uns zunächst anständig frühstücken, wer weiß, wann es wieder so reichlich zu tafeln gibt."
Lagomir war von geradezu ausgesuchter Höflichkeit, während die beiden anderen Männer kaum redeten, sich aber umso eifriger über das Essen hermachten.
"Der Tross hat genau drei Tage Vorsprung. Ich denke, wir könnten die Wagen schon morgen Abend eingeholt haben. Den Weg nach Krakau kenne ich bestens, so dass wir uns nicht vertun können", unterrichtete Lagomir Radik, "Pritzbur hat mir sogar Geld für den Fall mitgegeben, dass eines unserer Pferde schlapp machen sollte und wir ein neues Tier erwerben müssen. Aber ich denke, es wird alles gut gehen."
Radiks Verwunderung wollte nicht weichen. Warum sollte Pritzbur ausgerechnet Lagomir beauftragt haben, ihn zu begleiten, wo er doch wusste, dass ihr Verhältnis mehr als gespannt war. Andererseits war er nach dem Vorfall mit der Peitsche vor allen Gehilfen ernstlich verwarnt worden und Lagomir war wohl kein Dummkopf, der seine Stellung riskieren wollte. Auch kannte er sich, wie er gerade kundgetan hatte, bestens mit dem Weg aus. Die Freundlichkeit wirkte auch nicht gestellt, so dass Radik ihm sicher vertrauen konnte und dies wohl oder übel auch musste.
"Dich wundert vielleicht, warum Pritzbur gerade mich dazu bestimmt hat, dich abzuholen", meinte Lagomir, als hätte er die Gedanken gelesen, "Sicher werden wir nie Freunde. Aber meine Arbeit habe ich stets zuverlässig verrichtet. Und so will ich es auch jetzt halten."
´Das klang ehrlich.´ dachte Radik.
Bald schon machten sie sich auf den Weg.
Lagomir war von ausgelassener Stimmung und erklärte Radik in einem nicht enden wollenden Redeschwall die schlesische Gegend. Er berichtete von Breslau, welches Radik nun ja leider nicht betreten hatte, was wirklich bedauerlich sei. Die beiden anderen Männer blieben stumm und wirkten irgendwie angespannt.
Gegen Abend, als man sich nach einem Quartier umsehen musste, gab Lagomir zu verstehen, dass er schon genau wisse, wo man die müden Häupter betten könne. Dennoch blickte er sich immer wieder um, als suche er nach etwas.
Als die Dämmerung bereits den größten Teil des Tageslichtes verdrängt hatte, erreichte man schließlich eine Hütte an einem Waldrand, die einen nicht gerade einladenden Eindruck
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