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Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Svantevit - historischer Roman (German Edition)

Titel: Svantevit - historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai M. Jakobi
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Pferd", sagte Rusawa, die unbemerkt hinzugetreten war.
    Rusawa hatte ihre Pelzsachen ausgezogen, schwitzte aber mächtig. Womar schickte sie deshalb zurück ins Haus und sie reagierte, zu Radiks Verwunderung, ohne jedes Widerwort.
    Nach dem Abendessen war Rusawa sofort eingeschlafen. Radik und Womar saßen am Tisch bei gedämpftem Kerzenlicht, welches bisweilen unruhig flackerte. Womar bot Radik einen Becher warmen Met an. Dies hatte er bereits beim Abendessen getan, was Radik allerdings dankend abgelehnt hatte. Rusawa hatte Womar daraufhin erklärt, dass Radik doch noch ein Junge sei und kein Mann und ihm deshalb der Met nicht schmecke. Aber dem Ferok, so hatte sie hinzugefügt, der ein Freund von Radik und in dessen Alter sei, dem schmecke Met, was ja eigentlich verwundere.
    Diesmal nahm Radik Womars Angebot an und der Alte tat zum Met noch einen Löffel Honig in den Becher.
    "So mundet er sicher besser."
    Radik sah den Alten an. Dessen Güte war ihm fast etwas unangenehm. Sicher hätte auch jeder andere die zwei aus dem Eisloch befreit oder es zumindest versucht. Womar hatte sie aber auch mehr als reichlich aus seinen Wintervorräten bewirtet und war, wie Rusawa versichert hatte, drei ganze Tage nicht vom Stuhl an Radiks Bett gewichen, als das Fieber bedrohliche Höhen erreichte.
    "Met ist schon ein sehr altes Getränk und wenn du dich erst an ihn gewöhnt hast, wirst du ihn nicht missen wollen. Natürlich alles zu seiner Zeit und in Maßen."
    Er hob den Becher. Auch Radik nahm einen vorsichtigen Schluck und musste zu seiner Verwunderung feststellen, dass der Met durch den kleinen Löffel Honig zwar nicht ausgesprochen köstlich, aber immerhin gut genießbar geworden war.
    "Dein Schwesterchen meint, du seiest noch ein Junge. Aber in deinem Alter geht die Entwicklung schnell."
    "Und du denkst, da sollte ich schnellstens mit dem Mettrinken anfangen."
    "Nein, nein! Aber ein Becher schadet nicht und einen zweiten wirst du von mir nicht bekommen. Als du so krank daniederlagst, konnte dein Schwesterchen nur schlecht in den Schlaf finden. Ein großer Löffel Met hat da Wunder getan."
    Er hob andächtig den Becher empor und seine feuchten Augen glänzten im Schein des Talglichtes.
    "Dies ist auch eine Art medicina!"
    "Medicina?"
    "Ein Saft, der die Gesundheit stärkt."
    "Wenn die Männer bei uns im Dorf zuviel davon getrunken haben, sehen sie alles andere als gesund aus."
    "Oh, das musst du bedenken. Die Wirkung ändert sich mit der Menge, welche man zu sich nimmt. Nicht nur beim Met."
    Er wies auf das Regal mit den Kräutern.
    "Es gibt kein wirklich gutes Kraut, das mit steigendem Verbrauch immer besser wird."
    Er entnahm einem Topf eine Handvoll getrocknete Blüten von stechend gelber Farbe.
    "Eine dieser Blüten macht dich gesund. Zwei Blüten lassen dein Herz stillstehen."
    "Aber die Wirkung des Giftes wird sich bei den einzelnen Menschen noch unterscheiden. Ein Mann wie mein Vater wird wohl mehr Gift vertragen, als mein kleines Schwesterchen."
    "Natürlich."
    Womar war über Radiks Interesse sichtbar begeistert.
    "Ein Ochse verträgt mehr, als ein Kalb."
    Beide lachten über den Vergleich von Radiks Vater mit einem Ochsen, der Womar freilich unbeabsichtigt unterlaufen war.
    "Es gibt unzählige Schriften, denen man entnehmen kann, wie ein Kranker gesunden und ein Gesunder vom Leben zum Tod befördert werden kann. Oft kommt es auf Kleinigkeiten an."
    "Schriften?"
    "Ja, Bücher – ganze Bibliotheken."
    Der Alte holte mit den Armen weit aus, bemerkte dann aber, wie Radik ihn verständnislos ansah.
    "Ach, das sollte ich vielleicht kurz erklären", meinte er und grübelte kurz.
    Dann ging er durch den Vorhang in den anderen Raum und kam mit dem merkwürdigen Gegenstand wieder, der aus den vielen, mit Zeichen versehenen Blättern bestand. Er legte ihn in die Mitte des Tisches, rückte die Kerze etwas näher heran und gab mit langsamen, betonten Worten bekannt: "Dies ist ein Buch!", wobei seine feuchten Augen noch mehr glänzten.
    Seine Hand strich über das Leder und berührte nacheinander die vier metallbeschlagenen Ecken, als gelte es, ein Tier mit Berührungen zu besänftigen. Radik blickte gespannt auf den Alten, der außer dem Buch nichts anderes mehr wahrzunehmen schien und obwohl auch Radik zunächst wie hypnotisiert auf das Buch starrte, bemächtigte sich bald eine Unruhe, ein ungeduldiges Drängen seiner. Doch noch bevor er eine Frage an Womar richten konnte, blickte dieser plötzlich auf, als habe er sich in die

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