Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
davonzusegeln. Der Lotse war wie ein einfacher Fischer gekleidet. Er war etwa dreißig Jahre alt und sprach einen Dialekt, den Sven schwer verstand.
»Wir sollten die Bucht mit Ostkurs verlassen und tagsüber außer Sicht des Landes sein«, schlug der Lotse vor. »Ich hoffe, sie haben einen Platz für mich, wo ich mich ein wenig hinpacken kann«, fügte er hinzu.
»Wir haben auch eine weiche Unterlage und eine Decke für Sie. Auch Essen und Trinken, wann immer Sie es wünschen. Hauptsache, Sie bringen uns morgen sicher hin.«
Der Lotse grinste. »Keine Sorge!«
Sven stand wieder neben dem Lotsen, als sie am späten Abend in Saint George’s Harbor einliefen, jene insel- und landzungenreiche Bucht zwischen Saint-George’s-Insel und Saint-David’s-Insel.
»Dort die Lichter auf halber Höhe gehören zu einer Plantage aufder kleinen Insel. Jene dort am Wasser sind die Fischerhütten der gro- ßen Insel. Wenn Sie beide im rechten Winkel sehen, haben Sie den richtigen Punkt für Kurs Ost.«
Sven fragte nach: »Die Lichter brennen aber doch nicht die ganze Nacht?«
»Nein«, antwortete der Lotse. »Entweder Sie laufen rechtzeitig ein, bevor die Leute ihre Feuer löschen, oder Sie müssen auf eine mondhelle Nacht warten.«
Steuerbord voraus tauchten die Lichter von Saint George auf, der Hauptstadt.
Das ist ja ein kleines Kaff, dachte Sven. Da kann Seeleuten nicht viel geboten werden. Na ja, wenn die ganze Inselgruppe nur etwa zehntausend Einwohner hatte, konnte man nicht viel erwarten.
Am Bug rief einer eine Warnung. Joshua kam angelaufen.
»Wir hätten beinahe ein Fischerboot gerammt.«
Vom Fischerboot rief sie jemand an. Der Lotse antwortete. Dann beruhigte er Sven.
»Keine Sorge! Die sind von uns.«
»Haben Sie eine britische Garnison auf den Inseln?«, fragte Sven.
Der Lotse verneinte. »Nur die Miliz, aber die sollte auch bald schlafen bei so viel Schlafmittel, wie man in ihren Wein tun wollte.«
Sie ankerten an einer kleinen Landzunge, die wie ein natürlicher Kai geformt war.
»Nun können Sie mit Ihren Leuten das Pulver holen, Mr Larsson«, flüsterte der Kapitän. »Seien Sie vorsichtig!«
Sven stieg mit zehn Leuten an Land. Zwei hatten Musketen, die anderen Entermesser und Pistolen. Der Lotse führte sie. Am Ufer ahmte er einen Eulenschrei nach. Von Land her ertönte Antwort.
Dann huschten zwei Gestalten heran. Joshua hatte schon sein Messer gezogen, aber dann erkannten sie den Mann, der das Salz geholt hatte.
»Alles klar«, raunte er. »Die Wachen schlafen.«
»Wie viel Mann sind es denn?«, fragte Sven.
»Sechs, aber Sorgen machte uns immer nur der Sergeant, ein kampferprobter, bulliger Kerl.«
Sie stapften etwa hundert Meter leicht aufwärts.
»Wie sollen die Fässer transportiert werden?«, erkundigte sich Sven.
»Wir haben zwanzig Männer mit Tragen. Wenn Ihre Leute auch anpacken, sollten wir alles in einer Stunde hinter uns haben.«
Dann sahen sie den umzäunten Schuppen mit einer Hütte an einer Ecke.
»Dort schläft die Wache. Lassen Sie die Hütte bewachen. Wir fangen jetzt mit dem Transport an.«
Sven teilte sechs Mann ein. Joshua war unter ihnen. Er flüsterte: »Ich brauche keine Trage. Ich nehme das Fass auf die Schulter.«
»Lass das!«, entschied Sven. »Es sind genug Tragen da. Du brauchst dir nicht die Knochen zu ruinieren.«
Sven schritt das Gelände ab, während die Männer schleppten. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Die Ohren hörten Geräusche, die ihnen auf See unbekannt waren. Dort schrie ein Nachtvogel. Hier huschte eine Maus. Eine Eule rief. Ein Hund bellte.
Sven fiel ein, dass die Wachen mit den Musketen ja mit Trägern tauschen konnten, und er winkte zwei Seeleute heran, die nun die Musketen übernahmen.
»Das hätte ihm auch früher einfallen können. Wir sind ja fast fertig«, tuschelte der eine dem anderen ins Ohr.
Plötzlich krachte die Tür der Hütte auf. Ein kräftiger Kerl schwankte im Eingang und wollte sich mit einem Fidibus eine der Zigarren anzünden, die in der Karibik beliebt waren.
»He, was ist da los?«, lallte er. Endlich brannte seine Zigarre, und er warf den Fidibus auf den Boden.
Er stapfte auf den Pulverschuppen zu und brüllte: »Was macht ihr da? Weg da!«
Mitunter war er nicht zu verstehen, da er lallte. Aber unbeirrt stapfte er mit dem Starrsinn des Betrunkenen auf die Tür des Schuppens los. Sven rannte von der Seite auf ihn zu. Mein Gott, wie sollte er den Bullen stoppen, ohne ihn zu töten? Es
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