Switching Places 01 - Spiel Mit Der Leidenschaft
und dann hatte sie gehört, was Rumbelow gesagt hatte.
Die Tiara. Sie musste die Tiara zurückholen. Warum, oh, warum nur hatte sie Vater vertraut, als er gesagt hatte, er werde sie nicht verspielen?
Wie konnte er die kostbare Tiara, ein Familien-Erbstück, das von Queen Elizabeth der Ersten stammte, zu einer Kartenpartie vorausschicken, wenn er nicht einmal wusste, ob sein Gastgeber verlässlich war? All diese Spieler schienen von blindem Vertrauen befallen.
Warum nur hatte sie nicht nachgesehen, ob die Tiara noch sicher zu Hause im Safe lag, sie herausgeholt und versteckt? Jetzt musste sie, falls Vater nicht bis morgen Mittag aufkreuzte, Gabriel auffordern - nein, ihn bitten - sie ihr zurückzugewinnen.
Nie hatte sie sich so gewünscht, ihren Pflichten entfliehen zu können.
Eine raue Männerstimme rief nach ihr. »Miss de Lacy! Warten Sie, Miss!«
Sie drehte sich um und entdeckte den Mann, den sie gestern auf der Auffahrt gesehen hatte, den Mann, der sie so rüde angestarrt hatte.
Er holte zu ihr auf.
Erstaunt und ein wenig verunsichert, dass er ausgerechnet sie ausgesucht hatte, fragte sie: »Ja? Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Alles ist in Ordnung, Miss. Ich dachte nur, Sie und ich könnten ein Stück zusammen gehen.« Sein breiter Mund bog sich, und seine blauen Augen verzogen sich zu etwas, das er vermutlich für ein charmantes Lächeln hielt.
Seine Zähne waren fleckig braun, und er spuckte einen Schwall Tabak aus dem Mundwinkel ins Gras neben dem Weg. Sie fragte sich angewidert, ob das wohl seine Vorstellung von gesellschaftlichen Umgangsformen war: die Untergebenen anspucken und von den Damen wegspucken.
Sie erinnerte sich nur allzu gut an seine lüsternen Blicke am Tag zuvor, heute hatte sie ihn die Gäste mit dem abschätzigen Blick eines Taschendiebs beobachten sehen - und sie hegte keinen Zweifel, dass er vor nicht allzu langer Zeit dieser Beschäftigung nachgegangen war.
»Gefällt Ihnen, was Sie sehen, Miss?«, lachte er, und sein nach Gin riechender Atem schlug ihr ins Gesicht.
Es lag ihr auf der Zunge, ihn wegzuschicken, doch dann betrachtete sie die lange Reihe der Gäste, die sich in kleinen Grüppchen die Straße hinaufbewegten. Sie sah Thomasin angeregt mit einem jungen Mann flirten. Sie sah Gabriel mit auf den Rücken gelegten Händen neben Mr. Payborn gehen und zuhören. Ganz vorne glänzte Mr. Rumbelows goldenes Haar im Sonnenschein.
Aber keiner war in der Nähe. Da war keiner, der sie hätte retten können. In Wahrheit stellte der Kerl keine wirkliche Gefahr dar, und Madeline de Lacy rühmte sich, eine Gelegenheit zu erkennen, wenn sie sich bot, und das war eine Gelegenheit. Der Bursche war ein wenig angetrunken. Er war noch gut zu Fuß. Er sprach noch deutlich. Aber vielleicht benebelte ihn der Alkohol. Vielleicht konnte sie etwas über Mr. Rumbelows Herkunft und seine Pläne in Erfahrung bringen, wenn sie ihn mit der richtigen Finesse ausfragte. »Sie dürfen mich begleiten, wenn Sie möchten.«
Das Lächeln des Kerls wurde zu einem Grinsen, das eine Lücke freigab, wo er einen Zahn eingebüßt hatte. »Sie haben 'ne richtige Ausstrahlung, wissen Sie das, wie 'ne Prinzessin oder so. Deshalb hab ich Sie mir ausgesucht.«
Sie sollte sich, wie sie annahm, geschmeichelt fühlen. »Danke. Es passiert nicht jeden Tag, dass ein Mädchen wie ich einem Mann wie Ihnen auffällt.« Eine Untertreibung. »Woher kennen Sie meinen Namen?«
»Ich hab mich umgehört. Ein paar von den Jungs haben schon ein Auge auf Sie, aber die müssen sich jetzt beeilen.« Sein langer schwarzer Mantel wehte beim Gehen auf und enthüllte kniehohe Stiefel, Reithosen und ein schmutziges blaues Hemd.
»Ich verstehe.« Madeline konnte es kaum erwarten, Eleanor zu erzählen, was sie versäumt hatte.
»Ich muss heute sowieso laufen. Ich muss dem Burschen da folgen.« Mr, Rumbelows Mann deutete auf ... es sah aus, als deute er auf ... Gabriel.
Verblüfft fragte Madeline: »Warum?«
»Er is ein Rätsel, das is er. Wir haben ihn in Verdacht.« Der Kerl nickte, als hüte er ein Geheimnis.
»Warum?«, insistierte Madeline.
»Sie sind 'ne neugierige Person.« Seine rot geäderte Nase kräuselte sich, und seine Augen bekamen einen verschlagenen Ausdruck. »Sind Sie vielleicht hinter dem her? Das tät Ihnen nicht gut. Er ist ein Adeliger, das ist er. Und die Adeligen sind nur gut dazu, 'nem Mädchen wie Ihnen 'nen Braten in den Ofen zu schieben und se dann rauszuschmeißen.«
Es war offenkundig Zeit, sich nicht
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