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Sydney Bridge Upside Down

Sydney Bridge Upside Down

Titel: Sydney Bridge Upside Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ballantyne
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wenn alle um mich herum glücklich und zufrieden waren. Dann raste ich innerlich vor Wut, ich schämte mich heimlich und schimpfte mit mir selbst. Scheiße Scheiße Scheiße. Als ich an jenem Sonnentag mit pochendem Fuß unter dem Baum lag, hatte ich nur einen Wunsch: nicht schon wieder in das schwarze Loch zu fallen.
    Papa und Mr Kelly tranken ihr Bier und hörten Mrs Kelly zu.
    Ich hatte Mrs Kelly nicht zugehört, bis sie sagte: »… wie schwer ist es für so ein armes Mädchen, welch schreckliche Lage.« Ich spitzte die Ohren. »… ordentlich erzogen, eigentlich, aber niemand hat ihr gesagt, welche Gefahren sie erwarten und wie sie sich schützen kann. Wenn ich es richtig verstanden habe, hat sie sich mit einem anderen Mädchen eine Wohnung geteilt, aber die junge Dame war weniger ehrbar als gedacht, sie war schlicht vergnügungssüchtig, um nicht zu sagen eine Schlampe. Offenbar ist Tilly eines Abends von einem geselligen Kirchenkreis nach Hause gekommen und hat ihre Mitbewohnerin auf dem Wohnzimmerteppich entdeckt, und zwar in heftiger Umarmung mit einem jungen Mann, der Tilly, als er sie in der Tür stehen sah, informierte, sie solle nur warten, sie käme gleich auch an die Reihe. Sofort schloss sie sich im Schlafzimmer ein, der Gast schlug mit der Faust gegen ihre Tür und stieß laute Drohungen aus, die Mitbewohnerin feuerte ihn an. Zum Glück befand sich vor ihrem Fenster eine Feuerleiter. Aber stellt euch mal vor, was das für ein Schreck gewesen sein muss für ein Mädchen, das sich in der Stadt nicht auskennt. Niemand hätte ihr verübeln können, wenn sie noch am gleichen Abend der Stadt den Rücken gekehrt hätte. Aber Tilly hatte Mumm, sie ließ sich so schnell nicht unterkriegen. Sie zog in eine Pension, deren Wirtin ihr ein ungewöhnliches Maß an Vertrauen, ja an mütterlicher Zuneigung entgegenbrachte. Zumindest sah es anfangs danach aus …«
    »Sag bloß, die Wirtin hatte auch so einen Knacks weg«, sagte Mr Kelly und drehte sich eine Zigarette.
    »Ich glaube, sie haben Sam rumgekriegt«, sagte Papa. Er saß näher an der Abbruchkante und hatte den besten Blick auf die Trasse unten.
    »Junge Leute machen ja gern den Fehler, dass sie ältere Menschen für berechenbar und zuverlässig halten«, sagte Mrs Kelly. »Die Wirtin hat wohl ihre mütterliche Seite nicht ganz vergessen, aber ihre andere, ihre verdorbene Seite hat sie anfangs gut versteckt. Merkwürdige Gestalten kamen zu Besuch, Vorhänge wurden zugezogen, Schritte und Türenknarren zu später Stunde, die arme Tilly war ganz verschreckt, sie wusste überhaupt nicht, an wen sie sich wenden sollte …«
    »Wozu rumgekriegt?«, fragte ich Papa und humpelte zu ihm.
    »Siehst du sie nicht?«, sagte Papa leise und nahm sein Glas.
    Ich sah nichts.
    Mr Kelly lachte. »Ein Wunder, dass sie es überhaupt in die Stadt geschafft hat. Hat sie denn niemand gewarnt?«
    »Es ist doch immer so gewesen, dass Mädchen, die allein ihren Weg gehen wollen, diesen Gefahren ausgesetzt waren«, sagte Mrs Kelly. »Wenn sie wüssten, was sie erwartet, würden sie sich niemals auf den Weg machen. Natürlich ist das Leben in der Stadt dekadent – es ist, als würde man aus einem sonnigen Garten in einen dunklen Raum voller Spinnweben treten, egal, was man tut, die Spinnweben wird man so schnell nicht los.«
    Jetzt entdeckte ich die Gruppe, sie waren hinten am Strand, kurz vor der Fabrik, wo die Gleise enden. Caroline und die Kinder. Und Sydney Bridge Upside Down, der zu meiner großen Überraschung abgekoppelt war. Ich wusste nicht, wann ich ihn das letzte Mal so gesehen hatte.
    »Das gibt’s doch nicht!«, sagte ich.
    »Sei mal vorsichtig mit deinem Fuß«, sagte Mrs Kelly. »Wenn du so rumtrampelst, heilt es natürlich nicht.«
    »Wie dem auch sei, Sandy«, sagte Papa und hielt Mr Kelly sein Glas hin, »ich schätze mal, ich fange nächstes Wochenende mit dem Haus an. Ich will streichen, bevor die Frau wieder da ist. Die Jungs können mir helfen, sie streichen unten, ich nehme die Leiter.«
    »Wenn du das Dach machst, helfe ich dir, Frank«, sagte Mr Kelly. »Keine schöne Vorstellung, dass da jemand auf dem Dach rumkrabbelt, mit einem Bein.«
    »Ich merke das gar nicht«, sagte Papa. »Wirklich, ich merke das nicht.«
    Die Kinder traten ein paar Schritte von Sydney Bridge Upside Down zurück, als wollten sie Platz für ihn machen. Caroline sprach mit Sam Phelps. Dibs löste sich von der Gruppe der Kinder und trat zu Caroline und Sam Phelps.

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