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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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halbdunklen Saal, klemmte seine Geige unter den Arm, fingerte nervös an dem Bogen herum und spürte, wie das Lampenfieber ihn innerlich auffraß. Aller Mut, alle Großsprecherei waren gestorben … er fühlte sich elend, sein Magen rumorte, seine Hände zitterten, und in den Schläfen klopfte es wie mit tausend Hämmern.
    »Guten Morgen!« sagte Bernd Donani beiläufig. Er trug ein offenes Hemd mit einem Seidenschal um den Hals, eine alte Hose und Segeltuchschuhe. Es war eine Angewohnheit Donanis, bei den Proben mehr als salopp zu erscheinen, um so mehr glänzte er dann im Frack. »Meine Frau sagte mir, daß Sie aus der Reihe der Geiger hinaus wollen und sich als Solist reif genug fühlen.«
    »Wer möchte nicht weiterkommen, Herr Generalmusikdirektor …« Leclerc schluckte. Habe ich überhaupt was gesagt, dachte er. Ich habe ja meine eigene Stimme gar nicht gehört.
    »Aufstieg ist eine Frage des Könnens. Sie wissen, daß ich sonst nie solche Talentproben mache … wirkliches Können setzt sich schlagartig von selbst durch. Aber meine Frau hat mich gebeten …« Donani blickte Leclerc kühl an. »Woher kennen Sie meine Frau?«
    »Es war ganz merkwürdig … In Paris, glaube ich, war es. Da probte ich in meinem Zimmer … und plötzlich geht die Tür auf und Ihre Gattin steht im Zimmer. ›Ich wollte nur sehen, wer da so herrlich spielt‹, sagte sie …« Leclerc sah Donani unschuldig an. »Verzeihung, aber das hat Ihre Gattin wörtlich so gesagt. Und so kam es … das hat mir Mut gemacht, sie zu bitten, bei Ihnen zu fragen, ob ich –«
    »Schon gut.« Donani drehte sich zu der Tastatur des Flügels um. Das sieht Carola ähnlich, dachte er dabei. Hört jemanden fiedeln und glaubt, es sei ein Talent. »Was wollen Sie mir vorspielen?«
    »Das Adagio aus dem Violinkonzert von Max Bruch –«
    Donani schüttelte den Kopf. »Nein!« Er sah, wie Leclerc erschrak. »Als Solist gibt es andere Klippen als dieses Adagio. Was haben Sie noch?«
    »Das … das Violinkonzert Nr. 1 von Beethoven …«, stotterte Leclerc verwirrt.
    »Mit der Kadenz von Kreisler?«
    »Natürlich –«
    Donani lächelte bitter. »Sie trauen sich viel zu, junger Mann.«
    »Ich will vorwärtskommen, Herr Generalmusikdirektor.« Leclerc legte seine Geige ans Kinn. Seine Hände waren vor Aufregung schwitzig, er wischte sie an den Hosenbeinen schnell ab. Donani zeigte auf Leclercs Hosen.
    »Das dürfen Sie zum Beispiel bei einem Konzert nicht. Auch wenn Sie Lampenfieber haben und Ihnen das Gesäß brennt – das Publikum darf es nie merken.« Er suchte aus einem Stapel Noten das Violinkonzert Beethovens heraus. Donani hatte alle etwa in Frage kommenden Konzerte mitgenommen. Er wußte, was zum Repertoire eines Geigers gehörte. »Und die Haltung, mein Junge! Die Haltung! Ein Solist ist ein König! Also sei die Haltung königlich!« Er legte die Hände auf die Tasten und überflog den Beginn des Violinkonzertes. »Ich kürze die lange Orchestereinleitung ab. Ich beginne fünf Takte vor Ihrem Einsatz –«
    »Wie Sie wünschen, Herr Generalmusikdirektor …«
    Jean Leclerc bemühte sich, ruhig, ganz ruhig zu sein. Er starrte auf die leeren Stuhlreihen, gegen den riesigen Kronleuchter, auf die geschlossenen Saaltüren. Da sah er, hinter einer Säule, das schwache Aufleuchten eines Kleides. Carola war im Saal, sie versteckte sich hinter der Säule, sie wollte erleben, wie ein Künstler geboren wurde. Leclerc spürte, wie sich seine Kehle zusammenkrampfte. Ruckartig wandte er sich zu Donani zurück.
    »Was ist?« fragte Donani. »Können wir …?«
    Leclerc nickte stumm. Es war ihm unmöglich, noch einen Ton zu sagen.
    Die ersten Takte … das kurze, den Violineinsatz vorbereitende Thema … Leclerc hob den Bogen. Was er zwei Jahre lang verbissen geübt hatte, wurde jetzt Wirklichkeit, wurde härteste Prüfung.
    Der Einsatz … jetzt –
    Und Jean Leclerc spielte. Donani begleitete ihn stumm, ohne Zwischenruf, ohne Unterbrechung. Nach der berühmten Kadenz und der Wiederaufnahme des Themas, nach dem Schlußtakt, ließ Donani seine Hände auf den Tasten liegen und sah Leclerc fast eine Minute stumm an. Eine Minute, die eine Hinrichtung war.
    »Sie wissen, was los ist?« fragte Donani endlich.
    Leclerc nickte stumm. Er schwitzte, sein Gesicht war fahl, wie ausgelaugt. Er preßte die Geige an seine Brust und hätte sie am liebsten an der Wand zertrümmert.
    »Sie haben viermal daneben gegriffen«, fuhr Donani ungerührt fort. »Zwar geht das in der

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