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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Rebhühner, Krammetsvögel, Rehböcke; alles Wild, das man nicht im Hause verbrauchte, verkaufte man in Blangy und der kleinen Stadt Soulanges, dem Bezirkshauptorte, wohin die beiden Tonsardtöchter Milch lieferten und von wo sie täglich die Neuigkeiten mitbrachten, und dort die von Les Aigues, Cerneux und Conches auftischten. Wenn man nicht mehr jagen konnte, legten die drei Tonsards Schlingen. Wenn die Schlingen überreich lieferten, machte die Tonsard Pasteten, die man in Ville-aux-Fayes absetzte. In der Erntezeit lasen die sieben Tonsards: die Alte, die beiden Jungen, solange sie nicht siebzehn Jahre alt waren, die beiden Töchter, der alte Fourchon und Mouche Aehren nach und rafften fast sechzehn Scheffel täglich zusammen, indem sie Roggen, Gerste, Weizen, alles gut zu mahlende Getreide stoppelten. Die beiden Kühe,, die anfänglich von der jüngsten der Töchter längs der Straßen geweidet wurden, entwischten die meiste Zeit in die Wiesen von Les Aigues. Da aber bei dem geringsten Delikt, das zu sehr ins Auge sprang, als daß der Wächter umhin konnte, es festzustellen, die Kinder entweder verprügelt wurden oder irgendwelcher Leckereien verlustig gingen, so hatten sie sich eine merkwürdige Fähigkeit erworben, die feindlichen Schritte zu hören, und wurden fast nie von den Flurschützen oder dem Wächter von Les Aigues ertappt Im übrigen machte diese würdigen Beamten ihr vertrauter Umgang mit Tonsard und seinem Weibe blind. Die Tiere, die an langen Stricken geführt wurden, gehorchten um so lieber einem einzigen Aufforderungszeichen, einem besonderen Ruf, die sie auf den Gemeindeboden zurückführten, als sie wußten, daß sie nach bestandener Gefahr ihre Mahlzeit beim Nachbar fortsetzen konnten. Die alte Tonsard, die immer hinfälliger wurde, war Mouches Nachfolgerin geworden, seitdem Fourchon seinen natürlichen Enkel unter dem Vorwande, für seine Erziehung zu sorgen, bei sich hatte. Marie und Catherine holten Grünfutter aus dem Walde. Sie hatten dort Plätze entdeckt, wo das so schöne und zarte Waldheu wuchs, das sie mähten, trockneten, bündelten und einscheuerten; dort fanden sie zwei Drittel der Winternahrung für die Kühe, die man im übrigen an schönen Tagen an bekannten Stellen weiden ließ, wo Futter wuchs. An bestimmten Stellen des Tals von Les Aigues gibt es wie in allen von Gebirgsketten beherrschten Landstrichen Grundstücke, wo, wie in Piemont und in der Lombardei, im Winter Grün sprießt. Diese in Italien marciti genannten Wiesen sind sehr wertvoll, in Frankreich aber haben sie weder allzuviel Eis noch allzuviel Schnee nötig. Dieses Phänomen ergibt sich jedenfalls aus einer besonderen Lage und aus dem Einsickern der Wassermengen, die eine warme Temperatur bewahren.
    Die beiden Kälber brachten etwa achtzig Franken ein. Abzüglich der Zeit, wo die Kühe nährten oder kalbten, trug die Milch gegen hundertsechzig Franken ein; und sie sorgten überdies für den Milchbedarf des Hauses. Tonsard verdiente ferner fünfzig Taler durch Tagelöhnerarbeit, die er hier und dort leistete.
    Aus Speise- und Weinverkauf ergaben sich, alle Unkosten abgezogen, hundert Taler, denn die kleinen Schmausereien fanden eigentlich nur hier und da zu bestimmten Zeiten und während bestimmter Jahreszeiten statt. Ueberdies benachrichtigten die Leute, die dort feiern wollten, die Tonsard und ihren Ehemann, welche dann das bißchen Fleisch und die nötigen Einkäufe in der Stadt besorgten. Der Wein aus Tonsards Weinberg wurde bei gewöhnlichem Jahresertrage zu zwanzig Franken exklusive Faß an einen Schenkenwirt in Soulanges, mit dem Tonsard in Geschäftsbeziehungen stand, verkauft. In bestimmten ertragreichen Jahren erntete Tonsard zwölf Stück auf seinem Arpent; eine Mittelernte aber brachte acht Stück und die Hälfte davon behielt Tonsard für sein Geschäft. In Weinländern bringt die Nachlese in den Weinbergen die Hallebotage mit sich. Durch die Hallebotage erntete die Familie etwa drei Stück Wein. Doch im Schutze der Gebräuche führte die Familie sich wenig gewissenhaft auf: sie ging in die Weinberge, ehe die Winzer sie verlassen halten, ebenso wie sie sich auf die Getreidefelder stürzte, wenn die aufgehäuften Garben der Wagen harrten. So wurden die zur Hälfte geernteten und zur Hälfte aus der Nachlese gewonnenen sieben oder acht Stück Wein zu einem guten Preise verkauft. Doch auf Kosten dieser Summe erlitt das Grand-I-vert Einbußen, die sich aus dem Verbrauch Tonsards und seiner Frau ergaben,

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