T93 Band 1: Überlebe!
werden, dazu verdammt, bis zum endgültigen Verfaulen ihres Fleisches auf diesem fliegenden Holländer gefangen zu sein. Alex und Birte traten in die Pedale, um diesen Ort möglichst schnell zu verlassen, damit das Gebrüll dieser Schreckgestalten nicht weitere Zombies anlocken konnte. Eine gute halbe Stunde später passierten sie die Fähre bei Breiholz und bewegten sich nun auf einem Teil des nördlichen Wirtschaftsweges, der wenig Verbindung zu Siedlungen und öffentlichen Straßen hatte. Die Wahrscheinlichkeit, auf Zombies zu treffen, verringerte sich, ebenso wie ihre Durchschnittsgeschwindigkeit. Inzwischen war es später Vormittag an einem an sich schönen Frühlingstag, und das ganze hätte eine nette Radtour eines frisch verliebten Pärchens sein können, wären da nicht all die Waffen, die bezeugten, dass es hier um blutigen Ernst ging.
Jahr Eins. 14. März, Mittag
Gegen Mittag erreichten die beiden eine der Kanalbrücken, es war am Kilometer 31, und die Hälfte ihres Weges hatten sie damit geschafft. Birte schlug vor, am Aussichtspunkt auf der Südseite Pause zu machen. Von dort aus konnte man kilometerweit ins Land blicken, so dass sie vor Überraschungen einigermaßen gefeit waren. Alex stimmte zu, und als sie die Kanalweiche in Fischerhütte passiert hatten, kam in einer Linkskurve die Grünentaler Hochbrücke in Sicht. Als sie am Fuße der Brücke kurz anhielten, zeigte Birte zum anderen Ufer hinüber, das gut 40 Meter steil aufragte.
»Da oben auf der Südseite gibt es einen Aussichtspunkt, gut zu verteidigen und übersichtlich. Ein Freund von mir hat dort oben ein paar Jahre einen Imbiss betrieben, da war ich immer gern im Sommer. Er hatte die schärfste Currywurst in ganz Norddeutschland, und am Wochenende haben sich dort Biker aus ganz Deutschland getroffen. Ich war mit meinem Vater oft dort, wenn Cruiser durch den Graben fuhren. Dann war da immer ein Riesenauftrieb.«
»Warte mal ...«, meinte Alex nachdenklich, »... So ein Irrer, der immer Schiffe fotografiert hat? Ich glaub', darüber hab ich mal was im Fernsehen gesehen ...«
»Ja, genau!« Birte wirkte irgendwie erleichtert und blinzelte freudig erregt. »Der Wurstonkel! Da gab es mal eine Doku drüber, Paps und er kannten sich gut, und so hab ich den auch näher kennengelernt. Mann, wär' das cool, jetzt 'ne Currywurst, ein paar dicke Pötte im Kanal und ein kühles Hefeweizen im Glas. Und keine Zombies weit und breit. Na ja. Ich würde gern mal nachschauen, ob es da was Nützliches gibt. Und vielleicht ist es sowieso besser, wenn wir auf der Südseite weiter fahren, denn in Brunsbüttel Süd sind die Lotsenboote und die Bugsierschlepper stationiert. Schätze, mit so einem Boot kommen wir besser voran als mit den Schaluppen aus dem Jachthafen.«
Alex grinste sie an. »Du bist nicht nur außergewöhnlich schön, sondern auch noch besonders klug. Wie kommt es, dass ein Mädchen aus der Stadt sich so gut auf dem Wasser auskennt?«
»Mein Vater ist ... war ein Shipspotter. Wann immer er zwischen seinen Geschäftsterminen Zeit hatte, war er unterwegs, um Schiffe zu fotografieren. Ich war häufig mit ihm unterwegs. NOK, Rotterdam, elbabwärts am Rüschpark, überall, wo die Dickschiffe unterwegs waren. Da bekommt man so einiges mit. Einen Schlepper oder Lotsenversetzer kann ich sogar fahren. Da staunst du, was?«
»Oh ja, ich staune. Obwohl, bis zu einem gewissen Grad war das wohl zu erwarten. Jemand, deren Hobby hauptsächlich im Fingernägel feilen lag, hätte wahrscheinlich nicht so lange überlebt wie du. Ich bin jedenfalls froh, dass du so bist, wie du bist. Wollen wir rüber?«
Er trat in die Pedale, schaltete einige Gänge herunter und begann, den asphaltierten Weg in der Böschung hoch zu fahren. Auf halber Höhe überholte Birte ihn, und es ging in einigen ausgedehnten Schleifen bergab. Sie passierten ein kleines Ausflugscafé, das verlassen da lag, im Garten hoppelten einige Karnickel herum, die offensichtlich nicht von der Seuche erwischt worden waren. Sie wandten sich nach rechts, als sie die Teerstraße erreichten, die L 316 zwischen Albersdorf und Hademarschen führte hier über die Grünentaler Hochbrücke, zeigte Alex' Navi an. Er war bei seinen Missionen bislang heilfroh gewesen, dass einige der GPS-Satelliten noch voll funktionsfähig waren, und dass die Techniker in den USA es geschafft hatten, sich in ihren Bunkern zu verschanzen. So blieben den Militärs das GPS, die Echtzeitsatellitenüberwachung und ein Teil des
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