T93 Band 1: Überlebe!
jetzt sichtbar wurde, »zumindest hat das Teil ein paar PS mehr als unsere Schaluppe.«
Der Kapitänleutnant Dräger grinste zu Alex hinüber.
»Also, wenn Sie sich auf die Bretter stellen, dann versuche ich, den Kahn auf über 15 Knoten zu bringen, dann könnte das klappen.«
»Ach. Zu dumm, dass ich meine Ausrüstung zuhause hab liegen lassen. Ich wusste, ich hab irgendwas vergessen. Dachte erst, ich hätte den Herd nicht ausgemacht.«
Die Soldaten lachten alle. Es wurde aber schlagartig ruhig, als Alex wieder dienstlich wurde.
»So, es wird ernst, Männer. Also, nochmal zum Mitschreiben. Bewaffnung aufnehmen, laden, entsichern. Alle Waffen in Phase eins mit Schalldämpfer. Das Schiff ist an Backbord festgemacht, die Steuerbord-Jakobsleiter hängt noch an der Bordwand vom Lotsenwechsel. Wir lassen uns 'rantreiben. Meyer und ich gehen voran, dann folgen Habermann und Gräfeling zum Sichern. Als nächstes entern die Marineoffiziere auf. Falkner, Turels und die Gefreiten des Marineteams verladen unsere Ausrüstung. Das Boot wird zunächst an der Jakobsleiter festgemacht, falls wir fix weg müssen. Wenn das Schiff zum Laufen kommt, lassen wir das Boot zurück. An Deck bilden wir drei Teams. Falkner und Turels klären die Backbordseite, Habermann und Gräfeling die Steuerbordseite, je einer voraus, einer nach achtern. Wenn das Deck klar ist, Ruderhaus klären und alle Räume und Gänge, die nicht benötigt werden, verschließen. Meyer und ich eskortieren die Offiziere zur Brücke. Die Gefreiten Senner und Plüskow begleiten die Kameraden Tanner und Schmidt in die Maschine und sichern dort. Wenn wir klar Schiff haben, gehen die Decksicherungsteams an Land und verminen die Zugangsbereiche. Das ist Phase zwei, schwere Waffen. Phase drei dann: Heimritt. Noch Fragen?«
Meyer hob zögernd die Hand und sah sich scheinbar unsicher um. Alex schaute ihn gespielt streng an.
»Ja?«
»Wann gibt’s Kaffee?«
Alle lachten wieder.
Fünf Minuten später steuerte das Boot leise die große Südkammer der Schleuse an, in der das Tankschiff lag. Das Schiff lag etwa neun Meter tief im Wasser, war also zu etwa drei Viertel beladen, das bedeutete knappe achtzehntausend Tonnen Brennstoff für die Feste Rungholt. Für eine dermaßen fette Beute lohnte es sich, ein Spezialteam loszuschicken. Offensichtlich war der Rumpf vollkommen unbeschädigt, er zeigte nur Roststellen, die nach mehreren Monaten Liegezeit ohne Ausbesserungsarbeiten bei jedem Seeschiff auftraten. Am Bugsteven konnte man gut das Zeichen der TEN-Reederei erkennen, ein rotes T in einem weißen Kreis mit gelbem Rand, an den Seiten prangte der Schiffsname BYZANTION. Zombies waren zurzeit keine zu sehen.
Über der Innenstadt von Kiel hingen vereinzelte Rauchwolken, wie in den anderen Städten auch kam es immer wieder zu Bränden, die sich in den Häuserblocks oder Shopping Malls austobten. Auch die Gebäude, die man am Westufer der Wyk erkennen konnte, waren schwer in Mitleidenschaft gezogen. An Backbord lag der Marinehafen, hier dümpelte mit schwerer Schlagseite der Versorger »Bonn« vor sich hin, das letzte, von der Bundesmarine in Dienst gestellte Schiff. Die Flotte der hier stationierten Minenjagdboote hatte sich bei Ausbruch der Epidemie auf Übung in der Ostsee befunden und war nun auf Helgoland stationiert. Die Boote fuhren Patrouilleneinsätze um die Insel und sicherten die Festung seewärts. Ganz hinten, am Ostufer der Förde, lag ein großes Kreuzfahrtschiff mit gelbem Schornstein, aber es war nicht festgemacht, die Leinen waren gebrochen und hatten das Schiff abtreiben lassen, wobei es mehrere Segelschiffe und zahlreiche Boote beschädigt hatte. Der Kieler Hafen wirkte wie die Bucht von Scapa Flow, überall lagen gesunkene Schiffe und Wracks.
Langsam trieb das Boot in die dreihundert Meter lange Schleusenkammer, in der außer dem Tanker kein Schiff lag. Meyer machte das Boot an der Jakobsleiter fest und das Team begann, wie im Einsatzplan vorgesehen, das Schiff zu entern. An Deck nahmen alle ihre Positionen ein und sicherten nach allen Seiten. Es blieb ruhig. Das Deck war einigermaßen übersichtlich, mittschiffs verliefen die Verteiler-Rohrleitungen, dort waren auch die Tankstutzen in einer großen Batterie angebracht. Auf der Backbordseite gab es einen Kran, und auf dem Mittelsteg, der vom Ruderhaus bis zum Bug verlief, gab es einige Wasserwerfer, die aussahen wie futuristische Geschütze.
Die Sicherungsteams schlichen jetzt geduckt über das Deck, ihre
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