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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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wir Sie mit einem Funknotruf aus. Ein schwedisches Patent, das wir in diesem Herbst testen wollen. Sie drücken einfach einen Knopf, wenn Sie sich bedroht fühlen. Damit alarmieren Sie die Einsatzzentrale, die im Handumdrehen eine Einheit zu Ihnen schickt!« Er hielt beide Hände hoch, als er ihren erschrockenen Gesichtsausdruck bemerkte. »Entspannen Sie sich, Sie werden es nicht brauchen. Mein Wort darauf!«
    »Mein Gott… Was ist das nur für ein Mensch?«
    »Ich weiß es nicht.« Er rieb sich die Augen.
    »Jemand, der eine Frau verfolgt und sie filmt, bevor er sie entführt und an eine Wand kettet – kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?«
    Er schüttelte den Kopf. Aber seine Augen verrieten, dass ihm das durchaus nicht neu war.
     
    Der Kommissar klopfte wenige Minuten später an die Tür, ein Mann mit freundlichem Lächeln und feuchtem Händedruck. Er nahm Kristin mit in ein kleineres, noch unpersönlicheres Büro etwas weiter den Gang hinunter, wo er ihr tausend Fragen stellte. Sie hatte nicht geahnt, dass man jemanden, der absolut null und nichts wusste, so viel fragen konnte. Er machte jedem Journalisten Ehre. Zuerst wollte er alles über ihr Leben wissen. Insbesondere über ihre verflossenen Beziehungen. Wie viele Sex-Partner sie gehabt hatte (das hatte sie nicht einmal Marcus anvertraut) und ob sie von allen die Identität kannte. Diese Fragen gaben ihr das Gefühl, leichtsinnig zu sein. Billig. Es schien dem Mann einen Kick zu versetzen, wenn er Frauen solche Fragen stellte.
    »Nach Marcus nur einen«, sagte sie.
    Er lächelte sie erwartungsvoll an.
    Sie krümmte vielsagend den rechten Zeigefinger. »Mit diesem hier!«
    Sie wunderte sich über ihre Frechheit. Aber der Kerl provozierte sie. Und darum freute es sie umso mehr, als ihr Gegenüber knallrot wurde.
    Im Verlauf der Befragung kam ein junger Kriminaltechniker und nahm ihre Fingerabdrücke. Es war wie in einem Krimi. Sie fühlte sich schuldig, ohne genau zu wissen, warum. So wie sie unschuldig wie ein Engel, aber mit einem rabenschwarzen Gewissen beim Zoll durch die grüne Tür ging.
    Kristins dreiste Antwort hatte dem Kommissar den Wind aus den Segeln genommen. Er beendete das Verhör kühl und routiniert und begleitete sie wortlos zum Fahrstuhl.

2
    Sie ging früh von der Arbeit nach Hause. Ausnahmsweise fand sie sogar mal einen leeren Platz in der Straßenbahn. Mit dem Notrufkoffer der Polizei auf dem Schoß musterte sie die männlichen Mitfahrer. Was für ein Typ das wohl war? Unsympathisch und brutal? Gut aussehend und arrogant? Grau und unauffällig? Ein Durchschnittsmensch, dachte sie. Einer, der mit der Menge verschmilzt.
    Ein männlicher Fahrgast, an dem ihr Blick hängen geblieben war, zwinkerte ihr zu. Sie schaute verlegen aus dem Fenster und stellte fest, dass sie gerade ihre Haltestelle verpasst hatte.
    In ihrer Wohnung angekommen, koppelte sie den Notruf an ihr Telefon an, schaltete P4 ein, drehte die Lautstärke hoch und ging ins Bad. Dort legte sie das Notrufarmband auf den Waschbeckenrand, zog ihre Kleider aus und legte sie in den Wäschekorb. Dann drehte sie das Wasser auf und stand lange in der engen Duschkabine.
    Hinterher zog sie eine Jeans und ein T-Shirt an (DON’T WOrRY, BE HAPPY!) und kochte sich eine Suppe, die nur nach Wasser schmeckte. Während sie aß, las sie die Abendzeitung. Die Seite mit den Geburtstagsgrüßen ließ sie an Halvor denken. Ihr Bruder wurde in wenigen Tagen vierzig. Es war schon eine Weile her, dass sie was von ihm gehört hatte. Nach dem Tod der Eltern war Halvor der nächste Verwandte, den sie hatte.Trotzdem waren sie sich im Laufe der Jahre fremd geworden. Sie telefonierten vielleicht einmal im Monat, und sie besuchte ihn ein- oder zweimal im Jahr. Aber das war’s auch schon. Jetzt hätte sie ihm gern von dem Video erzählt, bevor er davon übers Fernsehen erfuhr oder es in der Zeitung las.
    Nach dem Essen setzte sie sich an den Telefontisch, nahm sich das Telefonregister vor und schob den Plastikknopf auf H. Der Deckel klappte auf. Sie hatte versucht, Halvors Nummer in den Kurzwahlspeicher ihres Telefons einzugeben, war aber jedes Mal bei einem Schafbauern in Valle gelandet.
    Sie wählte die Nummer und ließ es klingeln.
    Halvor lebte allein. Kristin verstand nicht richtig, wieso. Er war klein und stämmig und sah alles andere als gut aus, aber er war liebenswert und hingebungsvoll – ein Traum für jede bodenständige Frau, die nicht allzu viel Spannung und Abwechslung vom Leben erwartete.

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