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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Kristin ihm erzählt hatte, wie Marianne zu Tode gekommen war. Und er glaubte, die Antwort zu kennen.
    Journalismus ist flüchtig. Fälle kommen und gehen, und jeden Tag beginnen die Journalisten aufs Neue. Dann ist der vergangene Tag bereits im Nebel des Vergessens verschwunden. Die Zeitung ist eine leere Tafel. Eine neue Wirklichkeit soll definiert, dargestellt und analysiert werden. Im Laufe eines Jahres schreibt ein Journalist mehrere hundert Artikel. Die meisten davon sind schnell wieder vergessen.
    Deshalb war es eigentlich seltsam, dass er sich überhaupt an die Reportage erinnerte, die er vor zwanzig Jahren über Rune Strøm geschrieben hatte.
    Er faltete das Interview auseinander. Das Zeitungspapier löste sich in den Knicken bereits auf. Vorsichtig breitete er die große, alte Dagblad -Seite auf dem Tisch aus.
    Das Bild von Rune Strøm war vier Spalten breit. Ein grobkörniges Raster, und auch der Fotograf schien nicht einen seiner besten Tage gehabt zu haben. Trotzdem war Rune Strøms Blick voller Intensität und Leben.
    Gunnar starrte auf das Bild. Er sah Rune Strøm in die Augen.
    Bist du Aquarius?
    Er las: »Linda fehlt mir so schrecklich! Dass mich die Polizei verdächtigt, sie getötet zu haben, macht meine Trauer nur noch schlimmer!«
    Hatte er geblufft? Höhnisch gelacht, nachdem Gunnar gegangen war?
    »Die Behauptung, ich hätte sie ermordet, ist vollkommen krank.«
    Krank? Wer war hier eigentlich krank?
    Und warum hatte die Polizei diesen alten Fall nicht wieder aufgerollt? Nahm man sich nicht normalerweise als Erstes die alten, ungeklärten Fälle noch einmal vor? Hatten sie, wie er, die ganze Sache vergessen? Es wurde nie eine Anklage erhoben, und so war er auch nie verurteilt worden. Das bedeutete aber doch wohl nicht, dass die Polizei keinen Überblick über ältere Fälle hatte?
    Oder war der Fall eventuell falsch archiviert worden?
    Ihm fiel plötzlich ein, dass Oscar Lund ihn am Abend besuchen würde. Der musste das doch wissen.
    Vielleicht sollte ich Kristin anrufen und sie bitten, auch zu kommen, dachte er. Sie sollte das ebenfalls wissen. Dann weiß sie wenigstens, dass ich an sie denke. Und alles tue, was in meiner Macht steht.
    Er griff zum Telefon und wählte Kristins Nummer. Während es klingelte, sah er aus dem Fenster. Die Fliege war verschwunden.

Banshees

I
    Er war unsicher. Ein ungewohntes, unangenehmes Gefühl für Runar Vang.
    Der Abstecher in Rune Strøms Nachbarschaft hatte ihn verwirrt. Der Anblick des verfallenen Hauses und die Auskünfte der alten Dame legten ein paar weitere Gewichte auf die Waagschale mit der Aufschrift »schuldig«. Aber sein Bauch sagte ihm mit aller Macht, dass Rune Strøm nicht Aquarius war. Diese Lösung wäre viel zu einfach, zu klar.
    Sein Problem war aber, dass die anderen in der Kommission die richtigen Schlüsse zogen. Natürlich war Rune Strøm jemand, den sie sich näher ansehen mussten. Vermutlich hatte er 1976 seine Verlobte in der Badewanne getötet, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen worden zu sein. Was die Ermittler damals über den Fall zu sagen hatten, stand schwarz auf weiß in der Polizeiakte. Viele psychopathische Mörder halten jahrelang still, ehe irgendein Geschehnis in ihrem Alltag die alte Sucht nach Blut wieder anstachelt und sie erneut zuschlagen lässt. Eine Scheidung, eine Kündigung, ein Todesfall…
    Furchtbare Tragödie. Noch so jung. Kaum sechzig. Gehirnschlag. Starb im Juli , hallte die zerbrechliche Stimme der Alten in seinem Kopf wider.
    Es passte alles zusammen!
    Dennoch… Er verabscheute das Wort »dennoch«. Ein Begriff voller Zweifel und Wankelmut.
    Und dennoch …
    Dennoch fühlte er sich verdammt unsicher.
    Rune Strøms Charakter stimmte mit dem psychologischen Profil überein, das sie erstellt hatten. Er war ein Eigenbrötler, der am Rand der Gesellschaft lebte. Jemand, der sich anders fühlte. Und vielleicht tatsächlich anders als die anderen war.
    Der Tod der Mutter im Frühsommer des gleichen Jahres konnte gut the stressor sein, wie man das beim FBI nannte – der plötzliche psychologische Faktor im Leben eines Täters, der die Lust zu morden auslöste.
    Dennoch …
    Etwas an der raffinierten Vorgehensweise von Aquarius sagte ihm, dass er der Polizei niemals eine so deutliche Spur legen würde, indem er einen Mord auf identische Weise beging wie vor zwanzig Jahren. Wenn er gefasst werden wollte, würde er schlauer vorgehen, erfindungsreicher. Vielleicht hätten die neuen Opfer das gleiche Alter wie

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