Taenzer der Nacht
gerade gehört habt.“ Er blieb stehen und sagte: „Die Geschichte von der gefährlichen Insel. Also“, seufzte er, „es gibt wirklich nichts in dieser Hinsicht, womit ein Dichter etwas anfangen könnte als Sonne, Meer und Himmel. Gehen wir.“
Er drehte sich in die Richtung des Schweizer Arztes und der Leute, die die Fleischparade betrachteten, und sagte, mehr zu sich selbst, mit einem Schauder: „O Gott, die Jahre, die ich hier vergeudet habe! Die lieben Freunde, alle weg!“ Und dann mit erhobener Stimme: „Wir gehen jetzt nach Hause. Hat jeder meine Titten gesehen?“
Malone kam Dienstag nachmittag herüber, um einen Kunden zu besuchen, und als er damit fertig war, legte er sich für eine Weile mit uns an den Strand. Aber er war zu überdreht, um nur einfach wie eine Leiche dazu liegen und sich zu bräunen. Gerade, als es so aussah, als habe er sich der Stille hingegeben, und die anderen schon beinahe schliefen, setzte er sich plötz lich auf, zündete eine Zigarette an und starrte die Leu te an, die am Wasserrand an uns vorbeiliefen. ,,Du mußt doch zugeben“, flüsterte er mir zu und legte sich seufzend wieder zurück, „daß Sonnnenbaden weit an stren gender ist als Bäumefällen. Ich würde wirklich lieber einen Wald durcharbeiten“, sagte er, blies einen Strom Rauch aus und lächelte mich an. Und schließ lich, als die anderen schon zu ihren Häusern zurück gegangen waren, um zu duschen und sich fürs Tea Dance herzurichten, und er und ich zurückblieben, um den Sonnenuntergang zu genießen, sagte er: „Weißt du, ich habe den ganzen Nachmittag damit verbracht, mich am Strand zwischen einem Discjockey und einem der größten Dealer von Gotham zu sonnen. Ein Dro gen händler, ein Callboy und ein Discjockey.“ Er lächel te etwas, schaute hinaus auf die in großen Kreisen segelnden Möwen, auf den Schaum, der sich in der untergehenden Sonne golden und rosa färbte, in den klaren blauen Himmel. „Das war wirklich der Tief punkt meines Lebens.“ Er lachte, legte sich wieder zurück und schwieg. Der Mond ging auf, sehr sauber und sehr silbern, und eine Kette von Wolken zog sich über den Himmel, nicht größer als die Spur eines vor beiziehenden Düsenflugzeugs, und wurde erst golden, dann apricot, und dann lavendelfarben. Später, als alles wieder blau wurde, lag er auf seinem Bauch und beobachtete zwei Leute, die mit einem Drachen kämpf ten, und sagte in einer müßigen, nachdenklichen Stim me: „Ist es nicht eigenartig, wo man durch Entscheidungen hinkommt, die einem eigentlich ganz neben säch lich vorkamen? Wenn man sich im Leben nur einfach treiben läßt, kann man wirklich sonstwo lan den!“ sagte er in der Stimme eines kleinen Kindes, das sich über irgendetwas ganz Außergewöhnliches wun dert. „Die Gezeiten schwemmen dich überallhin“, sagte er und schaute zu mir hinüber, das Kinn immer noch auf die Hand gestützt.
„Warum“, sagte ich, „glaubst du denn, du hast dein Leben verschwendet?“
„Ist das wichtig?“ lächelte er. „Und bin ich stark ge nug, es noch zu retten? Wenn ich es wollte?“
Er schauderte, umarmte seine Knien und schaute wie der aufs Meer hinaus, wo sich zwei Krabbenfischer am Horizont abzeichneten. Den Strand auf und ab saßen Leute im Lotussitz und meditierten. Der Him mel über uns war im Westen eine Mischung aus Gold und Lachsfarben, und vor uns war der Tag bereits ohne Zeugen zu Ende gegangen, um dem allgemeinen Traum dieses Ortes Platz zu machen, der musikerfüll ten, glitzernden, erotischen Nacht. Jeder – jeder außer uns und den Leuten, die auf den Sanddünen mit dem Gesicht zum Meer meditierten – bereitete sich jetzt auf diese magische Nacht vor, duschte, zog sich an, steckte die Pillen ein, die man gegen neun Uhr nach einem leichten Abendbrot einnahm, damit die Nacht um Mitter nacht noch aufregender würde.
Und schon begannen Leute in weißen Hosen und mit von einem Tag in Sonne und Wasser gefärbten Ge sichtern den Strand hinauf zu Cocktailparties in Water Island zu wandern; ein sehr bekanntes Mannequin kam mit ihrem Afghanen und ihrem Agenten, um sich am Wasserrand auf die Zehenspitzen zu stellen, in der Pose einer Nymphe von Maxfield Parrish, während sie einen durchsichtig blauen Schal hochhielt, der an ihren Fingerspitzen in der Brise flatterte. Zwei Liebhaber waren noch geblieben und spielten, während ihre Bade sachen verstreut im Sand lagen, zusammen in der Brandung; ihre Hintern waren so weiß wie der Mond, der über die grünen
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