Tänzerin der Nacht - Feehan, C: Tänzerin der Nacht - Night Game
nicht zulassen. Du gehörtest schließlich zur Familie. Ich habe dich geliebt, Flame. Ich weiß, dass du dich verraten gefühlt hast, weil ich es ihm gesagt habe, aber ich musste dir das Leben retten.«
Flame schloss die Augen. »Ich kann mich nicht mehr an diese Zeiten erinnern. Sie waren zu qualvoll, und ich habe sie aus meinem Gedächtnis gelöscht.«
»Nein, Flame. Das hast du nicht getan. Er hat es getan. Ihm war es gar nicht recht, dass wir uns miteinander angefreundet haben. Er wollte nicht, dass wir Erinnerungen aneinander bewahren. Deshalb tut es weh, wenn wir an die Vergangenheit denken oder versuchen, uns an die anderen
zu erinnern. Deshalb erinnern wir uns an nichts. Sogar das hat er uns genommen.« Ein Schluchzen schwang in Lilys Stimme mit. »Mir war das selbst nicht klar, bis ich versucht habe, mich daran zu erinnern, warum du mich nie mochtest. Ich wusste, dass zwischen uns etwas vorgefallen war, aber ich konnte mich nicht daran erinnern. Jeder Versuch, sich zu erinnern, war schmerzhaft.«
»Ich gehe nicht dorthin zurück.« Flames Stimme klang sogar in ihren eigenen Ohren müde. Vielleicht träumte sie tatsächlich, denn andernfalls hätte sie Lily gesagt, was sie wirklich von ihr hielt. »Wie konntest du dich auf seine Seite stellen, obwohl du wusstest, was er uns angetan hat? Hast du ihm gesagt, dass ich hier bin?«
»Er ist tot, Flame«, beteuerte ihr Lily in einem enorm beschwichtigenden Tonfall. »Dir kann jetzt nichts mehr passieren.«
Flame wandte den Kopf von Lily ab und sah sich nach Raoul um. Er war ihre einzige Hoffnung, selbst dann, wenn das alles nur ein Traum war. »Er ist nicht tot«, flüsterte sie.
Raoul nahm ihre Hand und drückte sie an seine Brust. »Ich weiß, Schätzchen. Ich weiß. Es ist alles unter Kontrolle. Er kann nicht an dich heran.«
»Du kannst unmöglich glauben, Peter Whitney sei noch am Leben, Gator«, keuchte Lily. Sie streckte ihre Hand nach Ryland aus, der sie augenblicklich in seine nahm. »Er ist tot. Ich habe gefühlt, dass er gestorben ist. Ich habe es selbst gesehen, obwohl ich nicht dabei war. Er ist verschwunden, und niemand hat eine Spur von ihm gefunden. «
»Ich glaube nicht, dass er tot ist, Lily«, sagte Gator. »Es tut mir leid, ich hätte es dir gern schonender beigebracht, aber hier stimmt etwas nicht. Die Männer, die uns angegriffen
haben, hatten dieselbe Ausbildung wie wir. Bei allen sind nicht nur die übersinnlichen Fähigkeiten verstärkt worden, sondern sie sind auch genetisch weiterentwickelt. Ich glaube, Whitney hat eine private Kampftruppe, und wir sind ihr entweder bei dem Versuch in die Quere gekommen, Flame zu ihm zurückzubringen, oder er hat einen kleinen Übungseinsatz durchgeführt, um zu sehen, wie sich seine Jungs gegen uns halten.«
Lily presste eine Hand schützend auf ihren Bauch und tastete hinter ihrem Rücken nach einem Stuhl. »Das darf nicht wahr sein. Ich habe das Gefühl, er hat mir alles genommen. Aber auch wirklich alles .«
Sie musste träumen, beschloss Flame. Lily weinte leise und so verzweifelt, dass es Flame beinah das Herz brach. Und sie empfand nichts für Lily. Sie würde ihr nie wieder trauen, nie wieder mit ihr befreundet sein, sie nie wieder ihre Schwester nennen. Aber wenn Lily nicht aufhörte zu weinen, würde Flame eine Möglichkeit finden müssen, ihren Hintern hochzukriegen und sie zu trösten. »Männer sind zu nichts zu gebrauchen, verdammt noch mal«, murmelte sie vor sich hin.
»Ich bin schwanger, Ryland. Es ist zu spät, um den Versuch aufzugeben. Ich bin bereits schwanger. Was ist, wenn er noch am Leben ist? Es ist der reinste Alptraum.«
Ryland kauerte sich neben den Stuhl seiner Frau. »Hör mir zu, Schatz. Dadurch ändert sich gar nichts. Wir haben einen Auftrag. Wir werden die anderen Mädchen finden und sie beschützen. Wir werden sie finden.«
»Aber was ist, wenn es bei alldem nur um die nächste Generation ging? Was ist, wenn …« Sie ließ ihren Satz abreißen und weinte wieder. Diesmal schlug sie sich die Hände vors Gesicht.
Flame spürte, wie das Grauen ihr die Kehle zuschnürte. Whitney war ein solches Monster, dass ihm ein derartiges Experiment durchaus zuzutrauen war. Das würde erklären, warum sie sich so sehr zu Raoul hingezogen fühlte. Warum sie tagsüber ständig an ihn dachte und nachts von ihm träumte. Warum ihr Körper sich nach seinem verzehrte. Sie konnte keine Kinder bekommen, da sie durch die chemotherapeutische Behandlung steril geworden war, aber
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