Tänzerin der Nacht - Feehan, C: Tänzerin der Nacht - Night Game
lassen, denn wir wissen beide, dass Gator nach der Abschlussbesprechung geradewegs hierherkommen wird.«
Flame wirkte alarmiert. »Nein! Er darf mich so nicht sehen. Ich lasse nicht zu, dass er mich so sieht.«
»An deinem Aussehen ist nichts auszusetzen.«
Flame sprang auf und riss eilig eine Schublade auf. »Nonny hat mir für alle Fälle diese Mützen mitgebracht.« Sie zog eine marineblaue Strickmütze heraus und stülpte sie sich über den Kopf, warf einen Blick in den Spiegel und wandte sich schnell wieder ab. »Sorg dafür, dass er nicht reinkommt.«
»Niemand kann Gator von hier fernhalten, noch nicht einmal du, Flame. Er wird nach dir sehen, ob es dir passt oder nicht. Und es wird auch nichts daran ändern, ob du mit ihm sprichst oder nicht.« Dahlia ging auf die Tür zu. »Früher oder später wirst du dich mit ihm auseinandersetzen müssen.«
Sowie sich die Tür hinter Dahlia geschlossen hatte, blies Flame drei der acht Kerzen im Zimmer aus. Sie war machtlos dagegen, dass ihr widerspenstiges Herz heftig pochte und Adrenalin durch ihre Adern strömte. Sie tat ihr Bestes, wusch sich das Gesicht, putzte sich die Zähne, versuchte es mit Make-up und entfernte es ebenso schnell wieder, wie sie es aufgetragen hatte. Sie stand da und starrte ihr Spiegelbild an. Es gab nichts, was sie tun konnte, um wie die Frau auszusehen, die er vorzufinden erwartete.
Sie wirbelte herum, als sie hörte, wie die Tür aufgerissen wurde. Raoul trat ein. Er schob ein Motorrad. Nicht nur irgendein Motorrad, sondern ihr Motorrad. Sie wollte ihr Motorrad anschauen, das für sie das Symbol der Freiheit war, aber sie konnte nichts anderes als Raoul sehen. Wenn es ihr möglich gewesen wäre, hätte sie sich ihm in die Arme geworfen. Aber so, wie die Dinge standen, starrte sie ihn einfach nur wie gebannt an und rührte sich nicht vom Fleck. Er sah tatsächlich dünner aus, doch seine Schultern waren breit, seine Brust muskulös, und sein Haar bestand
darauf, ihm wellig ums Gesicht zu fallen, ganz gleich, was er tat, um es zu bändigen. Sein Anblick genügte, um ihre Knie weich werden zu lassen. Sie war so froh, dass er da war, heil und gesund, aber sie wollte nicht so von ihm gesehen werden.
Flame straffte die Schultern, holte tief Atem und bemühte sich, absolut selbstbewusst zu wirken. Sie berührte die Strickmütze, die sie trug, um sicherzugehen, dass sie nicht verrutscht war, bevor sie das Zimmer durchquerte, um eine Hand auf ihr Motorrad zu legen. »Wer hat das getan?«
Raoul richtete sich langsam auf und sah sie aufmerksam an. Zum ersten Mal seit dem Angriff auf ihren Unterschlupf hatte sie das Wort an ihn gerichtet, und sie starrte das Motorrad an, nicht ihn. Sie sah blass aus. Und ungeheuer mitgenommen. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und trug eine alberne Strickmütze, die eng an ihrem Kopf anlag. Der Gips war verschwunden, und ihr Arm wies etliche auffällige Narben von den Zähnen des Alligators auf. In seinen Augen war sie wunderschön. Er hatte sie schmerzlich vermisst.
»Ich ganz allein. Ich wollte nicht, dass andere mit etwas in Berührung kommen, was du liebst. Es läuft phantastisch. Ich kann es kaum erwarten, dass du es ausprobierst.«
Flame sah ihn an und wandte den Blick gleich wieder ab. Ihm fiel auf, dass sie keine Augenbrauen mehr hatte. Es schnürte ihm die Kehle zu. Er war fort gewesen, um Informationen zusammenzutragen, und sie war hier gewesen. Allein. Krank. Er ging auf sie zu. » Mon Dieu , Kleines. Ich hätte bei dir bleiben sollen.« Er streckte eine Hand aus, um sie auf ihre Wange zu legen, doch sie wich seiner Berührung aus.
»Du solltest nicht hier sein.« Sie würde sich vor seinen Augen nicht in Tränen auflösen. Er sah so prachtvoll aus. Sie hätte ihn gern berührt, doch das hätte bedeutet, dass er sie ebenfalls berühren durfte, und sie war keineswegs die Frau, die er im Bayou so sexy gefunden hatte. Und wenn ihr verändertes Erscheinungsbild ihm nichts ausmachte und es ihm gelang, durch ihren dünnen Schutzpanzer hindurchzudringen, dann würde sie ihm in die Arme sinken, und alles würde wieder von vorn anfangen. Sie würde sich von ihm mitreißen lassen, ohne nachzudenken, und eine weitere Trennung würde sie nicht verkraften.
»Wo sollte ich denn sonst sein?« Raoul ließ seine Hand sinken. »Es gibt keinen anderen Ort, an dem ich sein möchte.«
Sie strich mit ihrer Hand über das schwarze Leder, mit dem der Sitz ihres Motorrads bezogen war. »Es sieht wunderschön aus.
Weitere Kostenlose Bücher