Tänzerin der Nacht - Feehan, C: Tänzerin der Nacht - Night Game
würde verhört und durchsucht werden.
Gator deutete gebieterisch auf das Motorrad. Offensichtlich wollte er ihr befehlen aufzusteigen.
Flame rannte zu ihrem Rucksack, schnappte ihn sich im Laufen und warf ihn sich über die Schulter. Sie dachte im Traum nicht daran, sich in eine Zwickmühle zu begeben. Lieber nahm sie es mit zivilen Wächtern auf als mit einem genetisch verbesserten Soldaten mit gesteigerten übersinnlichen Fähigkeiten. Sie machte sich nichts vor. Dieser Cajun mochte zwar noch so charmant sein, aber das änderte nichts daran, dass er eine Waffe war, genau wie sie.
Sie rannte mitten in den Park hinein, wo die Schatten am dunkelsten waren. Sie hörte Gator fluchen, und dann hörte sie, wie ihr Motorrad angelassen wurde. In der Stille der Nacht war der Motorenlärm gewaltig. Er brachte die Maschine auf Touren und lenkte die Aufmerksamkeit bewusst auf sich. Flame kam schlitternd zum Stehen und beobachtete, wie er etliche Schleifen mit dem Motorrad fuhr, um die Wächter noch näher zu sich zu locken. Sie sprachen hektisch in ihre Funkgeräte, und die Geländefahrzeuge, die den Park umrundet hatten, änderten ihre Fahrtrichtung und strömten zum Ort des Geschehens.
Gator hörte auf, Kreise zu beschreiben, und signalisierte Flame, fortzulaufen. Sie hörte die pulsierenden Klänge in ihrem Kopf und begriff, dass er Geräusche auf dieselbe Weise manipulierte wie sie. Er konnte die Verständigung zwischen den Wächtern jederzeit nach Belieben unterbrechen. Flame fand einen Baum mit hohen Ästen und dichtem Laub und sprang hoch, um sich im Geäst zu verbergen.
Das Motorrad brauste los. Die Geländefahrzeuge nahmen die Verfolgung auf, und am Ende der Straße wurde der Scheinwerfer des Motorrads ausgeschaltet. Sie wusste, dass Gator nach Gehör fahren konnte, sowie er die Straßenlaternen hinter sich gelassen hatte. Das Motorrad war schnell genug, um die Geländefahrzeuge abzuhängen. Sie saß regungslos da und versuchte, Gators Motive zu ergründen. Nichts, was er tat, war einleuchtend, und sie ließ sich nie auf einen Kampf ohne klare Fronten zwischen Freund und Feind ein. Er sagte, er sei geschickt worden, um sie zurückzuholen, aber er hatte nicht versucht, sie zu etwas zu zwingen. Er hatte sie noch nicht einmal gefragt, was sie gestohlen hatte oder warum.
Das Problem war, dass er ihr gefiel. Sie bildete sich schnell ein Urteil über Menschen. Sie war geschickt darin, ihnen auf den Grund zu gehen, und obwohl sie wusste, dass sie nicht auf seinen Cajun-Charme hereinfallen sollte, und trotz der trostlosen dunklen und tödlichen Schatten in seinen Augen gefiel er ihr. Sie war ehrlich genug, um sich einzugestehen, dass sie sich wahrscheinlich deshalb zu ihm hingezogen fühlte, weil seine Fähigkeiten gesteigert waren und er dasselbe Gefühl von Macht verspürte wie sie, dass ihm aber auch, ebenso wie ihr, davor graute, Fehler zu machen. Er musste unter denselben körperlichen Beeinträchtigungen
leiden und sich ebenso isoliert fühlen wie sie.
Es belustigte sie und ärgerte sie zugleich, dass sie die Herdenmentalität nicht ganz abschütteln konnte. Sie war eine Einzelgängerin, eine Ausnahmeerscheinung und einmalig, und doch wünschte sie sich Freundschaften und eine Familie und Leute um sich herum, obwohl die Gabe, die aus ihrer spezifischen Form von Genmanipulation resultierte, all das unmöglich machte. Sie reagierte viel zu empfindlich auf Geräusche. Das unablässige Filtern von Geräuschen war ein schwieriger und anstrengender Prozess. Flame brauchte jede Menge freie Zeit, um Zuflucht zu vollkommener Stille zu nehmen. Sie konnte sich vorstellen, dass es Gator auch so ging. Wenn sie von etwas fasziniert war, neigte sie zu einer Zwanghaftigkeit, die schon an Besessenheit grenzte, bis ihre Neugier befriedigt war – eine weitere ihrer zahllosen Schwächen. Und Gator faszinierte sie eindeutig.
Die Wächter waren ausgeschwärmt und durchsuchten den Park. Besonders gründlich sahen sie sich im Umkreis der Stelle um, an der sie ihr Motorrad geparkt hatte. Keiner von ihnen kam auf den Gedanken, nach oben zu blicken, aber alle waren sichtlich nervös. Es hatte nichts damit zu tun, dass sie sich davor fürchteten, den Dieb zu finden. Sie sprachen mit gesenkten Stimmen, als sie sich wieder versammelten, und sie alle hatten Angst vor ihrem Boss. Er wollte seine Aktentaschen haben. Und zwar auf der Stelle.
Flame feixte hämisch. Jetzt erfuhr Saunders am eigenen Leib, wie man sich in der Rolle des Beraubten
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