Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Täuscher

Täuscher

Titel: Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
Vom Netzwerk:
sind hier nicht im Kasperletheater, ich kann auch anders. Wenn Sie nicht bereit sind, mir hier Auskünfte zu erteilen, kann es sehr unangenehm für Sie werden, glauben Sie mir!«
    »Ich brauchte das Geld, und der Vater wollte es mir nicht geben.«
    »Wofür brauchten Sie es? Sie hatten doch alles! Unterhalt, Kleidung, Wohnung, selbst Ihre Vergnügungen wurden von den Eltern finanziert.«
    »Ich wollte nach München … zum Theater. Ich wollte Schauspieler werden.«
    »Und warum sind Sie dann nicht zu Ihrem Vater und haben ihn darum gebeten? Ihre Eltern unterstützten doch auch sonst alle Flausen, die Sie sich in den Kopf gesetzt hatten, wie es scheint.«
    »Ich habe gefragt, aber sie waren nicht einverstanden.«
    »Und da haben Sie es sich einfach genommen und den Verdacht, weil es so nahelag, auf einen anderen gelenkt.«
    »Ich hätte es aufgeklärt!«
    »Sagen das nicht alle, die erwischt werden?«
    »Ich habe nie geplant, dass einem anderen ein Schaden zugefügt wird. Sie sind wie der Richter damals, der wollte mir auch nicht glauben. Keiner wollte mir glauben. Bei der damaligen Verhandlung sind alle nur ihrer vorgefassten Meinung gefolgt. Nicht einmal richtig zugehört haben die mir.«
    Zwischenrufe von den Besucherbänken feuern Täuscher noch mehr an, und in einer arroganten, herablassenden Art fügt er hinzu: »Die Jugend hat ein Recht, sich auszuleben, wann sonst in seinem Leben kann man das tun?«
    Dr. Kammerer widerspricht ihm sofort aufs Energischste. »Der junge Mann ist nicht da, um sich auszuleben, schon gar nicht auf Kosten anderer. Wer dieser Lehre folgt, der geht ins Verderben. An Ihrem Beispiel ist das ja sehr gut nachzuvollziehen. Sie haben doch mit der verstorbenen Clara Ganslmeier und mit einem jungen Mädchen in München, das es ehrlich mit Ihnen meinte, gleichzeitig ein Verhältnis unterhalten. Beide haben Sie mit lügenhaften Angaben hinters Licht geführt. Sie spielten nie mit offenen Karten. Ist das das Recht, sich auszuleben? Und wo bleiben die anderen?«
    Täuscher wird zuerst schneeweiß, dann ruft er erregt in den Saal: »Das ist alles grobe Verleumdung! Es gibt wichtigere Sachen hier zu verhandeln. Meine Dummheiten als Knabe oder das Verhältnis zu meinen Eltern gehen niemanden etwas an. Genau wie meine Liebe zu Thea und die Beziehung zu Clara. Suchen Sie doch den wahren Täter! Lassen Sie mich in Frieden! Ich habe nichts getan! Sie verschwenden Ihre und meine Zeit!«
    Täuschers Verteidiger versucht seinen Mandanten zu beruhigen, ihm Einhalt zu gebieten. Doch der lässt sich nicht beruhigen.
    Aus den Zuschauerreihen kommen erneut Zwischenrufe. »Hört, hört!« – »Ist das ein unverschämter Lackel!« – »Ein solch ein Falott!«
    »Ich dulde hier kein solches Verhalten, wir sind nicht auf der Bartlmä Dult!«, brüllt Dr. Kammerer in den Saal. »Ich lasse den Saal räumen, wenn hier nicht wieder Ruhe einkehrt! Die Verhandlung wird für zehn Minuten unterbrochen.«

Sonntag, 2 . April 1922 ,
Landshut, Ursulinengäßchen,
Kriminaloberwachtmeister Johann Huther,
9  Uhr abends
    Johann Huther und Josef Wurzer saßen gemeinsam am Küchentisch in der Huther’schen Wohnung. Der Kollege Wurzer hatte sich die Mühe gemacht und war nach Dienstschluss vorbeigekommen, um zu erzählen, was sich alles an Neuigkeiten ergeben hatte. Im Laufe des Vormittags hatten die Kollegen aus München Hubert Täuscher nach Landshut überführt. Huther selbst war nicht zugegen gewesen, als Täuscher im hiesigen Gefängnis abgeliefert wurde, er hatte den ersten seiner beiden freien Tage gehabt. So waren nur Wurzer und der Jungspund Weinbeck dabei gewesen.
    Ein richtiges Früchterl sei er, der Täuscher, berichtete Wurzer. »Ein eiskalter Hund. Nicht einmal blass geworden ist der, wie wir ihm die Toten gezeigt haben. Keine Regung, nichts! So was sieht man nicht alle Tage. Danach haben wir seine ganzen Kleider untersucht, wegen dem Blut.«
    »Und?«, fragte Huther nach.
    »Auch da nichts, obwohl die junge Ganslmeier doch geblutet hat wie eine Sau.«
    »Na, na!«
    »Stimmt doch! Mir hat es keine Ruhe gelassen, und an der Krawatte, da bin ich dann doch noch fündig geworden.« Wurzer nahm einen Schluck aus der Bierflasche, die Erna Huther vor ihm auf den Tisch gestellt hatte, und fuhr dann fort. »Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte die gewaschen worden sein, aber trotzdem habe ich noch einen braunen Flecken darauf finden können. Das war Blut, sag ich Ihnen. Das wird uns jeder Chemiker

Weitere Kostenlose Bücher