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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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den Hof gestürmt und alle dort Beschäftigten verhaftet. Wer auch nur den leisesten Widerstand leistete, wurde auf der Stelle getötet. Danach haben die Beamten die Gebäude samt Tieren niedergebrannt.«
    Abermals trat Gallagher von Giulia zurück. »Was ist mit Mattes?«
    Sie schmiegte sich trotzdem an ihn. »Ich weiß es nicht.«
    »Giulia, bitte!« Er packte sie an den Schultern und schob sie von sich. »Was ist in dich gefahren?«
    Sie warf den Kopf zurück, sodass ihr die dunklen Locken ums Gesicht flogen. »Was in mich gefahren ist? Müsste ich dich nicht dasselbe fragen? Du schleppst irgendwelche dämonische Ausgeburten hierher, und dann wunderst du dich, dass unsere Leute verhaftet werden?«
    »Bitte?«
    »Dein Flittchen da – ist eine Aufseherin.«
    »Sie heißt Zarah. Und ja, sie war eine Aufseherin, die schon damals nichts unversucht gelassen hat …«
    » … um dich um den Finger zu wickeln!«
    »… um uns zu helfen!«
    »Ach ja? Wach auf! Sie taucht auf, und du wirst beinahe von Dämonen verhaftet, kannst nur knapp entkommen – ja, guck mich nicht so an, ich weiß Bescheid! Kurze Zeit später fliegt die Tarnung unseres Pferdehofes auf. Wie kann man ihr nach all dem trauen?«
    »Es reicht, wenn du mir vertraust.«
    »Ach, wirklich? Weißt du was, du solltest dir im Ernst überlegen, ob dein Verstand noch klar genug ist, um uns anzuführen. Ob du für unser Ziel überhaupt noch kämpfen willst. Und kannst.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Zimmer.
    Gallagher stöhnte und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.
    Zarah merkte, wie der Lakenrand in ihre Haut schnitt, so fest hatte sie den Stoff um ihre Schultern gezogen. »Ich war es nicht. Ich schwöre.«
    »Ich weiß, Zarah, ich weiß. Aber wenn alles aus dem Ruder läuft, suchen die Menschen sich gern einen Sündenbock. Und eine Dämonin eignet sich perfekt dafür. Es tut mir ganz ehrlich leid. Ich werde das in den Griff bekommen.«
    »Vielleicht werden sie es dir nicht mehr ins Gesicht sagen, aber du kannst ihnen nicht verbieten, es zu denken.« Sie wandte sich ab.
    »Zarah, bitte«, sie spürte, wie seine Arme sich um sie legten, »verlasse mich nicht.«
    Friedbert hat sich geirrt. Es wird kein glückliches Ende geben. Nicht für uns. Sie entzog sich seiner Umarmung.
    »Wo willst du hin?«
    »Ich … muss mir etwas anziehen.«
    »Kommst du dann wieder? In einer halben Stunde werde ich die anderen zusammenrufen, um die Lage zu besprechen.«
    Sie nickte, ohne zu ihm aufzublicken, und eilte aus dem Zimmer. Im Korridor standen drei oder vier Rebellen, etwas abseits – Tissan. Sie huschte an ihnen vorbei. ›Verräterin‹. ›Seelenlose‹. ›Narbengesicht‹. Die Menschen schwiegen, aber die Wörter vibrierten in ihrem Kopf. Wie gejagt stürmte sie in ihr Zimmer, schlug die Tür zu und stemmte sich mit dem Rücken dagegen.
    An ihrer Kommode stand Giulia, die oberste Schublade war geöffnet.
    »Was … was tust du hier?«
    Giulia kam auf sie zu. »Lass mich durch.«
    »Nicht bevor du mir erklärt hast, was du in meinem Zimmer wolltest.«
    »Lass mich vorbei, oder ich schreie, und schon wimmelt es hier nur so von Menschen, die nur darauf warten, einen Dämon in Stücke zu reißen. Was glaubst du, wird Ghost sein seelenloses Spielzeug dann noch schützen können?« Giulia fasste sie an.
    Zarah ließ es zu. Mehr noch, sie ließ zu, dass Giulia sie aus dem Weg schob und im Korridor verschwand.
    Bis zur Kommode waren es nur einige Schritte, aber sie bewegte sich über den Boden, als watete sie durch tiefen Sand. Sie besaß nur wenige Sachen, und es dauerte nicht lange, bis sie sich einen Überblick darüber verschafft hatte. Alles lag an seinem Platz. In der zweiten Schublade entdeckte sie jedoch etwas, was dort nicht hingehörte. Einen zusammengefalteten Zettel.
    › Gute Arbeit! Heute Nacht, eine Stunde vor dem Morgengrauen, erwarte ich dich zum Bericht am vereinbarten Ort. Lass deine Zwillingsschwester nicht zu lange auf dich warten. Abbas. ‹
    Es überlief sie siedend heiß. Hatte Giulia den Zettel entdeckt?
    Oder … ihn hier deponiert?

2 6
    Immer wieder sah sich Zarah um, versuchte, in den Schatten wie im Kaffeesatz zu lesen und in jedem Geräusch menschliches Versehen zu erkennen. Die Nacht gaukelte ihr vor, sie würde verfolgt. Dabei war ihr Verschwinden kaum jemandem aufgefallen – die Rebellen waren damit beschäftigt, mehr Klarheit in die Sache mit dem Pferdehof zu bringen und die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

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