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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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im Boden. Vorn beinahe knietief. Weiter hinten, am Hang, ragten sie etwas weiter aus der Erde. Die Platten des Bürgersteigs wölbten sich wie die Schuppen eines in die Jahre gekommenen Drachen. Vor dem mittleren Eingang lagen Glasscherben verstreut, die Tür war herausgerissen.
    Hier hatte ein Kampf stattgefunden. Doch Gallagher schien dies nicht zu beunruhigen. Er sah abermals auf die Uhr und trat ins Treppenhaus, aus dem ihnen Uringeruch entgegenströmte.
    »Am besten, du bewachst den Eingang und ich erledige den Job. Und wirklich keine Dummheiten! Sonst haben wir … den Brei.« Schon lief er die Treppe hoch.
    Keine Dummheiten … Beinahe glaubte sie zu hören, wie Ash, und nicht Gallagher, es ihr zuflüsterte, eindringlich, flehentlich. Keine Dummheiten!
    Sie schluckte, erstickte fast an der feuchtkalten Luft. Sollte sie tatenlos zusehen, wie der Zwillingsbruder ihres besten Freundes getötet wurde?
    Niemals. Sie würde Gallagher aufhalten. Um jeden Preis. Sie eilte die Treppe hoch.
    Ein Stockwerk höher polterte es, und sie hielt inne.
    Plötzlich hatte sie panische Angst, gleich wieder einem Monster gegenüberzustehen, noch einmal hilflos zusehen zu müssen, wie aus einem lebendigen Leib ein schlagendes Herz herausgerissen wurde. Nimm dich zusammen. Es ist kein hirnloses Vieh, das alles kurz und klein schlägt. Bloß Gallagher.
    Sie bezwang den letzten Treppenabschnitt und sah in eine Wohnung, deren Tür aus den Angeln gerissen war. Gallaghers Gestalt ragte am Ende des Flurs auf, und als sie endlich das Wohnzimmer erreichte, erblickte sie auch Tissan, der von dem Dämon in eine Ecke gedrängt worden war. Seine Züge spiegelten weder Angst noch Kampfgeist wider, sondern nur eine seltsame Hoffnungslosigkeit. Ein viel zu weites T-Shirt hing ihm lose an dem schmächtigen Körper, aus der löchrigen Jeans schauten aufgeschlagene Knie hervor. An beiden Unterarmen trug er Eisenschienen, mit denen er anscheinend jegliche Zauberwirkung in seiner unmittelbaren Nähe unterbinden wollte. Als würde ein ausgebildeter Ordnungsaufseher Magie brauchen, um einen Menschen zu köpfen.
    Tissan blinzelte, den Blick seinem Henker zugewandt. Gallagher holte mit seinem Kurzschwert aus.
    »Nein!« Zarah trat dem Dämon ins Kreuz und riss ihn zu Boden. Er rollte sich auf den Rücken, doch schon hockte sie auf ihm und drückte ihm den Dolch an die Kehle. »Nur eine Bewegung, und ich schneide dir den Adamsapfel heraus und lasse dich ihn aufessen.«
    Etwas Dunkles stieg in seinen Augen auf. Zum ersten Mal zeugten seine Züge nicht von erhabener Ruhe, zum ersten Mal schlich sich so etwas wie ein Gefühl auf sein Gesicht. Aber kein Zorn. Sondern Enttäuschung. »Hast du überhaupt eine Ahnung, was du da tust?«
    »Schnauze halten!« Der Dolch ritzte seine Haut, und etwas Blut quoll hervor. Tissan kauerte in der Ecke. »Lauf!«, bellte sie dem jungen Mann zu.
    Immer noch der erschreckend leere Blick. Dann huschte Tissan zum Fenster.
    Sogleich spürte sie einen Griff, der ihr Handgelenk zu zermalmen drohte. Ihr Arm wurde in die Höhe gebogen. Mit ganzer Kraft stemmte sie sich gegen Gallagher, doch der Dämon wand sich unter ihr hervor und stieß sie zur Seite. Ein reißender Schmerz durchfuhr ihren Bauch und ließ sie nach Luft schnappen. Für solche Auseinandersetzungen war sie noch nicht fit genug.
    »Zarah! Ich will nicht gegen dich kämpfen. Ich bin nicht dein Feind!«
    Sie schleuderte den Dolch nach ihm. Er wich der Waffe aus, rannte zum Fenster und kletterte über den Sims.
    Halte ihn auf! Tu etwas! Sie kam auf die Beine und musste sich sogleich gegen die nächste Wand lehnen. Vor ihren Augen flimmerte alles.
    Sie taumelte zum Fenster, spähte hinaus und klammerte sich an den Fensterrahmen, als sie das Gefühl überkam, die gesamte Hausfront drohte, nach vorn zu kippen. Gallagher kletterte an der Regenrinne hoch. Anscheinend suchte Tissan auf dem Dach nach einem Ausweg.
    Zarah kehrte dem Fenster den Rücken. Wankte aus der Wohnung. Die Treppe hinunter. Raus auf die Straße.
    Sie tastete sich an der Hausfront entlang, ohne dem Schwindel zu erliegen. Vom Dach erklangen Geräusche, die sie nicht deuten konnte, egal wie sehr sie sich anstrengte. Kurze Zeit darauf erschien Tissan am Rand.
    Und sprang.
    Sie hörte ein Knacken, riss die Augen auf. Der Mensch war in einem Haufen von Zweigen gelandet. Die Anwohner hatten diese wohl von den Bäumen auf der anderen Straßenseite abgesägt und zusammengetragen, um ihre Behausungen zu heizen. Es

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