Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
nicht?« Er ignorierte den Druck, der sich in seinem Kopf aufbaute. »Habe ich dir nicht gleich gesagt, du hättest dich bei ihr melden sollen? Ich glaube, sie nimmt es dir ein wenig krumm.«
»Gal!«, donnerte die Stimme durch sein Inneres. »Ich bin nicht hier, um zu scherzen.«
»Natürlich nicht. An Humor hat es dir schon immer gefehlt.«
Die Gestalt rückte ein Stück auf ihn zu, das Vibrieren in seinen Knochen und seinem Kopf steigerte sich ins Unerträgliche. »Ich werde es nicht noch einmal wiederholen: Was wollte sie hier genau? Was hat sie gesagt? Und was hast du ihr erzählt?«
»Es reicht.« Gallagher richtete sich auf. »Beweg deinen eifersüchtigen Astralarsch aus meiner Wohnung! Dein Ego ist mit dem Heiligenschein anscheinend erheblich gewachsen.«
Tatsächlich wich Ashriel ein Stück zurück. Seine Stimme schallte nun etwas milder durch Gallaghers Schädel. »Ich will wissen, welche Daten sie genau mitgenommen hat. Und ich möchte mich vergewissern, dass du dich kooperativ verhältst, dich jedoch aus ihrem Leben heraushältst. Darüber waren wir uns doch einig.«
Er musste sich zwingen, die Unterlagen weiterhin Blatt für Blatt aufzusammeln, um sich zu beruhigen. Schließlich machte es wenig Sinn, einer Astralprojektion an die Gurgel zu gehen. » Du warst dir einig. Heute wie damals. Du hast entschieden, für sie und für mich. Aber hast du sie jemals gefragt, was sie will? Hast du überhaupt bemerkt, dass sie durchaus einen eigenen Kopf hat? Zugegeben, mit dem geht sie meistens direkt durch die Wand, aber ist das ein Grund, sie wie einen Bauern in deinem Schachspiel hin und her zu schieben?«
»Ich will sie beschützen. Und wenn dir wirklich etwas an ihr liegt, dann verhältst du dich still und meinen Anweisungen gemäß.« Die Stimme füllte seinen Verstand völlig aus, verdrängte jeden klaren Gedanken.
»Deinen Anweisungen gemäß?« Er knirschte mit den Zähnen. »Auch gegen ihren Willen? Für wen hältst du dich eigentlich?«
»Es ist zu ihrem eigenen Wohl. Also, was wollte sie bei dir? Was?«
Ein Krampf durchlief seinen Körper. Auf das Weiß des obersten Blattes fiel ein dunkelroter Tropfen.
»Ich möchte nicht ungemütlich werden, Gal.«
Gallagher wischte sich die blutende Nase. Man legte sich nicht mit einem Engel am helllichten Tag an. »Sie hat Datensätze gestohlen zu den Fällen mit dem Formwandler und dem Gluhschwanz. Beide Delikte scheinen in Verbindung miteinander zu stehen.«
»Es gibt einen zweiten Fall mit einem ähnlichen Tathergang? Interessant. Ich werde die Unterlagen brauchen und die Erzengel in Kenntnis setzen.«
»Was kümmern diese Morde die Erzengel?«
»Ich glaube nicht, dass ich befugt bin, dir diese Informationen zu geben.«
»Weißt du was?« Gallagher knallte den Papierstapel auf den Tisch. »Lass es. Schwebe zu deinen geflügelten Freunden, eure Gunst brauche ich nicht. Unsere Vereinbarung ist somit passé, hast du mich verstanden? Und dann schulde ich Zarah wohl noch ein offenes Gespräch.« Er bluffte. Abgesehen davon, dass Zarah ihm nie zuhören würde, war er durchaus auf die Hilfe der Lichtseite angewiesen. Sicherlich wusste der Engel das, wollte ein Zerwürfnis anscheinend dennoch nicht riskieren.
Das Licht wurde sanfter, fließender. »Jetzt komm mal wieder auf den Teppich. Wir brauchen einander, das weißt du genauso gut wie ich. Fakt ist, Alessas Mutter war eine Gesegnete. Eine angehende Prophetin.«
Daher also die Scan-Farbe! Mit dem Segen der Engel oder dem Fluch der Dämonen konnten für Magie empfängliche Menschen besondere Fähigkeiten erlangen, um der einen oder der anderen Seite zu dienen. »Was hat sie denn prophezeit?«
»Nichts. Das ist ja gerade das Seltsame. Entweder ist sie nicht dazu gekommen, oder sie war doch nicht die Richtige für den Segen. Die Einzelheiten kenne ich nicht, ich werde mich aber umhören. Kannst du an das restliche Material zu den Fällen gelangen?«
»Schwierig. Es wird im Archiv gelagert, zu dem ich keinen Zugang habe.«
»Eventuell kann ich ein paar Leute schicken. Und was Zarah betrifft: Sie musste schon genug ertragen, halte dich fern von ihr.«
»Meinst du nicht, sie hätte bei Weitem weniger ertragen müssen, wenn du sie von Anfang an aufgeklärt hättest?«
Der Druck in seinem Schädel nahm zu.
»Das ist mein letztes Wort, Gal, lass Zarah in Ruhe.« Die Gestalt löste sich auf und hinterließ einen Geruch nach Gewitterregen und Krankenhausflur, eine seltsame Mischung aus Reinheit und
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