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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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Straßenrand.
    Verdammt. Auch wenn sie sich nur leicht nach vorn beugte, glaubte sie, gleich aus dem Sattel zu gleiten und den kurzen Pferdehals hinunterzurutschen.
    Drei Jahre Reitunterricht, drei Jahre!
    Und jetzt fühlte sie sich wie ein Anfänger.
    Mattes lehnte den Stock gegen den Wagen, öffnete die Tür und mühte sich, Alessa herauszuziehen. Das Mädchen hing schlaff in seinen Armen, murmelte etwas und bewegte unkoordiniert die Hände. Zarah zog ihre Füße aus den Steigbügeln und wollte Mattes zu Hilfe kommen, erntete jedoch ein schroffes ›Ich schaff das schon allein‹.
    Sie beobachtete, wie er Alessa zum Pferd schleppte, wie er mit dem kaputten Bein auftrat und sich auf die Unterlippe biss.
    »Dein schmerzverzerrtes Gesicht ist kaum zu ertragen.«
    »Dann sieh nicht hin.«
    »Sie ist doch halb bewusstlos. Sie merkt nicht, was du für sie tust. Es ist …«
    »Dann sieh halt nicht hin.«
    Er hatte es geschafft. Zarah griff Alessa unter die Achseln und zog sie bäuchlings vor sich auf das Pferd. Mattes keuchte, mit einer Schulter an die Stute gelehnt, die den Hals um ihn geschlungen hatte, als wolle sie ihn stützen. »Bring Lessa heil hin, versprichst du mir das?«
    Sie nickte.
    Seine Stimme klang fester, als er erneut sprach: »Hör mir jetzt genau zu. Du nimmst nicht die Alte Landstraße, sondern reitest zuerst nach Klein Hansdorf. Am ehemaligen Seniorenheim biegst du von der Dorfstraße links ab, dann bist du Am Glindfeld. Diese Straße geht nahtlos in einen Landwirtschaftsweg über, dem du bis nach Bargteheide folgst. Da gibt es keine Patrouillen.«
    »Keine Patrouillen? Warum nicht?«
    »Weil man äußerst schlecht patrouilliert, wenn man nichts sehen und hören darf.« Er kramte in seiner Hosentasche. Das Pferd schnupperte an seiner Hand, doch diesmal lagen darauf keine Leckerli, sondern zwei Paar Ohrstöpsel. »Es gibt drei wichtige Regeln: Du darfst nicht vom Weg abkommen. Du darfst den Stimmen nicht zuhören. Du darfst die Nebelgestalten nicht ansehen. Hast du mich verstanden?«
    Sie nahm die Ohrstöpsel und verstaute sie in einer ihrer Taschen. Dann stieg sie ab, um aus dem Auto die Maschinenpistole zu holen, und hängte sich die Waffe um, bevor sie wieder in den Sattel kletterte. »Es wäre hilfreicher, wenn du mir einfach sagen würdest, was dort ist.« Und wie man es töten kann.
    »Ich weiß es nicht genau, deshalb lebe ich noch. Man nennt ihn den Erlkönig. Weil diejenigen, die die Regeln nicht befolgen, tot am Ziel ankommen.«

1 5
    Josepha kannte den Weg und trottete gemütlich am Straßenrand entlang. Jetzt, ohne Mattes, kam es Zarah vor, als würde sie auf einer Tonne hocken, die dem unruhigen Meer ausgeliefert war.
    Gerade sitzen. Nicht in der Mähne festkrallen. Gerade sitzen!
    Eine Mischung aus Ungeduld und Ehrgeiz brachte sie einige Zeit später dazu, sich an den Trab zu wagen. Mit den Fersen tippte sie die Seiten des Pferdes an. Die Zügel schnitten in ihre verkrampfte Hand, als das Tier den Kopf herumwarf und schnaubte.
    »Na komm schon!« Ihre Füße traten etwas fester zu, was dieses Ross nicht sonderlich beeindruckte.
    »Josepha!«
    Die Ohren des Tieres zuckten. Es widmete seine Aufmerksamkeit den Büschen am Straßenrand.
    »Jo-se-pha!«
    Drei Jahre Reitunterricht, und sie benahm sich wie ein verärgertes Menschenkind auf einem Schaukelpferd. Sie konnte doch unmöglich alles vergessen haben!
    Das Pferd setzte zum Trab an.
    Oh doch, sie konnte. Sich dem Rhythmus des Tieres anzupassen war zum Leidwesen ihres Hinterns schwieriger als gedacht. Sie hüpfte im Sattel auf und ab, während Alessas Körper hinabzugleiten begann, mühte sich, das Mädchen wieder emporzuziehen, was die Stute als Gelegenheit wertete, wieder in Schritttempo zu fallen.
    »Oh nein, Josepha!«
    Als sie endlich in Klein Hansdorf ankamen, tat ihr alles weh, und die Vorstellung, vom Pferd zu fallen und sich in einem Straßengraben ausstrecken zu können, hatte etwas Tröstliches.
    »Z-zarah?«
    Um anzuhalten, brauchte das Pferd keine Aufforderung. »Lessa? Wie geht es dir?«
    Das Mädchen stieß sich mit den Händen ab und rutschte vom Pferd, bis es auf dem Boden hockte. »Viel zu pass-ssabel, wie es aussieht. Schon was vom S-sucher … zu sehen?«
    »Er holt auf, nehme ich an.«
    »Viel zu schnell. Es ist aus mit uns. Sch-schaffen es nicht mehr in Sicherheit.«
    »Zumindest nicht im bisherigen Tempo.« Sie sah sich um.
    Klein Hansdorf war schon vor einiger Zeit verlassen worden, ohne dass die Dämonen es

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