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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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für eine solche Beschwörung nicht nötig war, daß er in der Luft schwebte, ließ er sich langsam zu Boden sinken. Als seine Füße die Erde berührten, schnaubte der Needra-Bulle alarmiert, stellte den Schwanz auf und raste davon. Der Hirtenjunge fuhr zusammen; als er sich umständlich daranmachte aufzustehen, bemerkte er den Magier und warf sich sogleich mit einem Angstschrei in furchtsamer Unterwürfigkeit zu Boden, den Bauch fest gegen die Erde gepreßt.
    Der Needra-Bulle donnerte auf den Zaun am anderen Ende des Geheges zu, drehte sich dann um und lief im Kreis. Seine Hufe zerfurchten das Gras. Doch die Gegenwart des Schwarzgewandeten ängstigte den Jungen zu sehr, und so wagte er nicht, aufzustehen und das Tier zu beruhigen.
    Was nur vernünftig war, dachte Tapek; nichts anderes als Ehrfurcht sollte die Bevölkerung ihm und seinesgleichen entgegenbringen. Tapek ignorierte den Jungen und das Tier. Ganz in Gedanken versunken stand er neben dem zitternden Sklaven und murmelte eine Beschwörung.
    Er führte die Handflächen leicht zusammen, um die sich darin sammelnde Macht zu bewahren, dann schloß er die Augen und entließ sie. Fühler einer unsichtbaren Kraft lösten sich von ihm und strömten suchend über die Landschaft. Sobald sie Wege oder im Hinterland liegende Durchgangsstraßen berührten, ja selbst selten benutzte Pfade, auf denen die Bauern ihre Waren von den Feldern holten, flammten die magischen Tastorgane hell auf. Sie machten kehrt und folgten den Nebenstraßen. Die unsichtbaren Fäden verfolgten selbst die kleinsten Pfade. Innerhalb weniger Minuten stand Tapek in der Mitte eines weitmaschigen Netzes aus magischen Fäden. Seine Fühler wurden eine Verlängerung seiner selbst, von einer außerordentlichen Empfindsamkeit, damit sie jede Bewegung aufspürten. Wie eine Spinne im Netz wartete Tapek. Ein Zucken an seinen Nerven lenkte seine Aufmerksamkeit auf eine dunkle Gasse, in der sich zwei Bedienstete herumtrieben. Der Magier löste diesen Faden und wandte sich anderen zu. Hier strich eine kleine Gruppe von Grauen Kriegern vorbei, auf der Jagd nach einer unbewachten Needra-Herde; Hunger trieb sie in ein Gebiet, das gewöhnlich bevölkert war und verteidigt wurde. Sie waren nicht die einzige Bande; Diebe und Räuber waren mutig geworden, seit sich im ganzen Kaiserreich Unruhen ausgebreitet hatten. Doch Tapek blieb gelassen. Diese armseligen, in der Gesetzlosigkeit lebenden Menschen interessierten ihn nicht. Er löste die Verbindung zu den Grauen Kriegern auf und suchte nach einer anderen Gruppe; eine, die vielleicht weniger räuberisch war und besser bewaffnet, doch genauso verstohlen und verdächtig. Er erkannte zwei kleine Ehrengarden von geringeren Edlen; Krieger, die mit ihrem Herrn lediglich zu einem mächtigeren Wohltäter eilten, der ihnen Schutz gewähren würde.
    Seine Fühler wanden sich über bewaldetes Gebiet und brachliegendes Ackerland. Er überquerte vertrocknete Thyza-Feldcr; die abgestorbenen Triebe ragten wie braune Stacheln aus der geborstenen Erde; Vögel pickten nach dem welken Getreide.
    Und doch waren diese Bewegungen nicht alles, was er in diesem Gebiet entdeckte. Jenseits der dürren Felder, im Schutz eines Wäldchens aus jungen Ulo-Bäumen, fand Tapek noch etwas anderes: das kurze Aufblitzen einer grünen Rüstung und eiliges Fußgetrampel. Seine Lippen zuckten. Jetzt endlich traf er auf eine größere Streitkraft von etwa einhundert Mann. Das mußten Maras Leute sein – seine Beute!
    Tapek richtete all seine Konzentration auf diese Stelle, und mit Hilfe seiner Magie entstand ein Bild von einer dunkel lackierten Sänfte mit Shatra-Vögeln auf den Vorhängen, die sich langsam eine kleine Straße entlangbewegte. Die besonders kräftigen und schnellen Träger wurden von Maras Ehrengarde umgeben, deren Rüstungen in der Sonne grün aufblitzten. Sie waren kampfbereit und ebensosehr für eine Schlacht gerüstet wie für eine Zeremonie. Was sie von allen anderen Gefolgschaften unterschied, war die Gegenwart eines Beraters mit Robe und Kriegerhelm; er bemühte sich eifrig, mit seiner Krücke Schritt zu halten. Das lange Gewand verbarg nicht ganz die Tatsache, daß er sein linkes Bein verloren hatte.
    Keyoke, tatsächlich, erkannte Tapek. Sein Lächeln entblößte eine Reihe weißer Zähne. Kein anderes Haus im Kaiserreich außer den Acoma behielt einen Krüppel in einem solch hohen Amt bei sich. Der alte Mann hatte sich seinen Stolz bewahrt; er ließ nicht zu, daß die Gruppe

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