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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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gesehen, wie sich die feinen Schnörkel auf ihren unmarkierten Rückenpanzern bildeten. Sie hatte den allerältesten Magier von allen, der in ein Gewirr von Farben gehüllt war, bei seiner Arbeit beobachtet. Er hatte ihr die Visionen der weit entfernten Vergangenheit gezeigt und eine Vision, dunstig von einem Hauch unentschlossener Wahrscheinlichkeit, die die noch ungeformte Zukunft enthüllt. Es hatte wie umspülte Farben in einem Fischteich ausgesehen, nur daß überall Flecken wie goldenes Metall aufblitzten. »Wenn das meine Zukunft ist«, hatte Mara lachend gesagt, »werde ich vielleicht als sehr reiche Frau sterben.«
    Der Cho-ja-Magier hatte nichts darauf erwidert, doch für einen Augenblick hatten seine glänzend azurblauen Augen traurig ausgesehen.
    Mara konnte ihre gute Laune nicht zurückhalten. Sie betrachtete eine Schar Märzvögel, die sich im Flug über die Ried-Felder erhoben, und erinnerte sich an die Modelle, die in Chakaha wie Vögel geflogen waren, und an andere lebende, ungezähmte Vögel, die sich die Zeit mit kontrapunktischem Gesang vertrieben. Sie hatte Tiere mit Fellen gesehen, deren Farben berauschender waren als exotische Seide. Die Cho-ja-Magie kannte Wege, wie aus Stein Fäden gesponnen und gewebt werden konnten und wie Wasser bearbeitet werden mußte, damit es wie ein geflochtenes Seil den Berg hinaufrann. Manchmal hatte sie sich an exotischen Speisen ergötzt, deren Gewürze so berauschend waren wie Wein. Es gab genug Handelsmöglichkeiten in Chakaha, um Jican zu überzeugen, ein Sakrileg zu begehen, und mit einer Aufregung, die beinahe an ein Schulmädchen erinnerte, sehnte sich Mara nach einer Auflösung ihres gefährlichen Dilemmas mit der Versammlung, um sich eher friedlichen Beschäftigungen widmen zu können. Ihre Probleme waren noch nicht zu Ende; doch in ihrer hervorragenden Laune konnte sie nicht anders als zu glauben, daß sich alles zu ihren Gunsten entwickeln würde.
    Diese leichtfertige Aufregung war es auch, weshalb sie sich über Sarics eher nüchternen Rat, bis kurz vor ihrem Herrenhaus in den Cho-ja-Tunneln zu bleiben, hinweggesetzt hatte. Mara hatte solch großes Heimweh nach dem Anblick und den Gerüchen Tsuranuannis, daß sie ihre Gefolge in der Nähe des Seeufers nach oben schaffte und dann von ihren eigenen Acoma-Arbeitern eine Barke beschlagnahmte, um ihre Reise auf dem Wasser zu beenden.
    Ein Schatten fiel auf ihre Gestalt. Aus ihren Überlegungen gerissen, blickte Mara auf. Lujan war zu ihr getreten und stellte sich neben sie. Er war mit der Begutachtung der Ehrengarde fertig, und wenn die Rüstungen auch keine Hausfarben trugen, so glänzten sie doch hell in der Sonne. Lujan hatte seinen Helm mit dem grünen Federbuch als Offizier der Acoma versehen. Er hinkte immer noch etwas, doch seine Wunde war unter der Aufsicht der Cho-ja-Ärzte gut und sauber verheilt. Im Augenblick blitzten seine Augen verschmitzt, und Mara erkannte, daß er ebenso aufgeregt war wie sie.
    »Lady« Er salutierte. »Eure Männer sind bereit zur Rückkehr.« Er zog die Mundwinkel trocken nach oben. »Denkt Ihr, wir werden die Wachen am Dock erschrecken? Wir waren jetzt so lange fort, daß sie uns für von den Toten auferstandene Geister halten werden, wenn sie unsere Rüstungen ohne die Hausfarben sehen.«
    Mara lachte. »In gewisser Weise sind wir das auch.« Eine zweite Gestalt näherte sich und blieb an der anderen Seite neben ihr stehen. Sonnenlicht brachte die Robe aus Cho-ja-Seide zum Strahlen, und das komplizierte Muster von den Chakaha-Magiern mochte den Neid sämtlicher Frauen des Kaisers hervorrufen. Mara sah einen Schwall goldenes Haar unter der Kapuze, und ihr wurde warm ums Herz. »Kamlio«, sagte sie. »Du siehst außerordentlich hübsch aus.«
    Tatsächlich war es das erste Mal, daß Mara und die Krieger, die sich in das Gebiet der Thuril aufgemacht hatten, das Mädchen in schönen Gewändern sahen.
    Kamlio senkte in schüchternem Schweigen die Augenlider. Doch die wachsende Verlegenheit, die durch Lujans bewundernde Blicke entstand, entlockte ihr eine zögernde Erklärung. »Nach unseren Erfahrungen mit den Thuril habe ich gelernt, den Worten meiner Lady zu trauen – daß ich nicht verheiratet oder irgendeinem Mann übergeben werde, den ich nicht selbst gewählt habe.« Sie zuckte etwas befangen mit den Schultern, und die farbigen Fransen des Kleides flatterten im Wind. »Es ist nicht notwendig, mich auf Eurem Besitz in zerlumpte Kleider zu hüllen.« Sie rümpfte die

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