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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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vollführte.
    Als Tapek seinen Kopf zurückriß, um sein Kinn vor Hochopepas Fingernägeln zu retten, meinte der dicke Magier: »Ich schlage vor, wir suchen erst nach anderen Auswegen, ehe wir die Gute Dienerin des Kaiserreiches vernichten.« Einige Mitglieder der Versammlung zuckten bei der Nennung dieses Titels zusammen, und Hochopepa beeilte sich, seinen momentanen Vorteil zu nutzen. »Bevor wir eine Tat begehen, die niemals zuvor in der Geschichte des Kaiserreiches vorgekommen ist – eine Person zu vernichten, die mit dem ehrenvollsten Titel bedacht wurde, den ein Mensch nur erlangen kann –, sollten wir nachdenken.«
    »Wir haben nachgedacht …«, unterbrach ihn Tapek und blieb stehen.
    Hochopepa ging weiter und rammte seinen jüngeren Kollegen aus scheinbarer Unbeholfenheit, so daß der aus dem Gleichgewicht geriet. Tapek mußte mit kleinen Schritten vorwärts stolpern, wenn er nicht hinfallen wollte. Er war nervös und sprachlos, während Hochopepa unbeirrt mit seinem Monolog fortfuhr.
    »Wir sollten zuerst das Blutvergießen beenden und dann Mara und Jiro in die Heilige Stadt bestellen. Dort können wir sie festhalten, während wir über diese Angelegenheit in etwas geordneterer Weise urteilen. Stimmen wir darüber ab?«
    »Der Redner beantragt eine Abstimmung!« rief der Sprecher.
    »Ich bin der Redner!« wandte Tapek ein.
    In diesem Augenblick trat Hochopepa dem Rothaarigen kräftig auf die Zehen. Tapek öffnete den Mund. Seine Wangen wurden erst weiß, dann glühend rot. Er fuhr wütend zu Hochopepa herum, der immer noch mit seinem ganzen Gewicht auf dem Fuß seines Kollegen stand. Während Tapek derart mit persönlichen Unannehmlichkeiten beschäftigt war, sorgte Hodiku für einen beschleunigten Ablauf der Dinge.
    »Nun, es war eine lange und langweilige Sitzung«, flüsterte Hochopepa Tapek zu. »Warum setzen wir beide uns nicht hin und beruhigen uns, bevor wir uns der ernsten Aufgabe der Stimmabgabe widmen?«
    Tapek knurrte, die Zähne fest zusammengebissen. Er wußte, es war mittlerweile zu spät, um das Protokoll zu unterbrechen und den Ruf nach einer offiziellen Abstimmung zurückzunehmen. Als Hochopepa Tapeks Sandale endlich wieder entlastete, hatte der beleidigte Magier keine andere Wahl mehr, als wütend vor sich hin murmelnd zu seinem Kader aus lauter Grünschnäbeln zurückzuhumpeln. Der Sprecher hob die Hand. »Vernehmt die Wahlmöglichkeiten, ja oder nein. Sollen wir dem Kampf ein Ende bereiten und Mara und Jiro in die Heilige Stadt bestellen, wo sie sich vor der Versammlung rechtfertigen müssen?«
    Jeder der Magier in der gewaltigen Halle hob eine Hand. Licht entsprang ihren ausgestreckten Fingern; das blaue stand für Zustimmung, das weiße für Enthaltung und das rote für Ablehnung. Blau überwog bei weitem, und der Sprecher schloß mit den Worten: »Die Angelegenheit ist damit erledigt. Laßt die Versammlung auseinandergehen, um etwas zu essen und zu ruhen. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt wieder zusammentreten, um darüber zu entscheiden, wer den beiden Parteien, Mara von den Acoma und Jiro von den Anasati, die Nachricht überbringt.«
    »Hervorragend!« rief Shimone. Er schien die düsteren Blicke, die Tapek und Motecha in seine Richtung sandten, nicht zu bemerken. Die Magier um ihn herum erhoben sich mit steifen Knochen und seufzten voller Vorfreude auf eine gute Mahlzeit und Schlaf. Die Sitzung hatte sich so lange hingezogen, daß es Tage dauern würde, ehe sich die Leidenschaft für ein zweites Quorum wieder entfachen lassen würde und ein offizieller Sprecher ernannt werden könnte. Und da die Angelegenheit öffentlich von der gesamten Versammlung beschlossen worden war, gab es für Individuen wie Tapek keine Möglichkeit, ihrem eigenen Wunsch nach sofortigem Handeln nachzugeben. Shimones asketisch dünne Lippen verzogen sich in einer Weise, die ein Lächeln hätte sein können. »Ich persönlich könnte mindestens eine Woche lang schlafen.«
    »Das wirst du aber nicht tun«, meinte Fumita leicht anklagend. »Du wirst dich an deine Weinflasche kuscheln und über dem Sichtkristall hocken, genau wie wir anderen auch.«
    Hochopepa seufzte tief. »Wir haben gerade noch etwas abgewehrt, das vermutlich die zerstörerischste Tat in unserer langen Geschichte gewesen wäre.« Er blickte sich um, um sicherzustellen, daß keine unerwünschten Zuhörer lauschten, dann flüsterte er: »Und wir haben ein paar Tage Aufschub erhalten. Ich bete darum, daß Mara einen klugen Plan hat, den

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