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Tag vor einem Jahr

Titel: Tag vor einem Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Geraghty
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es ging nicht allein um die Pizza (ein Stück weit allerdings schon).
    Bernard schob sich behutsam hinter seinem Schreibtisch hervor und stand auf. Mir fiel auf, dass ihm Caroline gerade einmal bis zur Brust reichte, wodurch sie neben ihm ganz zerbrechlich wirkte. Ich konnte mir die beiden gemeinsam auf einem Foto vorstellen. Die Leute würden schmunzeln und behaupten, sie sähen aus wie ein perfektes Paar.
    »Grace?«, forderte mich Caroline auf. Sie wartete.
    »Oh, entschuldige, Caroline. Ich kann leider nicht mitkommen. Für eine Sitzung am Nachmittag muss ich noch diese Tabellenkalkulation fertigstellen.« Caroline setzte ein enttäuschtes Gesicht auf und wartete, dass ich weitersprach. Ich gehorchte.
    »Aber ihr beide könnt doch gehen«, sagte ich. Bernard sah Caroline an und danach mich.
    »Ich bleibe besser auch«, sagte er. »Wir müssen uns noch ein wenig auf diese Sitzung vorbereiten.«
    »Nicht doch, das ist nicht notwendig«, beharrte ich. »Wir können das nach dem Mittagessen machen. Es ist noch genug Zeit.« Caroline zwinkerte mir ein »Danke« zu und wandte sich zu Bernard, um ihm ihr strahlendstes
Lächeln zu schenken. Mit der Hand auf seinem Ellbogen zog sie ihn sanft weg von mir.
    »Bis später, Grace.« Bernard drehte seinen Kopf zu mir.
    »Tschüss«, war alles, was ich sagte, während ich zusah, wie sie um die Ecke des Gangs verschwanden. Ich setzte mich und machte mich wieder an die Arbeit. Was hätte ich sonst tun sollen?

39
    Bernard kam spät vom Essen zurück. Als er sich auf dem Stuhl neben meinem Tisch niederließ, schaute ich demonstrativ auf die Uhr. Er nahm es nicht wahr. Stattdessen streckte er seine Beine vor mir aus – Himmel, waren die lang – und auf seinen Lippen, die noch Spuren vom Wein trugen, zeigte sich ein verhaltenes Lächeln.
    »Wie war’s beim Essen?« Ich fragte nur, um höflich zu sein. Die ganze Zeit über hatte ich mich mit Bildern gequält, auf denen das Paar in einer dämmrigen Ecke saß und sich über runden Pizzas und gebogenen kleinen Fläschchen mit Olivenöl zueinander neigte.
    »Super«, erwiderte er.
    Ich nahm einen Stapel Papier, schob ihn zusammen und legte ihn auf genau derselben Stelle ab, wo er zuvor gelegen hatte. Allmählich verwandelte ich mich in den Chef.
    »Ja, also, ich hatte hier Arbeit zu erledigen«, sagte ich steif.
    »Dieser Job ist für dich sehr wichtig, nicht wahr?« Anstatt zu lachen und ihm einen Klaps zu geben, was ich hätte tun können, dachte ich über seine Frage nach. Obwohl ich während der Zeit, in der er weg war, nicht viel getan hatte, was man als Arbeit hätte bezeichnen können, räumte ich ein, ja, dass der Job wichtig für mich sei. In der Tat wollte ich meine Sache gut machen. Ich straffte die Schultern.
    »Hör zu, geh du erstmal zur Toilette, wasch dir den
Weinrest von den Lippen und bring deine Haare in Ordnung, sie stehen total ab.«
    Bernard grinste, tat aber, wie ihm befohlen worden war. Ich blieb zurück und starrte hinter ihm her, als er sich entfernte. Sein T-Shirt war aus seiner Jeans gerutscht und hing herunter, was mir die Sicht auf seinen hübschen Hintern nahm. Er hatte einen dieser perfekten Jungs-in-Jeans-Hintern, nämlich einen verdammt kleinen.
    Ich stellte mir die beiden im Nahkampf vor. Caroline zerrte an seinem T-Shirt und fragte sich, wie es sich anfühlen mochte, seinen Po zu berühren. Sehr zart, wie ich mich erinnerte. Das Telefon klingelte, und ich fuhr in die Höhe, als wäre ich mit der Hand in Maureens Trinkgeld-Sparschwein erwischt worden. Maureen arbeitete in der Kantine und machte ein Vermögen mit Trinkgeld, denn sie stand unmittelbar neben dem Sparschwein und schüttelte es unter jedermanns Nase.
    »Hallo.«
    »Hallo, Baby, ich bin’s.«
    »Shane, bist du nicht im Büro?« Es war nicht in Ordnung, an die Pobacken eines anderen Mannes zu denken, wenn der eigene Freund anrief. Ich kroch näher zum Telefon. Shane merkte nicht, dass etwas nicht stimmte.
    »Ich habe mein eigenes Büro erhalten, Grace.« Er versuchte, gleichgültig zu klingen, scheiterte aber. »Jetzt kann ich dich anrufen, wann immer ich mag.« Ich lächelte ins Telefon: In der Hinsicht war er immer schon ein bisschen ansteckend gewesen.
    »Das ist toll, Shane. Aber hör zu, kann ich dich später zurückrufen? Ich muss jetzt gleich zu einer Sitzung.«
    »Zu einer Sitzung, du?«
    »Ja. Erinnerst du dich, ich habe dir erzählt, dass ich diese Woche in meinem neuen Job anfange.«

    »Oh, stimmt.«
    Bernard kehrte zurück,

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